56 Rolf Stachowski Dresdner Bildende Kunst in den ersten Jahren Der Neubeginn in Dresden vollzog sich unter besonders schwierigen Bedingungen. Wohnungsnot und Hunger herrschte in der Stadt. Der Glaube und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft war zutiefst erschüttert. Auch für das Denken tausender und abertausender Dresdner Einwohner trifft zu, was ein anonym geblie bener Leser Anfang 1947 u. a. an die Zeitschrift "Bildende Kunst" schrieb, nachdem er eine Kunstaus stellung besucht hatte: "Wir müssen uns schämen, daß wir überhaupt am Leben sind. Und Elend und Aussichts losigkeit werden immer schlimmer. Dabei will ich gar nicht vom Ma teriellen reden .... sondern von der geistigen Not ... Argwöhnisch, voller Lebensangst, ohne Selbstver trauen taumeln wir, ein schuldbe ladenes, ausgestoßenes, verkommenes Volk, blindlings hinter großen For derungen wie Demokratie, Sozialismus, Antimilitarismus, Humanismus her, von denen wir nichts begreifen." 1 Hinzu kam, daß die Arbeitsmöglich keiten vieler bildender Künstler neben Mangel an Material auch da durch eingeschränkt war, daß sie ihr Heim, die Werkstatt oder das Atelier verloren und durch den Krieg ihr bis dahin geschaffenes gesamtes Lebens werk eingebüßt hatten. Aus dieser Sicht scheint es heute fast unvorstellbar, daß sich be reits kurze Zeit nach dem Mai 1945 das gesellschaftliche Leben wieder rasch entwickelte und die Menschen wieder neuen Lebensmut schöpften. Auch viele Künstler nahmen ihre Tätigkeit wieder auf. Das wider spiegelt sich in der Tatsache, daß in der Stadt Dresden bis Ende 1945 wieder Ausstellungen stattfanden, darunter die am 1. September 1945 eröffnete Ausstellung "Dresden nach dem 13. Februar 1945", zwei Monate später die von der Gruppe "Der Ruf" gezeigte Schau und die am 15. Dezem- oer 1945 eröffnete Kunstausstellung "Freie Künstler". Dresden besaß bereits von Anbeginn künstlerische Kräfte, die spürten, daß eine neue Zeit angebrochen war, in der es sich lohnte, alle Kraft für einen Neubeginn einzusetzen. Allein in der Zeit von 1945 bis 1949 beteiligten sich 368 Dresdner Künstler an den teils kleineren aber auch größeren Ausstellungen. Mehr als 50 Künstler stellten regelmäßig ihre Werke aus und nutzten in diesem Zeit raum zum Teil 6-8 Möglichkeiten, um sich mit ihren Arbeiten vorzustel len. Die Liste derer, die sich sofort (oder nach Rückkehr aus der Emigra tion) aktiv beteiligten, ist groß. Am ehesten wird deren Wollen in Aus sagen von Künstlern dieser Zeit sicht-