Sächsische >r>'j ö sbibIiothek 2 2 . JAN. 1333" Dresden Hagen Bächler Dresdner Kulturgeschichte der zwanziger Jahre Die Kulturgeschichte hat viele weiße Flecken. Sie müssen nicht in jenen Zeiten am größten sein, die weit zurück liegen, wie man gemeinhin annehmen könnte; die scheinbar so bekann ten zwanziger Jahre haben ihrer zur Genüge. Es sind auch nicht nur schlechthin unbearbei tete Felder. Vielfältige und tiefere Erkenntnisse verweisen auf neue Zusammenhänge und Probleme, veränderte gesellschaftliche Bedingungen werfen das Schlaglicht auf andere Aspekte, neue Interessen und Bedürfnisse führen zu neuen Interpretationen. Wenn auch die Geschichtswissenschaft sich stets auf Fakten, Daten, Dokumente, auf exaktes Quellenstudium gründen muß - sonst wäre sie keine Wissenschaft, und die „Dresdner Hefte“ waren von An beginn darauf orientiert, um sich vordergründiger Ideologisierung distanzieren zu können - so enthält sie doch stets auch Wertungen. Nicht zufällig ist dieses Heft den zwanziger Jahren gewidmet. Es ist die bewußte Hinwen dung zur Periode des Freistaates Sachsen, zu den Traditionen der Demokratie und des Plura lismus. So ist auch das Spektrum der Themen breit gefächert. Pluralismus bezieht sich dabei nicht allein auf die Gegenstände der Untersuchungen, sondern gleichermaßen auf die Stand punkte der Autoren, auf die Wertungen. Ebenso darin eingeschlossen ist die Meinungsbil dung des Lesers, der sich auf seine Weise in der Welt von heute zurechtfinden muß. Das Verständnis, das Nacherleben gerade der pluralistischen Kultur der zwanziger Jahre kann dazu beitragen. Vorstellungen zur Dresdner Kulturgeschichte der Weimarer Zeit verbinden sich nicht zu Un recht in erster Linie mit den bildenden Künsten, denen ein bedeutender Platz in der deut schen Kunstgeschichte zukommt. Stand dabei anfänglich die zweite Hälfte der zwanziger Jahre mit dem Verismus von Otto Dix und den Künstlern der „Asso“ im Mittelpunkt, so ver lagerte sich später das Schwergewicht auf die erste Phase, auf jene expressionistische Periode, die durch die „Sezession Gruppe 1919“, durch das Wirken von Conrad Felixmüller, Eugen Hoffmann, des jungen Dix, auch von Oskar Kokoschka gekennzeichnet ist, um nur einige Namen zu nennen. Die Wiederentdeckung dieser nach der „Brücke“ zweiten Welle expres sionistischer bildenden Kunst in Dresden brachte auch den Expressionismus in den anderen Künsten, im Theater, in der Tanzkunst in der Literatur, zur gebührenden Geltung; die Kom plexität und gesellschaftliche Relevanz dieser aus Abrechnung mit der alten Welt resultieren-