3 Hagen Bächler/Monika Schlechte Die höfische Festkultur - Funktion und Wirkung Der Zwinger zu Dresden, seine Entstehungsgeschichte, Gestaltfindung und Nutzung sind bekanntlich in mehrfacher Hinsicht eng verknüpft mit den Hoffesten Augusts des Starken. Die provisorische Festarchitektur von 1709 war der unmittelbare Vorläufer, und die Festlich keiten zur Vermählung des Kurprinzen Friedrich August mit der Erzherzogin Maria Josepha aus dem Hause Habsburg 1719 waren der Anlaß^die Planungen weiter zu entwickeln und das Bautempo zu beschleunigen. Pavillons, Lang- und Rundgalerien bilden eine Art Arena für Spiele, Aufzüge und Feste (wobei die vierte Seite der unvollendeten Anlage zeitweilig durch eine hölzerne Tribüne geschlossen war), Kronentor und Wallpavillon wurden angeregt durch das Formenrepertoire der zeitgenössischen Festdekorationen aus vergänglichen Materialien, und das bisher nur unvollständig entschlüsselte Bildprogramm der figürlichen Allegorien sowie des emblematischen und ornamentalen Schmucks enthält den Bezug zum allgemeinen Charakter eines Lustgartens und Festspielplatzes ebenso wie den zum temporären Ereignis der genannten Hochzeitsfestlichkeiten. Ein Teil dieser über vier Wochen gehenden Veran staltungen wurde hier ausgetragen. Dennoch ist der Zwinger mehr als nur eine dauerhafte Festkulisse. Mit der Grazie und der Leichtigkeit seiner Architektur und der mit ihr untrenn bar verschmolzenen überreichenj’lastik und Wasserkunst ist er die Inkarnation des Fest lichen, künstlerischer Ausdruck der Art und Weise des Machtanspruchs Augusts des Star ken. Schon dieses eine Beispiel, für das ebenso die Goldschmiedekunst der Gebrüder Dinglinger, die Porzellangestaltungen Johann Joachim Kaendlers oder die Dresdner Orchester- und Operntraditionen stehen könnten, verweist auf die große Bedeutung der Feste im Leben der damaligen Gesellschaft. Aber im umgekehrten Verhältnis dazu stand lange Zeit das Maß der wissenschaftlichen Untersuchung der höfischen Festkultur. Infolge der ideologischen Aus einandersetzung des sich emanzipierenden Bürgertums mit dem Feudalabsolutismus unterla gen die Feste, das Zeremoniell, die Kultur der höfischen Gesellschaft einer tief verwurzelten moralisierenden Abwertung. Neben konservativ-glorifizierenden Beschreibungen dominier ten in den entsprechenden kulturhistorischen Darstellungen einseitige und pauschale Verur teilungen, wie bloßes Amüsement, Verschwendung, unangemessene Prachtentfaltung oder Sinnentleerung. Während die Architektur und die bildenden Künste dieser Periode zwar auch mit großem zeitlichen Abstand, so doch bereits im vorigen Jahrhundert wiederentdeckt und Gegenstand der Wissenschaft wurden-ein Prozeß, zu dem übrigens vor genau hundert Jahren wesentliche Impulse von Dresden ausgingen 1 -, begann eine kontinuierliche Erforschung der höfischen Festkultur erst in den beiden letzten Jahrzehnten 2 . Unter den wenigen vorherge henden Arbeiten verdient die 1924 erschienene zweibändige Publikation von Jean Louis Spon- sel „Der Zwinger, die Hoffeste und die Schloßbaupläne zu Dresden“ besondere Aufmerksam-