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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 31.01.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-01-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190601316
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19060131
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19060131
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Tageblatt
- Jahr1906
- Monat1906-01
- Tag1906-01-31
- Monat1906-01
- Jahr1906
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 31.01.1906
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Berl. Kömgl. Schöffengericht sprengt. keit e Fiasko der Konferenz wäre daS Fiasko der „pcoc- von Be- Am Sonnabend wurde Graf Fred v. d. Wege-LambS- dorff, Besitzer deS Gutes Bresilgen in Kurland, zwei Werst von seinem Gute auf der Fahrt von Tukkum ermordet. Er war zur Besichtigung des Gutes, das er schon im Dezember verlassen hatte, hinauSge- ahren. Der in seiner Begleitung befindliche Karl stoenne, Bevollmächtigter von Kaiwen, wurde schwer verwundet. Der unbekannte Täter ist entkommen. einen nach Ein den Straßen statt. Die Meuterer brachten Eisenbahnzug, der militärische Verstärkungen Wladiwostok bringen sollte, zum Entgleisen, anderer Militärzug wurde in die Luft NuS Kurland wird über die Ermordung ineS Großgrundbesitzers folgendes berichtet: Richard Moritz Reuther aus Oberlungwitz in Anspruch. Der Angeklagte hatte auf einem Tanz saale durch beleidigende Ausdrücke gegen zwei an wesende Mädchen öffentliches AergerniS erregt. Durch sein verwerfliches Gebühren hatte er die beiden Mädchen in ihrem Anstand stark verletzt. DaS Ur teil lautete nach mehrstündiger Verhandlung auf 10 Tage Gefängnis. Den Beleidigten wurde außerdem das Recht zugesprvchen, daS Urteil durch Aushang an der GerichtStafel zu veröffentlichen. 2) Ein wegen Bettelns wiederholt vorbestrafter domizilloser Harmonikastimmer, namens Ernst Moritz Künzel, erhielt wegen gleichen Vergehen? 1 Woche ^aft zudiktiert. vom 3V. Januar 1906. Vorsitzender: Her: Amtsrichter Bach. 1) Längere Zeit unter Ausschluß der Oeffentlich- nahm die Verhandlung gegen den Bergarbeiter Eisenbahnkatastrophen ums Leben gekommen sein. Die G e s a m t v e r lu ste in Wladiwostok beziffern sich auf ungefähr dreitausend Mann (?). Fünf- Hundeit Verwundete sind bereits in verschiedenen Krankenhäusern untergebrbcht. Ergänzt wird die „Daily Telegraph" Meldung, an der ja manches übertrieben sein mag, durch die „Daily Tribune", die auS Petersburg meldet, daß sich W la diwostvk in den Händen der Meuterer befindet, so daß General Lenewitsch gezwungen ist, eine Armee zur Wiedereroberung der Festung zu entsenden. Auch der Aufruhr in Homel hat mehreren hundert Personen das Leben gekostet. AuS Moskau wird gemeldet: Gleich nach den ersten Zu- sammenstößen zwischen Aufständischen und Militär brachen in Homel Judenkrawalle au». Überall tauchten Banden auf, welche die jüdischen Häuser und Magazine zu demolieren begannen. Bauern aus den umliegenden Dörfern zogen nach der Stadt, um an der Plünderung teilzunehmen und bei der Judenmetzelei mitzuhelfen. Der Pöbel steckte die Stadt in Brand. Jetzt brennt Homel an allen Ecken. Die Feuerwehr ist ohnmächtig. Au» Mohilew wurden HilfSmannschaften komman diert. Der Vizegouverneur ist mit Kosaken unter- wegs. Die dort entstandenen Verluste beziffern sich auf Millionen. Wege deS Hilf-kassengefetze- lasse sich den Schwindel- kaffen nicht entgegentreten. Von Kaffen solcher Art seien unter den nichtigsten Vorwänden anspruchS- berechtigte abgewiesen worden. Er bedürfe ganz zweifellos einer AusstchtSinstanz, die materiell in daS Gebaren der Kaffen eingreifen könne. Die Befürch tung, daß in schematischer Weise vorgegangen und dadurch die Tätigkeit der Kassen unmöglich gemacht werden könne, sei grundlos. Schon jetzt seien eine ganze Reihe kleiner Kassen dem SufsichtSamte unter- stellt und mit dessen Tätigkeit sehr zufrieden. Die Selbstverwaltung solle