15 Christa Bächler Hans Poelzig und Heinrich Tessenow - zwei Tendenzen moderner Architektur und die Dresdner Kunstakademie „Neue Kunst in Sachsen!“ - so feierte Paul Westheim die Berufung von Hans Poelzig (1869-1936) zum Dresdner Stadtbaurat 1916 in der Nachfolge des zwei Jahre vorher tödlich verunglückten Hans Erlwein. 1 In der Tat, Poelzig gehörte zu den Pionieren der modernen Architektur in Deutschland, und er hatte sich vor allem im Industrie- und Wohnungsbau sowie bei Gesellschafts bauten bereits einen Namen gemacht. Nach dem von ihm entwickelten „Materialstil“ war im Gegensatz zu der bis zur Jahrhundert wende vorherrschenden eklektischen, histori sierenden Methode die Gestaltung aus den Werkstoffen und ihrer Verarbeitung abzulei ten. Für ihn schlossen sich Kunst und Tech nik nicht gegenseitig aus, der Baukörper, die plastisch-räumliche Gestalt war ihm das entscheidende Mittel für den architekto nischen Ausdruck. Der späteren Bauge schichtsschreibung, die einseitig auf die Her ausbildung des Funktionalismus ausgerichtet war, erschien deshalb das Schaffen Poelzigs bei aller Anerkennung mehr als Nebenlinie. Doch rückt es infolge der wachsenden Ein sicht in die Gefahr von Verabsolutierungen jeder Art für die gebaute Umwelt wieder Hans Poelzig (etwa um 1925) stärker in das Blickfeld. Als sich die Stadtväter für Poelzig entschieden, waren sie sich bewußt, „daß in der Frage der Städtebaukunst die neuen Bestrebungen bei ihm eine gute Stätte finden werden". 2 Aber die Hoffnung und das Versprechen, daß er sich mit seinem Wirken „ein dauerndes Denkmal“ setzen könne 3 , erfüllten sich nicht. Die Kriegs- und Nachkriegsjahre - Poelzig blieb bis 1920 in Dresden - boten ihm wenig Gelegenheit zum Bauen. Nur die gleich zu Beginn seiner Tä tigkeit 1916/17 errichtete Gasanstalt in Reick und der - allerdings erst 1926 zur Jubiläums- Gartenbauausstellung entstandene - Mosaikbrunnen im Großen Garten galten bisher als die einzigen Zeugnisse dieses bedeutenden Architekten in der Elbestadt. Aber sie charakterisie-