Heidrun Laudel £> Paul Wolf - Dresdner Stadtbaurat ab 1922 - und seine Planungen zu einem Yolkspark für Dresden-Pieschen Paul Wolf (1879-1957) wurde in der Nachfolge von Hans Poelzig 1922 als Stadtbaurat für Dresden berufen. Er gehörte zu Beginn unseres Jahrhunderts zu jener kleinen Zahl von Ar chitekten, die sich einem ganz neuen Gebiet zuwandten: dem Städtebau, der Stadtplanung. Als er 1919 - noch nicht 40jährig - ein Grundlagenwerk über Siedlungsformen in Ge schichte und Gegenwan herausbrachte,’ lagen schon fast zwei Jahrzehnte praktischer Tätig keit im kommunalen Dienst hinter ihm, darunter fünf Jahre seit 1914 als Stadtbaurat in Han nover. Die dort niedergelegten Gedanken münden in ein Planungskonzept, an dem Wolf zeit seines Lebens und Wirkens festgehalten hat. Es handelt sich um Vorschläge für eine allmähli che Herausbildung menschenwürdigerer Verhältnisse in industriellen Ballungsgebieten, mit denen sich Wolf in die breite Großstadtkritik jener Jahre einreiht. Allerdings - und das sei schon an dieser Stelle vermerkt - geht er mit seinen Gedanken und Vorstellungen nie so weit, daß er etwa das sozial-ökonomische System in Frage stellt. Eher das Gegenteil ist der Fall. Die Lösung des dringlichsten Problems, die Lösung der Wohnungsfrage, kann er sich nicht anders denken als durch eine Perfektionierung marktwirtschaftlicher Mechanismen. Das Experiment des „Roten Wien“, wo nach dem Kriege unter einer linken Regierung versucht worden war, den Massenwohnungsbau dem kapitalistischen Profitstreben zu entziehen, scheint ihm nicht nachahmenswert gewesen zu sein. Die meisten Praktiker sahen darin nicht das Beispiel, das in der Breite und auf Dauer funktionieren kann. Man baute vielmehr auf die aktivierende Rolle des Wohnungsmarktes. Erstrebenswert war die Situation, wie sie sich in den Niederlanden abzuzeichnen begann. Dieses Land, das nicht in den Krieg einbezogen war, hatte schon relativ zeitig den Wohnungsbau forcieren können. Als Zeichen einer gesun den und förderlichen Entwicklung wurde es gewertet, daß dort schon zu Beginn der zwanzi ger Jahre wieder Schilder „zu vermieten“ auftauchten. Doch es sind nicht vordergründig Fragen der Wohnungspolitik, denen Wolfs besonderes Au genmerk galt. In seinem Buch „Städtebau“ führt er drei Gruppen von Anforderungen an, die der Planer zu berücksichtigen habe: wirtschaftliche, technische, sanitäre. 2 Ihn selbst beschäf tigten vor allem die letzteren, die sanitären Fragen. Damit wandte er sich genau dem Pro blem zu, das die Gemüter seit Beginn der Großstadtentwicklung besonders bewegt hatte. Denn zunächst waren es weniger die Bauleute, als vielmehr die Mediziner und Hygieniker ge wesen, die auf die verheerenden Auswirkungen einer gewissenlosen Bodenspekulation und der damit einhergehenden Verdichtung der Wohnquartiere und der Verbannung jeglichen städtischen Grüns aufmerksam machten. In England hatten die Ärzte der „Royal Commis sions“ schon in den dreißiger und vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erschütternde Berichte geliefert. Sie dienten Engels als Grundlage für dessen Schrift „Die Lage der arbeiten den Klasse in England“ aus dem Jahre 1845. Erst gegen Ende des Jahrhunderts schlugen sich