86 Ingelore Menzhausen Kein Denkmal für den König Am 1. September 1734 überreichte der Porzellanbildhauer Johann Joachim Kändler König August III. ein »Allunterthängistes Project, wie ich durch die vielen gemachten Modelle erlangte Wißenschafft Ew. Königl. Mayst. und dero höchst, seel. Herrn Vaters Mayst. zu Pferde in Lebens-Größe, ohne viele Unkosten von Porcelain zu fertigen, mir gar wohl getraue ...«Er erklärte, auf welche Weise er das phantastische Monument modellieren und brennen wolle und daß er durch den Körper des springenden Tieres ein starkes Eisen ziehen werde, um es zu stabilisieren. Und er schrieb: »Solches würde fast mehr als Metall zu admiriren seyn, wenn zumahlen das Pferd weiß, als ein Schimmel gelaßen würde, das hohe Königl. Bildnüß aber aufs sauberste mit Gold und anderen schönen edlen darzu gehörigen Couleuren bemahlet werden sollte, und ist mit wenigen Kosten zu prästiren, welches ich auf allergnädigstes Deside- riren zuvörderst in einen ordentlichen Riß und Zeichnung zu bringen und die Möglichkeit deutlich zu zeigen.« Aber eine Antwort erreichte Kändler erst ein Jahr später mit dem Vor schlag, doch zunächst eine Probe mit einem lebensgroßen Tier zu machen, und zwar inner halb von vier Wochen. Das schaffte Kändler nicht, da er die bestellten Service-Teile für den Grafen Sulkowski zu modellieren hatte. Vielleicht glaubte er auch, daß der König sich leicht eine Vorstellung von seinen Künsten machen könnte angesichts der vielen lebensgroßen Tiere, die er seit 1731 für das Japanische Palais, das Porzellanschloß Augusts des Starken, schuf. Hier hatte er, gemeinsam mit dem Bildhauer Kirchner, nach mühevollen Experimenten mit der Porzellanmasse lebensgroße Tiere geformt, die immer weniger Sprünge und Risse in der Ober fläche zeigten. Überliefert ist Kändlers hochgemuter Ausspruch: »Summa Summarum, es kann alles von Porcelain gemacht und geschaffet werden, was man nur begehret; ist’s zu groß, macht man’s von zwei Stücken; welches aber Niemand so wohl einsehen kann, als der die Modelle machet, wodurch man alles, was unmöglich scheinet, nach seiner Art und Weise erzwingen kann, welches ich aufrichtig und mit Wahrheit melde.« Zehn Jahre lang geschah jedoch nichts. Erst in Kändlers Arbeitsbericht vom Juli 1745 findet sich der Eintrag: »Ihro Königl. Mjth. zu Pferde von einer feinen Größe in Römischen Habit mit dem Commandier Stab aufs Sauberste Samt Postament Poussiret Welches den 3. Augt. auf die Königl. Tafel auf gesetzet worden.« Gewiß war dies eine gute Gelegenheit, sich an den Vorschlag Kändlers für ein großes Porzellandenkmal zu erinnern und seine Möglichkeit oder Unmöglichkeit im Kreise der Hofgesellschaft zu diskutieren. Aber es dauerte noch einmal sechs Jahre, ehe Kändler wirklich den Auftrag dazu erhielt. Offensichtlich hatte der Minister Brühl Mühe, den widerstrebenden König, der Monumentalität und vielleicht auch das Por zellan nicht so sehr wie sein Vater liebte, von dem kühnen Plan zu überzeugen. Es gab nur wenige Denkmäler, die einen König auf courbettierendem Pferd zeigen: Pietro Tacca schuf das