54 siert, wenn er von der öffentlichen Notwendigkeit überzeugt ist. Zweifelsohne sucht er bei sei nen Entscheidungen fachlichen Rat von Gleichgesinnten, aber immer ist Lingner selbst mit dem Projekt eng verbunden. Anschubfinanzierung oder auch regelmäßige finanzielle Unterstützung sind kein Problem für Lingner. Sein erklärtes Ziel ist aber letztlich die Übernahme der Projekte durch die öffentliche Hand. Mit seinem mäzenatischen Wirken nimmt er den staatlichen Stel len die Verantwortung nicht ab, sondern macht auf die Verantwortung aufmerksam. Karl August Lingner gibt Starthilfe. Um das Bestehen seiner sozialen Einrichtungen zu sichern, hinterläßt Lingner den Großteil seines Vermögens - etwa zehn Millionen Mark - einer Stiftung. Damit die Gemeinnützigkeit gewahrt bleibt, beauftragt er mit der Betreuung der Stiftung öffentliche Verantwortungsträger, so u.a. das Sächsische Innenministerium, das Kultusministerium und den Oberbürgermeister der Stadt Dresden. Doch in der Inflationszeit schwindet das Stiftungskapital. 1941 muß die Lingner-Stiftung ihre Arbeit beenden. Die Spuren von Lingners Wirken sind heute noch in Dresden sichtbar. Einrichtungen wie die Städtischen Bibliotheken, das Schauspielhaus, die Kinderklinik des Universitätsklinikums »Carl Gustav Carus« und insbesondere das Deutsche Hygiene-Museum gehen auf sein Mäzenatentum zurück. Lingner hat sich für eine sachbezogene Zusammenarbeit von staatlichen Stellen, öffent lichen Institutionen, Vertretern der Wirtschaft und Privatpersonen eingesetzt. Seit 1990 bemüht sich das Deutsche Hygiene-Museum um die Wiederbelebung der so erfolgreichen Konzeption zu Beginn des Jahrhunderts. Zur Zeit laufen Verhandlungen zum Aufbau einer neuen Organisationsform für das Museum. Geplant ist eine Stiftung mit Beteiligung des Bundes, des Freistaates Sachsen, der Stadt Dresden und der Wirtschaft. Dies bedeutet einerseits, die öffentliche Hand nicht aus der Verantwortung für das Museum zu entlassen, es bedeutet andererseits, daß Eigeninitiative, Kreativität und Mut zu neuen Wegen gefragt sind, ganz im Sinne Karl August Lingners. Anmerkungen 1! Archiv des Deutschen Hygiene-Museums Dresden, Nachlaß Karl August Lingner, Nr. 864 2) Golo Mann, Propyläen Weltgeschichte, Band 9, 1. Halbband, Frankfurt/Main, Berlin 1976, S. 16 3) Karl August Lingner, Vorschlag zur Errichtung einer Desinfections-Anstalt, Dresden 1901, S. 4 4) Ebenda Karl August Lingner, Vortrag über die Gründung einer neuen Lesehalle in Dresden, Dresden 1902, S. 4 63 Stadtarchiv Dresden, Akte Hellerau 71 Karl August Lingner, Einige Leitgedanken zu der Sonderausstellung Volkskrankheiten und ihre Bekämpfung, in: Robert Wuttke, Die deutschen Städte, Band I, Leipzig 1904, S. 534 81 Ebenda, S. 547 91 Marta Fraenkel in: Das Deutsche Hygiene- Museum, Festschrift zur Eröffnung des Museums und der Internationalen Hygiene-Ausstellung Dresden 1930, Dresden 1930, S. 15 l0) Vgl. Cornelia Regin, Selbsthilfe und Gesundheits politik: Die Naturheilbewegung im Kaiserreich (1889 bis 1914), Stuttgart 1995, S. 315 ff. 111 Stadtarchiv Dresden, Stadtverordneten-Akten, H 114, 26. Öffentliche Sitzung vom 5.10.1911, S. 938 12) Karl August Lingner, Denkschrift zur Errichtung eines National-Hygiene-Museums in Dresden, Dresden 1912, S. 5