nicht angetastet werden. DaS Aufsichtsamt solle und werde nur prüfen, ob die Veschäft-gebarung den Grundsätzen der Solidität entspreche oder nicht. Weiter bezwecke die Vorlage nichts. Abg. Mugdan (freis. Dp.) weist darauf hin, daß schon im Vorjahre der Staatssekretär die Unter stellung der Kaffen unter daS Aufsichtsamt in Aus sicht gestellt habe, ohne daß sich im Hause Wider spruch erhoben hätte. Man hätte damals wohl nicht die Tragweite übersehen; die bestehenden Mißstände könne niemand verkennen. Trotzdem lehnten er und seine Freunde die gegenwärtige Vorlage einstimmig ab, denn den einwandfreien Teil der freien Hilfs kassen, der seine großen Verdienste habe, dürfe man in seiner Entwicklungszeit nicht stören, einmal im Interesse der Doppelversicherung, die für den Er krankten und seine Familie von Wert sei, mehr aber noch im Interesse der Personen, die wegen häufigen Wechsels ihrer Beschäftigungsarten oder wegen einer immer nur kurzzeitigen durch Pausen unterbrochenen Beschäftigung geradezu auf die Versicherung in freien Hilfskassen angewiesen seien. Angezeigt sei eine Reform des KrankenversicherungsgesetzeS und seine Ausdehnung auf den gesamten Personenkreis der Invalidenversicherung. Ein neues Gesetz, wie eS die Vorlage bezwecke, solle nur erlassen werden für die neu entstehenden Kassen und für solche ältere Hilfs kassen, die wegen der Höhe ihrer Verwaltungsaus gaben und wegen sonstiger Anzeichen sich als Schwindelkassen erweisen. — Schluß 6'/^ Uhr. — Weiterberatung morgen 1 Uhr, außerdem Abänderung von Reichstagsmahlkreisen. , jedenfalls mit auffälliger Eile abgeurteilt worden; rasche Arbeit der Gerichte sei sehr erwünscht, sie müsse aber auch gründlich sein. Die Straßendemon- stranten hätten größtenteils nur auS Unkenntsnis des Gesetzes gehandelt, die Urteile gegen sie hätten daher Kopfschütteln erregt, und m«n könne sie in keiner Weise beschönigen. Vizepräsident Opitz (kons.): Die großen Schöffengerichte würden ein so umständliches und kostspieliges Verfahren bedingen, daß die Nachteile die Vorteile überwiegen würden. Wenn jemand > eine Zeit lang täglich bei Gericht erscheinen müsse, um dann unauSzelost nach Hause zu fahren, so sei das doch nur Zeit- und Geldvergeudung. Die Frage, ob Arbeiter zum Amte des Schöffen und Geschworenen heranzuziehen seien, müsse darnach entschieden werden, ob der Arbeiter Sozialdemokrat sei oder nicht. Solange die Sozialdemokratie sich nicht selbst auf den Boden der heutigen Strafgesetz gebung stelle, sei die Hinzuziehung für ihn, Redner, ausgeschlossen. Die Sozialdemokratie wolle nichts von der Heiligkeit des Eides wissen, sei eine revo lutionäre Partei, kein sozialdemokratischer Geschworener könne also für Bestrafung eines Meineides oder einer Gewalttätigkeit eintreten. Redner polemisiert «eiter gegen den Abg. Günther und die freisinnige Partei wegen ihrer Haltung den Straßendemonstra tionen gegenüber. Abg. Goldstein (Toz.) äußert die Meinung, ein Versuch mit sozialdemokratischen Richtern könnte gar nicht schaden, man möge ihn nur einmal ma chen. Im übrigen sehe man auf sozialdemokratischer Seite in den Angeklagten mehr den unglücklichen, bedauernswerten, als den schlechten Menschen, und meine, daß von diesem Standpunkte aus die Urteile zu fällen seien. Abg. Zimmermann (Ref.) führt aus, durch dar prompte Arbeiten hätten sich die sächsischen Ge- richte im Falle der Demonstrationen ein Verdienst erworben. DaS Abschüttlungssystem der Sozial demokratie sei schon auS ihrer Presse bekannt. Die Klassenjustiz werde am meisten von der Sozialdemo kratie gefördert. Nach kurzer weiterer Debatte wird der Antrag der Deputatton einstimmig angenommen. Bei dem 40, Landgerichte, Amts - i gerichte undStaatsanwaltschaften Die Lage in Rußland. Dem „Daily Telegraph" wird aus Tokio ge- meldet, daß in W la d iw o st o k eine neue große Meuterei ausgebrochen sei. Die Aufrührer unter den Truppen brennen und plündern in der Stadt. ES fanden heftige Kämpfe zwischen den