11 des Konkorienluthertums, einschätzt und herauszustellen versucht. Es ist nicht gut gewe sen, daß die Diskussion einerseits überwiegend von kirchen- und nicht allgemein geistes- und kulturgeschichtlichen Fragestellungen und andererseits weitgehend nur unter Deut schen geführt und so der Blick über den Zaun, wie er versucht wurde, von anderen Prä missen her abgelenkt worden ist. Das mag auch daran gelegen haben, daß im Falle des untersuchten Kursachsens die Antwort so eindeutig ausfiel. Dennoch würde ich den Begriff einer »Zweiten Reformation«, der mittlerweile eine weite Verbreitung gefunden hat und selbst in Studien- und Lehrbücher eingedrungen ist, heute nicht mehr gebrauchen. Die Optik ist verschoben, wenn man ihn verwendet und damit die von einer Volksbewegung gleich einem breiten reißenden Strom getragene Reformation Luthers mit der Beamten- und Gebildetenreformation der späteren Zeit, z. B. in Kursach sen, doch auch anderswo, in eine Reihe setzt. Die Größenordnungen stimmen einfach nicht. Sie passen übrigens auch nicht, wenn man die täuferische Bewegung als »Dritte Reformation« bezeichnet, wie es gelegentlich geschehen ist und geschieht. Doch werfen wir noch einen kurzen Blick auf das Gegenbild zu den Reformen Christians I. und seines Kanzlers Krell! Erst vor dem Vergleich mit den Staatsreformen der Oranier in den Niederlanden wird das Gesagte voll verständlich. V Dieser Vergleich muß hier notwendigerweise ganz kurz ausfallen, nur weniges sei ange deutet, um die Unvereinbarkeit zu verdeutlichen. Staatsreform nach oranischer Art, das war im Zentrum eine umfassende Heeresreform. 13) Sie »erstreckte sich auf alle Zweige des Kriegswesens: Organisation, Unterhalt (Soldfrage), Rechtspflege, Bewaffnung, Ausrüstung, Ausbildungswesen und Taktik der Truppen, Befestigungswesen«. Dabei nahm sie »die grie chisch-römischen Kriegseinrichtungen bewußt zum Vorbild« 141 und führte in ihrem Ver lauf notwendigerweise das Söldner- zum Stehenden Heer weiter, wie es in der Spätphase des Dreißigjährigen Krieges und besonders in den ersten Jahren nach dem Westfälischen Frieden in ganz Europa Verbreitung fand. Materielle Grundlage der Heeresreform war eine umfassende Reorganisation der öffentlichen Finanzen mit der Umstellung auf die sog. modi generales, die dann in der Form der Akzise ebenfalls weite Verbreitung fanden. Von alledem findet sich in der Ära des Kurfürsten Christian und seines Kanzlers Krell noch nichts. Es werden die alten bekannten Wege eingeschlagen, und wenn später, wenige Jahre vor dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges, Sachsen mit der Einführung eines Landesdefensionswerkes einen Anlauf zur Verwirklichung neuer Formen nahm, dann geschah dies durch einen lutherischen, nicht durch einen reformierten Fürsten - der Versuch scheiterte. Aber zentral und den eigentlichen Punkt darstellend war noch etwas anderes, waren die ideellen Grundlagen des oranisch-niederländischen Staates und ihre Umsetzung in politi sches Handeln. Wir verdanken Oestreichs Forschungen über Justus Lipsius 15 ' einen tiefen Einblick in das Selbstverständnis der Oranier an der Spitze eines föderativen Gemeinwe sens, dessen einzelne Glieder, Städte und Provinzen, ihre Konfession selbst (!) definierten