Matthias Herrmann Die Rolle der Musik in der Festkultur der wettinischen Höfe von 1464 bis 1548 Bereits im Mittelalter war die Musik in ihren damaligen Erscheinungsformen so stark in die Gepflogenheiten fürstlicher Hofhaltungen eingebunden, daß ihr sowohl im Alltag als auch zu Festanlässen eine wichtige Rolle zukam. Die Stellung einzelner Musikergruppen im Hofzere- momell wurde genauestens geregelt - so diejenige der Hoftrompeter. Ihr Auftreten hatte als Dokumentation der politischen Macht eines Fürsten symbolhaften Charakter. Zum anderen eignete den Trompetern im Hofleben, auf Reisen und bei Kriegshandlungen eine wichtige organisatorische Funktion. (Die durchschlagende Kraft des Trompeten- und Paukenklanges war dazu bestens geeignet.) Nach gemeinschaftlicher Übernahme der Regierung im Jahre 1464 verlegten die Herzöge Ernst (1441—1486) und Albrecht (1443—1500) die Hauptresidenz des Kurfürstentums Sachsen nach Dresden. Die Leipziger Teilung (1485) machte diese Stadt zur Residenz des „albertini- schen“ Herzogtums. Als Residenzen des „ernestinischen“ Kurfürstentums sind Torgau, Wei mar und Wittenberg zu nennen. Mit der militärischen „Rückholung“ der Kurwürde nach Dresden durch (den „albertinischen“) Herzog Moritz im Jahre 1547 wurde diese Stadt wieder zur kurfürstlichen Residenz. Wie jüngste Forschungen zeigen 1 , liegen du Wurzeln der mehrstimmigen Musikpflege vor 1485, also noch in der Zeit der gesamtwettinischen Regierung in Dresden- Zeitweilig bestan den eine Instrumentalkapelle und eine Vokalkapelle. Nach der Leipziger Teilung wurden diese zur Grundlage der Hofkapelle des „ernestinischen“ Kurfürsten Friedrichs des Weisen (1463-1525), der zweitwichtigsten um 1500 in Deutschland. Dieses nach Friedrichs Tode von Johann dem Beständigen (1468-1532) zwar aufgelöste, aber in Form der Torgauer Bürgerkan torei weiter existierende, zugleich auch im höfischen Bereich wirkende Vokalensemble erweist sich 1548 als direkter Vorgänger (bezüglich einzelner Kapellmitglieder und bezüglich des Notenrepertoires) der neuen Dresdner Hofkantorei. Der 1525 entlassene „ernestinische“ Hofkapellmeister Johann Walter wird im gleichen Jahr Leiter der Torgauer Stadtkantorei und 1548 Hofkantor der neugegründeten Dresdner Hof kantorei. So spannt sich der Bogen sächsischer Kapellentwicklung vom letzten Drittel des 15. Jahrhunderts bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts-ein Umstand, der der Musikforschung bisher nicht bekannt war. Schnittpunkte dieser Entwicklung waren: Dresden (bis 1485)-Tor gau, Weimar, Wittenberg (ab Ende der 1480er Jahre) - Wittenberg (1525) - Dresden (1548). Es muß darauf verwiesen werden, daß diese Fakten in Bezug auf die Geschichte der Staatska pelle Dresden wichtig sind. Die Tradition dieses Orchesters geht nicht nur bis 1548, sondern eben bis ins ausgehende 15. Jahrhundert zurück. Im Zusammenhang mit der Herausbildung der wettinischen Hofmusikpflege beginnt sich auch eine spezifisch Dresdner Hoffestkultur anzukündigen, um die es anschließend gehen wird.