Meuterern und den verläßlichen Truppen in Die Marokko-Konferenz setzte gestern Nachmittag die Besprechung über die Steuer- und Zollfragen fort. Wie ver lautet, sollen deutscherseits Vorschläge gemacht werden, die dem Projekt der Marrokkanei, betreffend eine Erhöhung der Zölle in gewissen Grenzen, entgegen- kommen. Da Frankreich und somit selbstverständlich auch England prinzipiell einer mäßigen Erhöhung zustimmen, dürfte die Bewilligung einer solchen seitens der Konferenz gesichert sein. genügend Geld vorn Staate bereit gestellt sein. Nach dem GerichtSverfassungSgesetze könnten allerdings Assessoren zeitweilig als Hilfsrichter richterliche Funk- tionen ausführen, aber man dürfe das Wort „zeit weilig" nicht auSdehnen auf eine Zeit von 6—7 Jahren. Gegen den Beschluß, Richter mit nur 3000 Mark Anfangsgehalt einzustellen, müsse er Einspruch erheben, ein solches Gehalt sei entschieden ungenügend. Redner wendet sich weiter gegen die Wahl von Staatsanwälten zu LandgerichtSdirektoren, sowie ge gen die Zweiteilung in der Beaufsichtigung deS Ge- fängniSwesenS und fordert weiter eine Reform bezw. reichsgesetzliche Regelung des Strafvollzugs. Vizepräsident Dr. Schill (natl.) bezeichnet die Assessorenfrage als die wichtigste zu diesem Kapitel vorliegende. Der Minister bestreite zwar eine Ueber- lastung der Gerichte, aber bei den großen Gerichten seien die Richter tatsächlich, wenn nicht überlastet, so doch sehr stark belastet. WaS das Mißverhältnis zwischen Richtern und HlllfSrichtern betreffe, so müsse dies beseitigt werden, und dazu halte er den Weg der Finanzdeputation Richter mit 3000 Mk. an zustellen, für sehr gangbar, wenn auch nicht für ideal. ES brauchten ja nicht alle Richter mit nur 3000 Mk. angestellt zu werde». Abg. Dr. Spietz-Pirna (kons.): Die jetzt vor geschlagene Vermehrung der Richterstellen sei un genügend. Am 1. Juni d. I. werde das Verhält nis noch ungünstiger sein als heute. Der Finanz- Minister werde sich daher der Vermehrung nicht widersetzen können. Den Ausweg der Begründung einer neuen Richterklasse mit 3000 Mk. Gehalt be grüße auch er angesichts der bestehenden Verhältnisse als erfreulich. Justizminister Dr. Otto: Den Richtermangel und die Ueberlastung der Richter müsse er bestreiten. Im Jahre 1905 seien 22 neue Assessoren allein wegen Zunahme der Geschäfte an die Amtsgerichte und 6 Assessoren an die Landgerichte gegeben worden. Was die Ueberbürdung der Richter betreffe, so könnten die Verhältnisse an den Zivilabteilungen der großen Amtsgerichte nicht als maßgebend für das Ganze angesehen werden. Das Ministerium gehe nicht über die Grenzen der Belastung hinaus, die betreffs der Geschäftsbelastung im allgemeinen fest gesetzt sei. Eventuell würden neue Sektionen ge schaffen oder sogenannte fliegende Assessoren bei gegeben. Die Durchschnittszahl der anstehenden Termine habe 40 an einem Tage betragen. Die Bedenken des Finanzministers gegen die Schaffung neuer Richterstellen würden hoffentlich beseitigt werden. Einstweilen scheine aber der von der De putation vorgeschlagene Ausweg der Schaffung einer mit 3000 Mark besoldeten Richtertlasse gut zu sein. Persönliche Konnexionen spielten bei der Anstellung der Assessoren keineswegs mit; nur ganz besonders tüchtige Leute seien vor der Zeit als Richter vor geschlagen worden. Die Reform des Strafvollzugs sei Reichssache. Abg. Zimmermann (Ref.) wünscht, man möchte die Ehekammern doch mit verheirateten Richtern besetzen, und gibt anheim, im Bundesrat anzuregen, ob nicht bei jedem Gericht nur so viel Anwälte zugelassen seien, wie notwendig seien. Er bittet weiter um Vermehrung der Gerichtssekretär stellen. Abg. Kockel (kons.) wünscht Beseitigung des bei Gütern noch vielfach bestehenden Vorkaufsrechtes und beklagt, daß häufig landwirtschaftliche Orte von Großgrundbesitzern völlig aufgekauft würden. DaS Zustandekommen eines allgemeinen deutschen Heim stättengesetzes würde nur mit Freuden zu be grüßen sein. Nach einem Schlußwort des Berichterstatters