16 Matthias Lerm »In Erfüllung des seinerzeitigen Bombardements« — Die Sprengung der Barockhäuser der Großen Meißner Straße im Juni 1950 Fritz Löffler bezeichnete sie als einen der »kostbarsten Straßenzüge der barocken Stadt« Dres den: Die Große Meißner Straße, die mit ihren vor allem in der ersten Hälfte des 18. Jahr hunderts entstandenen Häusern in einem sanften Schwung auf den Neustädter Markt führte. Sie wurde zu Recht ihrer künstlerischen Bedeutung wegen als Pendant zur Rampischen Gasse, dem bedeutendsten barocken Straßenensemble der Altstädter Seite, angesehen. Die Harmonie der Komposition aus individuell gestalteten Gebäuden, die jedoch alle der Bauordnung von 1720 folgten, ist nur noch auf alten bildlichen Darstellungen zu erahnen. Wer heute im Be reich der ehemaligen Großen Meißner Straße steht, sieht sich mit der breiten Schneise einer vierspurigen Autostraße konfrontiert, an der selbst der lange Komplex des 1983-1985 errich teten Hotels Bellevue verloren wirkt. Die Bombardements des Jahres 1945 hinterließen auch in der Inneren Neustadt Spuren der Vernichtung. Die Dächer vieler Häuser hatten den Druckwellen und dem Feuersturm nicht standhalten können, leere Fensteröffnungen gaben den Blick frei in das Gebäudeinnere, wo die Decken und die meisten Zwischenwände zerstört waren. Unmittelbar nach Kriegsende hatten die Überlegungen zum Umgang mit der verbrannten Stadt eingesetzt. Nach anfänglichen teils utopischen, teils behutsamen Vorstellungen und Plä nen hatte sich eine Baupolitik durchgesetzt, die wenig Wert auf den Erhalt überkommener Bauten und Stadtstrukturen legte. Im Jahre 1950 setzte auch in der Innenstadt verstärkt die Großflächenenttrümmerung ein. Nur wenige Ruinen kunsthistorisch wertvoller Gebäude, wie die der Barockhäuser der Rampischen und Großen Meißner Straße, des Taschenberg- und des Kurländer Palais, des Gewandhauses oder der Sophienkirche ragten noch aus der Grassteppe der Innenstadt heraus. Für ihren Schutz und die Einbeziehung in ein neues Dresden setzten sich vor allem die Denkmalpfleger des Landesamtes und der Stadt, aber auch andere Fach leute ein. Die Haltung der Bevölkerung war ambivalent, mußten sich doch — fünf Jahre nach den verheerenden Luftangriffen — zahlreiche Ausgebombte noch immer mit »nicht zumutbaren Wohnungen in Notunterkünften, Barackenanlagen und verfallenen Gebäuden« ’ begnügen.