27 Heidrun Laudel Die Synagoge in Dresden - ein früher jüdischer Kultbau des 19 . Jahrhunderts - erbaut von Gottfried Semper Als die Dresdner jüdische Gemeinde im April 1838 an Gottfried Semper (1803—1879) mit der Bitte herantrat, die Pläne für den Neubau einer Synagoge anzufertigen, konnte sich der Baumeister und Professor an der Kunstakademie nicht gerade über Mangel an Aufträgen be klagen. Zwar hatte er im März erst einmal einen kompletten Satz an Zeichnungen zum ersten Hoftheater fertiggestellt und Anfang April zwei Museumsprojekte für die Stallwiese einge reicht, aber die Bauleitung des Theaters, die ihm zusammen mit dem damaligen Hofbaukon dukteur Otto von Wolframsdorff zu diesem Zeitpunkt übertragen wurde, verlangte die auf wendige Erarbeitung der Ausführungspläne. Das Theater ist dann auch zweifellos der Bau ge worden, der in besonders eindrucksvoller Weise von dem Willen seines Schöpfers kündete, sich mit »Selbstbewußtsein und Unbefangenheit« des »reichen Stoffes« der Geschichte zu be mächtigen. 0 Prinzipiell läßt sich das auch für die Synagoge sagen, obwohl sie dafür seltener als Beispiel her angezogen worden ist. Sie ist im Vergleich mit den ausgesprochenen Repräsentationsbauten des modernen Bürgertums etwas stiefmütterlich behandelt worden. Sicher trägt daran auch etwas die Quellenlage Schuld. Über die Entstehungsgeschichte des Theaters sind wir durch die überlieferten Akten aus dem Ministerium des Königlichen Hauses in allen Einzelheiten informiert. Sie enthalten auch die den Zeichnungen beigefügten Gutachten, in denen Semper seine Absichten kundgibt. Für die Synagoge sind vergleichbare Dokumente nicht mehr vor handen, zumindest bislang nicht aufgefunden worden. In der Sekundärliteratur taucht ledig lich der allgemeine Fakt der Beauftragung auf. 2) Natürlich wüßte man gern Konkreteres. Wer ist an Semper herangetreten? Wie hat er rea giert? Wie hat er selbst seinen Entwurf interpretiert? Zu all diesen Fragen sind allenfalls Ver mutungen geäußert worden. Es ist beispielsweise angenommen worden, daß der einflußrei che Bankier Martin Wilhelm Oppenheim (1781-1863) als Vermittler fungiert hat. Oppen heim war als Bauherr der »Villa Rosa« (1839) und des Stadtpalais’ an der Bürgerwiese (1845 bis 1848) mit Semper engstens verbunden, und er unterstützte den Baumeister auch nach den Revolutionstagen des Mai 1849, indem er ihm u.a. über seine Beziehungen zu den Pari ser Bankiers Baron James de Rothschild und Fould einen Bauauftrag für eine Synagoge zu verschaffen suchte. 31