62 Helmut Eschwege Die jüdische Gemeinde zu Dresden 1945 bis 1953 Am 13. Februar 1945 sollten die letzten noch in Sachsen lebenden Juden, die bisher durch ihre nichtjüdischen Ehepartner vor Deportationen bewahrt geblieben waren, in das Ghetto Theresienstadt transportiert werden. In derselben Nacht wurde ein großer Teil der Stadt durch das Luftbombardement der Alliierten schwer zerstört und die Innenstadt in ein Flammenmeer verwandelt. Schwer angeschlagen und kaum noch funktionsfähig war der Machtapparat der Nazis in Dresden, völlig zerstört wurde auch das Hauptgebäude der Gestapo, aber auch eines der beiden Judenhäuser fiel der Zerstörung Dresdens zum Opfer, deren Ausmaße Entsetzen erregte. Die Bewohner des zerbombten Judenhauses fanden den Tod, die des zweiten nutzten das Inferno, um zu fliehen. Wenig später, nach der Befreiung der Stadt durch sowjetische Truppen, trafen Rolf Pion- kowski und Max Spät, aus einem KZ-Lager kommend, in Dresden ein. Im August kam Leon Löwenkopf, der im Ghetto Warschau, Auschwitz, Maidanek und Sachsenhausen als Pole überlebte. Er rief die in der Stadt lebenden etwa 30 Juden zusammen und konstitu ierte eine jüdische Gemeinde. Ihm übergab man Thorarollen, die in einem der sächsi schen Schlösser entdeckt worden waren. Die meisten Mitglieder der neuen Gemeinde waren Überlebende des Ghettos Theresien stadt, andere waren Befreite aus den zahlreichen Zwangsarbeitslagern, vereinzelte Juden hatten sich in den letzten Monaten illegal in der Stadt aufgehalten. Wohl die Mehrzahl aller Juden stammte nicht aus Dresden. Viele von ihnen verließen bald wieder die Stadt, um Verwandte in ihren früheren Wohnsitzen zu suchen. Es kamen auch neue Durch- und Zuwanderer. Fast alle Juden waren einzige Überlebende ihrer Familien, und es fiel ihnen schwer, sich im Leben zurechtzufmden. Auch versuchte die Umwelt, ihnen das Ein leben in die Gesellschaft nicht überall zu erleichtern. Hinzu kam, daß viele Juden krank und unterernährt waren. So lesen wir im Bericht von Victor Klemperer, daß er mit seiner Frau aus dem Dresdner Judenhaus in der Nacht des 13. Februar nach München flüchtete und von dort mit seiner kranken Frau zu Fuß nach Dresden zurückwanderte. An den Fol gen dieser Strapazen starb Frau Klemperer, die als Nichrjüdin all die Jahre ihren Mann ge schützt und ihm damit das Leben gerettet hatte. 1945/46 war ein harter Winter, unter dem die aus Lagern und Ghettos zurückgekehrten, abgemagerten und oft kranken Juden schwer litten. Häufig waren damals nicht nur die Sterbefälle unter ihnen, aus Verzweiflung suchten auch einige im Freitod den Ausweg aus ihrem Leiden.