5 Thomas Klein Politische oder kirchlich-religiöse Reform? Die Regierung Christians I. ( 1586 - 1591 ) i Die Regierung Kurfürst Christians I. von Sachsen und besonders das Wollen und Schick sal seines Kanzlers Nicolaus Krell sind zu keiner Zeit aus dem Gedächtnis der an deut scher und vor allem sächsischer Geschichte Interessierten völlig geschwunden. Reichte in der Form von Leichenpredigten und theologischen Polemiken der Disput der Zeitgenos sen pro et contra bis weit in das 17. Jahrhundert hinein, so stellte im 18. Jahrhundert die sächsische Aufklärung ihre Fragen an die herrschende lutherische Orthodoxie auch in Form des Erinnerns an die damaligen Vorgänge, ganz so wie sich im 19. Jahrhundert die Auseinandersetzungen zwischen liberalen und kirchlich-konservativen Kräften am Prozeß gegen Krell mit dem sich anschließenden Justizmord führen ließen (Richard). Das frühe 20. Jahrhundert fragte dann, angeregt durch Ritters großes Werk über Deutschland im Zeitalter der Gegenreformation, mit eindeutig historistischem, also nicht mehr durch unmittelbare Selbstbetrofifenheit motiviertem Interesse besonders wieder nach dem Prozeß (Bohnenstädt), nach dem außenpolitischen Kurswechsel Krells und seiner Freunde (Zach mann, Schunke) und nach den ihn ermöglichenden Veränderungen in der obersten Ver waltungsspitze (Ohnsorge). Haake sah in den Vorgängen unter der Regierung Christi ans I. den entscheidenden Wendepunkt im Verlauf der sächsischen Geschichte gegenüber der brandenburg-preußischen. n II Die Anregung zu einer erneuten Beschäftigung mit dem Thema nach dem Zweiten Welt krieg, wie sie sich in der Dissertation des Referenten »Der Kampf um die Zweite Refor mation in Kursachsen 1586-1591« vom Jahre 1962 niederschlug, setzte an eben diesem Punkt an. 2) Sie ging von der brandenburg-preußischen Geschichte aus und richtete sich vergleichend auf die sächsische. Es ging um die Frage nach den Antriebskräften der seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts fast stets so oder so, nach innen oder nach außen, unruhig-aktivistischen Politik des Hohenzollernstaates, wie sie über die ganze Frühneuzeit hinweg zu der des Staates der Wettiner in so scharfem Kontrast stand. Die historische Wissenschaft - genannt sei Otto Hintze 3 ' - glaubte sich einer abschlie ßenden Antwort gewiß und sah in der Übernahme des reformierten Bekenntnisses durch