70 erwarb. Dann wurde 1908 die »Gar tenstadtgesellschaft GmbH« gegrün det und ihr der Grund und Boden mit der statutenmäßigen Verpflich tung übergeben, alle Gewinne aus Veräußerungen über vier Prozent zugunsten der Bewohnerschaft von Hellerau zu verwenden. Schließlich sorgte eine, ebenfalls 1908 gegrün dete, »Baugenossenschaft Hellerau« für die unmittelbare Verwertung. Sie kaufte die Parzellen von der Gesellschaft, baute und vermietete an die Mitglieder der Genossen schaft mit ähnlichen Gewinnvertei lungsauflagen. Der eigentliche Mie ter mußte der Gartenstadt vier Zehntel vom Wert seines Grund stücks als Darlehen zur Verfügung stellen und erhielt »sein Haus« per .. r ■ u r • j • i xt , • , , Erbmiete für 30 Jahre Dauer zur Max Liebermann, rriedrich Naumann, Lithographie um 1910 r . Verfügung. Eine gesicherte Mitbe stimmung erlaubte ihm Einfluß auf Gestaltungsfragen. - So schloß sich ein Kreis gegenseitiger Verpflichtung zu einem Fun dament von Gemeinnützigkeit, von dem sich ihre Erfinder eine Initialzündung für die demokratische Gesinnung der Gartenstadtbewohner erhofften und schließlich eine struk turverändernde Wirkung hinein ins Land. Offenbar hatte niemand erwartet, daß der 1 räger der bodenreformerischen Idee ein priva ter Industriebetrieb sein werde. Der sächsischen Ständeversammlung wurde Hellerau als der »eigenartige Fall« geschildert, »daß ein industrielles Unternehmen einen längst notwen dig gewordenen Fabrikneubau zur Errichtung einer gartenmäßig angelegten Wohnkolonie mit gemeinnützigen Endzielen erweitert und für diese nach materiellen und idealen Gesichtspunkten gleichbedeutsame Anlage bereits beträchtliche Opfer gebracht hat an Zeit und Geld und an Arbeitskraft seiner leitenden Persönlichkeiten«. 31 Wirtschaftlichkeit und Idealismus gehen selten eine Ehe ein, wie man weiß. Vor dem Ersten Weltkrieg gab es aber - wenn auch nicht oft - Hoffnungen auf die Unausweichlichkeit solcher Ver schmelzung. Es war wohl die neue Krisenerfahrung des liberalen Bürgertums, die Entdek- kung der Abgründe der Behaglichkeit, die einen solchen Kultivierungsdruck erzeugten. Für Hellerau ergab sich das neue Modell vor allem aus der Verflechtung der pragmati schen Konzeption des Möbelbauers Schmidt mit dem Reformprogramm des zeitgleich ent standenen Deutschen Werkbundes. Dieser war im Oktober 1907 in München gegründet