7 Eberhard Kremtz # Ernst von Schuch Die Hofoper auf dem Weg ins 20. Jahrhundert »Ich muß heute wirklich Eulen nach Athen tragen, wenn ich in Gegenwart des gesamten Personals der Königlichen Hofoper und der Königlichen Kapelle, in Gegenwart Ihrer Freunde und Verehrer es ausspreche: Die bevorzugte Stellung der Königlichen Hofoper unter den deutschen Opernbühnen, der Weltruf des Königlichen Instituts in den letzten Jahrzehnten ist zu einem hervorragenden Teil Ihr Werk. Wenn man die Theaterkunst die vergänglichste und flüchtigste genannt hat, so haben Sie, mein lieber Herr von Schuch, diesem Wort beinah die Wahrheit genommen. Was Sie geschaffen, ist nach menschlicher Voraussicht so leicht nicht vergänglich. Es wird auf die Nachwelt kommen, als wäre es gebildet aus einem härteren Material als aus den zartesten feinsten Kunstmitteln des Tones. Es wird Dauern!« Diese Worte des Generaldirektors der Königlichen Hoftheater Graf Nikolaus von See bach - sie stammen aus der Laudatio zum vierzigjährigen Dienstjubiläum des hochver ehrten Chefs der Oper - sollten sich als prophetisch erweisen. Die Ära Schuch wurde zur Legende, bis heute im Bewußtsein der Musikwelt, vor allem natürlich im Bewußtsein Dresdens lebendig. Zweiundvierzig Jahre - vom 1. August 1872 bis zu seinem Tod am 10. Mai 1914 - hielt Ernst von Schuch dem Dresdner Institut die Treue. Ein ungewöhnlich langer Zeitraum, | auch für damalige Zeiten. Ohne Frage hat er in den Jahrzehnten seines Wirkens das Königliche Institut geprägt. Wenn der Intendant Graf von Seebach 1912 feststellt, »Sie haben den drei großen Epo chen der Dresdner Hofoper, der Zeit Hasses, Carl Maria von Webers und Richard Wagners, eine vierte Ära von nicht geringerem Glanze hinzugefügt: die Ära Schuch«, so scheint diese Feststellung bis heute gerechtfertigt. Natürlich beginnt diese Ära nicht mit dem Amtsantritt des jungen Dirigenten im August 1872. Zunächst war er ja lediglich als 2. Kapellmeister neben Julius Rietz ange stellt. Sein Engagement durch den damaligen Intendanten Graf von Platen wirkt eher spontan. Der junge Schuch gastierte mit der Pollinischen Operntruppe in Dresden. Von Platen hat ihn am Pult bei Aufführungen von Donizettis »Don Pasquale« und Rossinis »Barbier von Sevilla« erlebt und sich sofort die große Begabung für die Dresdner Oper