Die Gründung des Kulturbundes in Dresden ein Beitrag zur antifaschistisch-demokratischen Kulturentwicklung und zum Bündnis zwischen Arbeiterklasse und Intelligenz
22 über dieses Fachinteresse hinaus führten. Auf die Mobilisierung künst lerischer Mittel für aktuelle poli tische Anlässe wurde schon verwiesen. Ebenso hat es bei vielen Beteiligten unter der Arbeiterschaft wie unter den Intellektuellen Erstaunen, Zu stimmung, aber auch nützliches Fra gen ausgelöst, daß der Vereinigungs parteitag der beiden Arbeiterparteien im Kurhaus Bühlau mit der Aufführung von Beethovens IX. Sinfonie durch das Orchester der Bühnen der Landes hauptstadt Dresden, so nannte man damals die Staatskapelle, unter Prof. Doseph Keilberth abgeschlossen wurde. Die Menschen zum Denken bringen - ein Schritt zu> Demokratisierung Das von der zentralen Gründungs versammlung angenommene Programm hatte hervorgehoben, daß der Kultur bund seine große erzieherische Auf gabe praktisch über kulturelle Ver anstaltungen aller Art, durch Kon zerte, Aufführungen, Dichterlesungen, durch Vorträge und Kulturfilme ver wirklichte. Eindeutig hatte es aber das Ziel dieses Wirkens, die anti- faschistisch-demokratische Erneue rung, herausgestellt. Diese Einheit politischen und kulturellen Strebens setzte sich im Dresdner Kulturbund von den ersten Tagen an nur im dif ferenzierten ideologischen Kampf durch. So war schon die Gründung des Landesverbandes Sachsen weder mit dem Bundesvorstand in Berlin noch mit der zentralen Orientierung abgestimmt. Der gewählte Vorsitzende, der LDPD- Politiker Menke-Glückert, plädierte nicht für die strikte Verurteilung der an Krieg und Nazismus Schuldigen. Er nannte "Wahrheit, Freiheit, Ge- rechtigkeit und Güte allererste und wichtigste" Ziele des Kulturbun des. Er und andere wurden als Geg ner der antifaschistisch-demokra tischen Umgestaltung entlarvt und von ihren Funktionen entbunden. Ideologische Differenzierung und Auseinandersetzung zeigten sich an hand der Beteiligung des Kulturbun des an den Gemeinde- und den Land tagswahlen 1946 sowie beim Umgang mit dem Begriff der überparteilichen Organisation, als die der Kultur bund gegründet wurde. 9 In den Debat ten des Kulturbundes wurde zudem der Kulturbegriff in althergebrachter Weise vorwiegend auf die Kunst, auf Geistiges, auf die Veredlung gei stigen Strebens reduziert, wozu auch beitrug, daß sich gerade in Dresden viele Vertreter ehemaliger bürger licher Kunst-, Literatur- und Theater vereine im Kulturbund versammelt hat ten, die ihre bisherigen Vorstellun gen über Ziele und Arbeitsweise einer Kulturvereinigung beizubehalten ge dachten. Sie alle, Naziaktivisten und Kriegsverbrecher ausgenommen, galt es aber zu gewinnen. Und so war das erste Jahr des Ringens um eine neue demokratische Kultur ohne Zwei fel auch eine Zeit des Lernens, wie der unheilvolle Widerspruch zwischen Geist und Macht zu überwinden und eben dieses neue Bündnis zu schaffen sei. Herbert Gute bezog sicher seine Er fahrungen mit dem Kulturbund ein, wenn er Ende 1946 auf einer Zusam menkunft mit Kulturreferenten der SED betonte: "Wir werden ... Politik unterstützen dadurch, daß wir die Menschen zum Denken bringen.