71 Regelmäßig veröffentlichten die Lehrer der Versuchsschule pädagogisch-methodische Erfah rungen in der Sächsischen Schulzeitung. Zu öffentlichem Unterricht und Hospitationen wa ren alle Fachkollegen und auch die Eltern eingeladen. Ausstellungen zum Deutsch-, Musik-, Zeichen- und „Handfertigkeits“unterricht, Turnvorfüh- rungen und Wanderberichte gehörten zum Schulalltag. Theatervorstellungen und Schulfeste, Klassenfeiern, Elternabende förderten Erfindungsreich tum und Ideen. Erfahrene Lehrer wie Mai, Wirthgen, Trinks, Hultzsch, Tischendorf, Matthesius waren Vor reiter der Bewegung. Ihr Prinzip war Zuwendung zum Kinde. Höhepunkt der Kunsterziehungsbewegung in Dresden war die 1922 ins Leben gerufene „Staatliche Höhere Versuchsschule“, die Dürerschule. Ihre Gründung verdankt sie einer Gruppe Dresdner Pädagogen, die sich den „Entschiedenen Schulreformern“ zugehörig fühl ten. Sie unterbreiteten dem Sächsischen Ministerium für Volksbildung den Vorschlag, eine höhere Versuchsschule einzurichten. Die Absicht bestand darin, die Arbeit der Versuchs schule am Georgplatz bis zum Abitur fortzuführen und damit die pädagogische Grundkon zeption der Volksschule weiterzuentwickeln. Dieser Plan wurde von vielen Eltern der Ver suchsschule unterstützt, die in keiner der in Dresden bestehenden höheren Schulen vergleichbare pädagogische Angebote fanden. Auch in der Öffentlichkeit und besonders in Künstlerkreisen erhielten die Pläne Zustimmung. Die Zielstellung für die Höhere Versuchsschule wurde prononciert formuliert: „... Der Inhalt unseres Ideals liegt offen zutage, die Form fehlt noch; an den Inhalt glauben wir, die Form wird sich finden, denn Bildungsideale wachsen. Wir sind .Deutsche Schule“... Wir sind Gemeinschaftsschule ... Wir sind Arbeitsschule ... Wir sind Kulturschule ...“. In den Kommentaren zu diesen Schlagworten finden wir klare Bekenntnisse zur künstlerisch kulturellen Funktion der höheren Versuchsschule: „... nach Kräften zu fördern sind auch die anderen Möglichkeiten, wie sie die zeichnende und formende Hand, der musikalische Sinn, der durchgebildete Körper bieten. Ist der Schü ler in der Lage, seinem Innenleben auf mannigfache Arten Ausdruck zu verleihen - sei es durch eine Skizze, ein Bild oder selbst durch eine Melodie - dann erfährt der gesamte Unter richt eine Bereicherung ... Wir können Feste als Ziele und Höhepunkte feiern, die einheit lich aus unserer Schularbeit herauswachsen. Bei dieser Steigerung der Ausdrucksmittel ge langt unsere Schülerschaft zu den Künsten in ein innigeres Verhältnis. Arbeiten Zeichnen und Musik mit den Fächern des Gesamtunterrichts Hand in Hand, dann kommen wir unse rem Bildungsideal, das ja den ganzen Reichtum der deutschen Kultur umfassen soll, mög lichst nahe; ...“ 8 Die Ideale der Kunsterziehungsbewegung, die sich unter dem Einfluß ideenreicher, engagier ter Pädagogen wie Herbert Aschenbach, Paul Geisler, Rudolf Gläsel, Rudolf Götze, Albert Herold, Martin Kotte, Bernhard Kreyßig, Editha Kühn, Gerhard Melchior, Willibald Muck, Walter Saupe, Curt Schumann, Arthur Schwärig, Martin Leistner sowie deren persönliche Kontakte zu namhaften Dresdner Künstlern z. B. Erich Fraaß, Peter August Böckstiegel, Alexander von Mitschke-Collande, Kurt Arnold Findeisen, Erich Kästner, Erich Ponto, kräf tig entwickelten, prägten das Bild der Dürerschule.