59 erwarten, Jakob Hegner in Hellerau, die Einbände Peter Demeter. Die inhaltliche Gestaltung erfolgte mit dem sachkundigen Rat Haeblers und verbürgte damit eine Qualität, die höchsten Ansprüchen gerecht wird. Das gilt für die Anordnung der Inkunabeln nach Ländern, innerhalb dieser nach Druckorten und Druckern in chronologischer Folge und für die Titelaufnahmen der einzelnen Werke nach den Regeln des »Gesamtkatalogs der Wiegendrucke«. Die 103 ganzseiti gen Abbildungen sind mehr als eine hilfreiche und das Auge erfreuende Beigabe, da Klemperer zugunsten der Reproduktionen von Unika auf die Wiedergabe von bekannten und häufiger ab gebildeten Werken verzichtete. Durch Register der Verfasser und Vorbesitzer ist der Katalog vor bildlich erschlossen. Über die Entwicklung der Sammlung im folgenden Jahrzehnt ist nichts bekannt, auch nicht, warum Klemperer vor dem heraufziehenden Unheil trotz aller warnenden Vorzeichen Deutsch land nicht verließ oder verlassen wollte, um sich, seine Familie und die wertvollen Sammlungen in Sicherheit zu bringen. Er mußte überstürzt aus der Stadt flüchten, wahrscheinlich noch in der berüchtigten »Kristallnacht« am 9. November 1938 oder kurz danach, als Hunderte von Juden verhaftet wurden. Der Kunstbesitz, der im Hause Klemperers zurückgeblieben war, wurde be schlagnahmt. Am 17. Oktober 1942 schrieb der Reichsstatthalter in Sachsen, Martin Mutschmann, an den Oberfmanzpräsidenten in Dresden: »Betrifft Kunstsammlung v. Klemperer. Am 22. Dezember 1938 sind von der Staatspolizeileitstelle Dresden aus der Wohnung des emigrierten Juden Victor Israel von Klemperer eine größere Anzahl von Kunstgegenständen sichergestellt und den Direk toren der Staatlichen Sammlungen in Dresden zur Aufbewahrung übergeben worden. Es han delt sich im einzelnen um folgende Kunstsammlungen und -gegenstände: 1. Eine aus 836 Stücken bestehende Sammlung von Meissner Porzellan und 2 Fayencen, 2. eine aus 56 Stücken bestehende Sammlung kunstvoller Gläser, 3. eine Sammlung von 13 Handschriften, 549 Frühdrucken und 510 wertvollen Buchausgaben, 4. vier Gemälde, 5. 12 Federzeichnungen, Radierungen und Stiche, 6. 7 Plastiken, 7. 33 Teppiche von Kunstwert, 8. 136 Stück Möbel von Kunstwert, 9. 55 kunstgewerbliche Gegenstände von Kunstwert. Eigentümer der Sammlung unter Ziffer 1 waren die Juden Victor Israel, Ralph Israel und Her bert Israel von Klemperer. Eigentümer der Sammlungsgegenstände unter Ziffer 2-9 waren der Jude Victor Israel von Klemperer und seine ebenfalls jüdische Ehefrau Sophie Sara von Klem perer. Nach den Vorschriften der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. Novem ber 1941 sind diese Kunstsammlungen bzw. -gegenstände dem Deutschen Reich verfallen.« 111 Die Aufstellung läßt einerseits erkennen, daß der Kunstbesitz der Familie über die in den Katalogen dokumentierten Sammlungen hinausging, andererseits weniger in Verwahrung gege ben wurde, als vorhanden gewesen sein muß. Letzteres gilt von der Miniaturensammlung, aber auch von der Bibliothek. Es ist vorstellbar, daß die Sammlung der Wiegendrucke nur noch um 40 Inkunabeln gewachsen war, aber völlig unwahrscheinlich, daß sich Klemperer von seiner