49 Der liturgische Gesang in der ältesten Kirche Dresdens, der Pfarrkirche Unserer lieben Frau en, und wohl schon seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert auch in der Marktkirche St. Niko lai der entstehenden Stadtgemeinde, dieser Gesang also als die früheste Kunstmusik Dres dens erfolgte wie überall nach festen liturgischen Vorlagen und Formularen. Welche diese waren, ist unbekannt. Schon hier muß die Reflexion und hypothetische Arbeit darüber ein- setzen, welche Ausbildungen des gregorianischen Gesangs um 1200 im Kolonisationsgebiet unserer Gegend, im Gau Nisani, allgemeiner Usus gewesen sein könnte. Der Blick wird zwangsläufig für mehrere Jahrhunderte auf das naheliegende kirchliche und damit liturgische Zentrum unseres Gebietes gelenkt, auf den Meißner Dom, der seit der Mitte des 11. Jahrhunderts ein stattlicher romanischer Neubau war und im Gegensatz zu seinem Vorgängerbau Platz bot für ein reiches gottesdienstlich-liturgisches Leben. Aber auch aus Meißen ist uns für diese Zeit keine materielle Spur oder sonstige Nachricht be kannt von der Meißner Liturgie, die auch für Dresden und die anderen jungen Städte der Diözese verbindlich gewesen sein könnte. Meißen wurde 968 zusammen mit Merseburg und Zeitz als Suffraganbistum des Magde burger Erzbistums gegründet und blieb bis 1402 unter dessen Oberaufsicht. Ein liturgischer Einfluß von hier liegt nahe. Andrerseits waren die Bischöfe von Meißen wie alle andören Bischöfe Reichsfürsten und hatten, sofern sie nicht mit diesem in Fehde lagen, engen Kon takt mit dem jeweiligen Kaiser. Nicht selten waren sie aus der kaiserlichen Hofgeistlichkeit hervorgegangen, mindestens aber von diesem protegiert. Alte Kreuzschule nach dem Umbau von 1619, Plan des 18. Jahrhunderts