67 Die Kulturleistung des Hofes drückte sich schließlich in der Unterhaltung des Hoftheaters und der musikalischen Kapelleaus. Auch sie hatten sich seitdem 15. /16. Jahrhundert entwik- kelt und waren zu unverzichtbaren Bestandteilen des Hoflebens geworden, während gleich zeitig von ihnen eine Wirkung in die Öffentlichkeit der Residenzstadt ausging 14 . Die Auffüh rungen zogen regelmäßig das Dresdner Bürgertum in den Bann der höfischen Kulturpflege und enthoben es der Notwendigkeit, ein eigenes städtisches Theater und eine städtische Kapelle zu gründen, wie es etwa in Leipzig geschehen war. So waren die Einwohner Dresdens bei jeder Theater- oder Konzertveranstaltung Gäste des Hofes, der auf diese Weise eine weite Ausstrahlung in die Öffentlichkeit hinaus ausübte. Es ist bezeichnend für das Dresdener Kul turleben seiner Zeit, daß der als dringend notwendig empfundene Bau eines Schauspielhauses Szenenfoto aus dem II. Akt der Oper „Der Rosenkavalier“ von Richard Strauss in der Dresdner Hofoper, 1911 nicht von der Stadt und ihrer Bürgerschaft geleistet wurde, sondern diese Aufgabe schließlich doch wieder dem Hofe zufiel. Dieses starke Fortleben der höfischen Tradition bis an die Schwelle des Ersten Weltkrieges ist bemerkenswert. Hof und Hofgesellschaft im 19. Jahrhundert sind hier vorwiegend von den Institutionen, den Funktionen und den führenden Personen ausgehend beschrieben worden, von denen aus man am einfachsten einen Zugang zurh Thema findet. Bei dieser einseitigen Betrachtung fällt vieles aus, was gerade für die tiefere Kenntnis eines fürstlichen Hofes und seiner Beziehungen zur Gesellschaft von Wert wäre, alle die persönlichen Verhältnisse zwischen den Menschen, die geistigen Stimmungen und Strömungen, die intimen Formen der Geselligkeit, die familären Verbindungen, die erst in ihrer Gesamtheit ein verfeinertes Bild der Hofgesellschaft geben