Kunst- und architekturtheoretische Anschauungen im zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts. Zum kunst- und architekturtheoretischen Umfeld Johann Christoph Knöffels und Friedrich August Krubsacius'
13 Monika Schlechte Kunst- und architekturtheoretische Anschauungen im zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts Zum kunst- und architekturtheoretischen Umfeld Johann Christoph Knöffels und Friedrich August Krubsacius' Als 1733 August der Starke stirbt, ist für Sachsen der Stern des spätba rocken Glanzes am Sinken. Das 2. Drittel des 18. Jahrhunderts ist auch für die Kunst dieses Landes die Zeit eines sich schon weit vorher abzeichnenden Umbruchs. Nach den Ur sachen fragend, scheint unbestritten die unterschiedliche Mentalität der beiden aufeinanderfolgenden Kurfürsten-Könige eine diese Wandlung begünsti gende Tatsache gewesen zu sein; aber auch der Tod der drei führenden Künst ler Dinglinger, Permoser und Pöppelmann in den 30er Jahren mutet uns heute an wie der Schlußakkord einer berauschenden Weise, die den Namen Dresdner Barock trägt. So signifikant diese Umstände auch für die Kunst gewesen sein mögen, sie in letzter Instanz kausal zu nennen, hieße sie überzu bewerten . Es ist der Dialektik von Ende und Anfang eigen, daß sie uns in der künst lerischen Entwicklung nie mit mathematischer Ausschließlichkeit begegnet, daß die Grenzen von Alt und Neu fließend sind. Der Anfang des Neuen liegt oft historisch weit vor dem wahrgenommenen Ende des Alten, und dieses wiederum ist doch, genauer betrachtet, nur das Ende eines Teils. Und so nimmt im 2. Drittel des 18. Jahrhunderts in Sachsen eine Entwick lung ihren Lauf, die, auf der Grundlage der sozialen Verhältnisse, bereits ein halbes Jahrhundert früher vorbereitet wird, sei es durch das ausdrück liche Utilitaritätsprinzip in der sächsischen Staats- und Wirtschaftsfüh rung, durch die Stimmen der Aufklärung - nicht nur jener aus dem Westen Europas, sondern auch die der bodenständigen deutschen Philosophen der Frühaufklärung 1 , die sich zunehmend Gehör verschafften -, durch die zu nehmende Mathematisierung aller Wissenschaftsdisziplinen oder die hohe Wert schätzung der Mechanik, die selbst zur Begründung der herrschenden gesell schaftlichen Ordnung herangezogen wurde. Genannt werden soll an dieser Stelle noch der sich verbreitende Toleranzgedanke, der von der religiösen zur allgemein menschlichen, d. h. zur humanistischen Toleranz führt. Mit alledem wird in Sachsen ein Rationalismus gepflegt, der die Aufnahme des neuen Gedankengutes befördert und unweigerlich Kunst, Künstler und Zeitge schmack nicht unberührt läßt, gipfelnd in einer Beurteilung von Kunst, für die die menschliche Vernunft Maß und oberstes Kriterium bildet. Immer wieder wird bei der Reflexion über die Kunst des 2. Drittels des 18. Jahrhunderts die Frage aufgeworfen, wie es in Sachsen gelang, in relativ 3