_• 69 Günter Jäckel „Das Fest verhallt“ Ludwig Renns Erinnerungen an Dresden und das Fiaus Wettin Und sieh! aus Freude sagen wir von Sorgen; wie dunkler Wein, erfreut auch ernster Sang; Das Fest verhallt, und jedes gehet morgen Auf schmaler Erde seinen Gang. (Hölderlin) Zwischen seinen leuchtenden Höhepunkten im Augusteischem Barock und dem unpatheti schen Ende am 13. November 1918 ist der Dresdner Hof der Wettiner „bewundert viel und viel gescholten“ worden. Hofpoeten und -Chronisten haben seine Feste und militärischen Revuen verklärt, Opern ihn in mythologischen Metaphern erhoben; selbst ein Schnepper schießen war noch wert, in Versen besungen zu werden 1 . Besucher wie Johann Michael von Loen (1694-1776), Diplomaten wie Wilhelm Dorow (1790-1840) sahen den Hof sachlicher und waren, obschon sie ein Jahrhundert trennte, doch gleichermaßen fasziniert 2 . Reisende berichteten von Dresden als einem urbanen Ereignis von europäischem Rang, Stadtbeschrei bungen priesen die nützliche Ordnung und die landschaftliche Schönheit 3 . Man wählte unter schiedlichste literarische Formen und Genres: Heldenlieder und Huldigungsgedichte, Briefe, Tagebücher - beides auch als Reiseberichte -, Memorien, amtliche Schreiben, Predigten, Polemiken oder Petitionen, wobei sich zum Lobe oft genug auch die Schmähung gesellte, die räumliche Nähe der Beobachtung von einer inneren Distanz verfremdet wurde. Und nicht immer, wie etwa im Falle des Freiherrn Karl Ludwig von Poellnitz (1692-1775) 4 , ist das Popu-