34 Fast genau in der Mitte des rechteckigen Ausstellungsareals verlief die baumbegrenzte Hauptallee, die das Gelände in einen nördlichen, zur Stübelallee gelegenen, und einen südlichen Teil, Richtung Großer Garten, trennte. Im nördlichen Abschnitt bildete der an einem Teich angelegte Dorfplatz mit sechs Wohngebäuden, mehreren Pavillons, der Gast stätte >Zum Jägerhof und einer Brunnenplastik den Hauptanziehungspunkt. Ein Ensemble weiterer Modellbauten mit Gartenpavillon (Albin Müller), Einfamilienhaus (Oswin Hem- pel), Lotteriepavillon und Industriehalle II (Richard Kolbe) befand sich in dem zur Lenne straße gelegenen Gelände, eingebettet in blühende Parklandschaft. Nördlich der Haupt allee dominierte der Ausstellungspalast mit seiner Vielzahl raumkünstlerischer Einbauten. In östlicher Richtung schlossen sich die Industriehalle I, die Halle der Dresdner Werkstätten für Handwerkskunst und einige kleine Pavillons an. Westlich das Palastes, an der Ecke Lennestraße/Stübelallee, befand sich auf einer kleinen Anhöhe das Sächsische Haus mit dem Festplatz, umgeben von ausgesuchter Gartenkultur. Die folgenden Betrachtungen sollen Exponaten der Abteilungen Raumkunst, zu der auch die Architektur zählt, sowie der Kunstindustrie mit Materialgruppen, Maschinen und Werk stätten gewidmet sein. Wie schon angedeutet, prägte die Abteilung Raumkunst mit ihren kolossalen Dimensio nen die gesamte Kunstgewerbeausstellung wesentlich. Der Raum als Gesamtkunstwerk erreichte damit 1906 auch den Zenit seiner Gestaltungs- und Präsentationskultur. Die Mehrzahl des raumkünstlerischen Interieurs (104 von 142 insgesamt) befand sich im West flügel des Ausstellungspalastes, die übrigen im Sächsischen Haus, in den Industriehallen und den zweckgebundenen Gebäuden und Pavillons im Gelände. Unter diesen Räumen fiel als besonders eigenwillige und heftig diskutierte Schöpfung die Museumshalle von Henry van de Velde (Weimar) auf - übrigens ein Werk, zu dem der Künstler später selbst auf Distanz ging. Diese Halle bildete den Zugang zur Raumkunstab teilung im Ausstellungspalast. Besonders beachtet wurden weiterhin die Bremer Abteilung mit der konstruktiv-wuchtigen Bremer Diele von Emil Högg, das biedermeierliche Zimmer einer jungen Frau von Heinrich Vogeler (Worpswede) und die Saalecker Werkstätten mit der Junggesellenwohnung von Paul Schultze-Naumburg. Auch die Abteilung Magdeburg mit dem klar gegliederten Trauzimmer Albin Müllers sowie die funktional-kühle Eleganz der Räume des Berliners Alfred Grenander erregten Aufmerksamkeit und Bewunderung. Die Abteilung Darmstadt, eines weiteren Zentrums der Reformbewegung in Deutschland, umfaßte sieben Raumanlagen Joseph Maria Olbrichs. München war mit 15 Interieurs von Bruno Paul, Richard Riemerschmid, Adalbert Niemeyer, F. A. O. Krüger, Karl Bertsch u. a. vertreten. Vor allem Bruno Paul erntete erneut mit dem Arbeitszimmer des Regierungs präsidenten von Bayreuth, wie schon auf der Weltausstellung 1904 in St. Louis, viel Lob und bestätigende Anerkennung. Fünf Raumanlagen, die Peter Behrens für die Abteilung Düsseldorf gestaltete, fielen durch ihren sachlichen, jedoch bedeutungsschweren Neoklassi zismus auf. Gehobene Ansprüche nach Raumkultur zu befriedigen, schien auch das Ziel der Stuttgarter Vertreter zu sein, die insgesamt neun Räume für eine herrschaftliche Woh nung ausstellten. Der Leipziger Künstlerbund überraschte mit elf Zimmereinrichtungen,