20 Dresden. An Anregungen war offenbar kein Mangel. Auch wenn die künstlerischen Bil dungsstätten (Kunstgewerbe schule, Kunstakademie) nicht gerade vor Avantgardismus strotzten, so konnte zumindest ein gediegenes künstlerisch handwerkliches Instrumenta rium erworben werden. Die schon erwähnte Dresdner Kunstgewerbeausstellung 1906 hat auch die Entwicklung der bildnerischen Kultur nicht unerheblich beeinflußt. Zwei beachtenswerte Aspekte seien genannt. Seit der Kunstgewer beausstellung in Darmstadt 1901 wurde auf die Verbin dung der Kunst mit dem Leben orientiert. Darunter verstand man ein Konzept, das ein Zusammenschmieden der Künste - der sogenann- Ferdinand Dorsch, Interieur mit gelber Decke, Gouache 1911 ten freien und angewand ten - zu einer Gesamtwir kung vorsah. Vor Augen stand das »Ideal einer künstlerischen Allgemeinkultur des deutschen Volkes«. 7 * Die Moti vation, eine Vermählung der Schönheit mit dem Alltagsleben der Masse zu erreichen, war allerdings von handfesten kommerziellen Erwägungen (Ankurbelung des Gewerbes und der Kunstindustrie, öffentliche Aufträge) überlagert. 8 * Neben diesem eigentlich ideellen Ansatz stand ein stilistischer. Das für notwendig erachtete Programm einer ästhetischen Ökonomie verlangte schlichtere, klar gestimmte Konturen und eine ruhigere Formbildung. Indem Kunstprodukte und Raumkunst aus dem Wesen der Funktion und des Materials entwickelt wurden, konnte die seit über dreißig Jahren übliche zwanghafte Historisierung überwunden werden. Der »neue Stil« äußerte sich in einer Gegenständlichkeit, die gekenn zeichnet war durch gute Proportionen bei zweckmäßiger, solider Konstruktion sowie in lichten, heiteren Räumen. Jene heiter gestimmte Schlichtheit findet sich in der damaligen Dresdner bildenden Kunst und Architektur sehr häufig. Exemplarisch dokumentieren die Bauten Erlweins das liberal kultivierte Lebensgefühl des in Dresden einflußreichen Bürgertums. Es sind funktionale,