19 Generation. Einige Beispiele können diesen Sachverhalt illustrieren - bei Richter: »Brücke«, 1907, 1908, 1909; »Fauves«, 1908; Nolde, Pechstein, van Gogh, 1912; Futuristen, 1913; Internationaler Künstlerbund München, 1913, und bei Arnold: Nolde, 1906; Nachimpres sionisten, 1907; Deutscher Künstlerbund, 1909; »Brücke«, 1910; Expressionisten, 1914; Hodler, Modersohn-Becker, 1914. Von dieser Seite waren also Angebote vorhanden. Aber- zweitens - die Öffentlichkeit und das Publikum reagierten in Dresden nicht ablehnender oder zögernder als in vergleichbaren Orten. Ein Blick nach außerhalb bringt den Beweis. Ausstellungen der »Neuen Künstlervereinigung« in München 1910, der »Brücke« 1911 in Düsseldorf oder auch in Waldens Berliner Sturm-Galerie (ab 1912) stießen auf Entrü stung und Unverständnis. 41 Auch die Kunstproduktion war sehr differenziert. Neben soli der, traditioneller und innovativ-drängender Kunst war doch ein verbildendes Mittelmaß europaweit verbreitet. 1914 registriert Max Sauerlandt in Paris betroffen »... die offizielle Kitsch-Protektion, die hier viel ärger ist als in Berlin« (!). 51 Mit dem Auftreten der klassischen Moderne nahmen die öffentlich sowie in Druckerzeug nissen (Tagespresse, Wochen- und Monatsschriften) geführten Diskussionen über Kunst und künstlerische Probleme auffallend zu. So etwas gab es in keiner anderen früheren Epoche. Die Meinungen über ausstellungs- und förderwürdige Kunstauffassungen prallten hart aufeinander - ein untrügliches Indiz dafür, daß die »neue« Kunst erheblich die bis her geläufigen ästhetischen Wertraster erschütterte. Schon im Januar 1901 wurde die Ankaufspolitik von Georg Treu, dem damaligen Direktor der Skulpturensammlung Dresden, massiv attackiert, weil er die französische und belgische Moderne bevorzugte. Ein Jahrzehnt nach diesem noch regional begrenz ten »Bildhauerstreit« beschäftigte der vom Worpsweder Maler Carl Vinnen organisierte »Protest deutscher Künstler« (1911) die Kunstwelt. Auch Dresdner Maler (u. a. Gott hard Kuehl, Oskar Zwintscher, Max Feldbauer, Richard Müller) - neben ausnehmend vielen Münchnern — beteiligten sich zustimmend. Kernpunkt der Streitschrift war die angeblich »würdelose Mißachtung nationaler Vorzüge« (d. i. Vertiefung, Phantasie, Empfindung des Gemüts ...), was sich seit Jahren in einer ungerechtfertigten Hervorhe bung zeitgenössischer französischer Kunst in Ausstellungen, Museen sowie kunstwissen schaftlichen Beiträgen zeige. Dies wurde deshalb für gefährlich gehalten, weil man sich der fremden, dem deutschen Empfinden nicht adäquaten Grundauffassung erwehren müsse. 61 Aus nicht ganz unverständlichen Konkurrenzängsten erwuchsen hier unheilvolle nationaltümelnd-kleinliche Haltungen. Ein letztes Beispiel, das auch die Unsicherheit einflußreicher Kunstgelehrter und Museumsleiter im Umgang mit Gegenwartskunst beleuchtet, ist die Kontroverse zwischen Wilhelm von Bode, Berlin, und dem jungen Direktor des Moritzburg-Museums in Halle, Sauerlandt. Bode griff den Kollegen 1914 wegen seiner kühnen Ankäufe moderner Kunstwerke (Nolde, Rohlfs, Kirchner, Hofer, Picasso u. a.) an. Zurück nach Dresden. Viele Künstler, die später durch eine unverwechselbare Bildsprache z.T. auch internationale Anerkennung errangen, wie z. B. Dix, Griebel, Grosz, Felixmül ler, J. Hegenbarth, Rudolph, F. Winkler, trieben in den Jahren um 1910 ihre Studien in