werden die Deputationsanträge angenommen. Die Petitionen der Dienergehilfen werden auf sich beruhen gelassen. Nächste Sitzung morgen 10 Uhr: Etat des Finanzministeriums. Tagebl." zufolge, daß die Diäten in der Forni eines Pauschale in Höhe von 3000 M. pro Session gewährt werden sollen, von dem pro Abwese n- heitstag ein entsprechender Abzug gemacht werden soll. Die Vorlage soll für die laufende Session noch rückwirkend in Kraft treten; die Mit- gliider deS Reichstags, die gleichzeitig anderen poli tischen Körperschaften angehören und als solche zum Diätenbezug berechtigt lind, erhalten für die Zeit der ReichstagStagunz nur Reichsdiäten. Et« sozialdemokratischer Verteidiger der deutschen Marokko-Politik ist sicherlich eine bemerkenswerte Erscheinung. Herr Richard Calw er, der allerdings von Anfang an öffentlich ausgesprochen hat, Deutschland dürfe die fianzösische Vorherrschaft im scherifischen Reiche nicht dulden, veröffentlicht in den „Sozialistischen Monats heften" einen Aufsatz, worin er erklärt, die deutsche Diplomatie sei, indem sie von vornherein auf eine internationale Konferenz hinarbeitete, „durchaus richtig vorgegangen". ES sei ganz berechtigt gewesen, daß Deutschland gegen daS französisch-englische Ab- kommen Einspruch erhob; dagegen sei die Ansicht falsch, daß eine Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich zur Beilegung der Differenzen hin gereicht hatte. Herr Calwer vertritt auch an der Hand deS Gelbbuchs und deS Weißbuchs die Zweck mäßigkeit der deutschen Politik, mögen auch einzelne Schritte der deutschen Regierung (er selbst führt keine an) bei der ganzen Aktion mißbilligt werden". Die Ausführungen deS „Genossen" Calwer stehen durchweg im Gegensatz zu den Reden des Herrn Bebel über die marokkanische Frage. Eine scharfe Note gegen die Pariser „Aurore" richtet eine Berliner Zuschrift der offiziösen „Südd. Reichskorr.": „Herr Clemenceau will in einem Artikel der „Aurore" sich selbst und seinen Lesern Sand in die Augen streuen, indem er «usführt, ' Deutschland und besonders Kaiser Wilhelm würde es als Mißerfolg empfinden, wenn die Kon- ferenz in Algeciras an dem für Marokko geltenden Zustand nichts ändere. Herr Clemenceau verwechselt " die d.ulsche Politik mit der französischen. Deutsch land hat in Ma okko nichts Grundsätzliches ändern wollen, u ohl aber suchte Frankreich, gegenüber der nach der Madrider Konvenlion in Kraft befindlichen ' Gleichberechtigung einer Reihe von Mächten die Parole ' auszugeben: nous clwngaons tout cel»! In aller Ruhe kann erklärt werden, daß Frankreich mehr als Deutschland daran interessiert ist, die Konferenz nicht ergebnislos auSeinandergehen zu lassen. Ein . ge- Über 300 Soldaten sollen bei diesen darauf hingewiesen, daß die Teuerungszulage 25 Pfg. wenigstens eure günstige Folge der wegung sei. Diäten für den Reichstag. In ReichStag-kreise» verlautet dem „! Ans dem Anstande. König Eduard erkrankt? Pariser Meldungen wissen zu berichten, daß König EduardsBefinden neuerdings sehr zu wünschen übrig lasse. Auf dem Schlosse in Windsor ist vorgestern ganz unerwartet Dr. Ernst Otto aus Marieubad angekommen, nachdem der König schon seit mehreren Tagen die Besuche seines Hausarztes, der Spezialist für Ohrenkrank heiten ist, und seines Chirurgen empfangen hatte. König Eduard leidet an AtmungS - beschwerden, wozu seine Korpulenz viel bei trägt. Sein Kammerdiener fand ihn eines Morgen- in ganz beängstigendem Zustande. Die Aerzte haben ihm das Rauchen verboten, er kann jedoch auf seine Zigarre nicht verzichten. Dr. Ernst Otto ist offenbar zu einer dringenden Konsultation herbeigeholt worden. Zu de« Wahle» in England. Nachdem die englischen Wahlen nunmehr voriiber sind und die L i b e r a l e n die größte Majorität erobert haben, die je eine Partei seit der Reform gesetzgebung von 1832 besaß, machen sich im kon servativen Lager Zeichen eines kommenden inneren Zwiespaltes über die künftige Partei politik geltend. Das konservative Blatt „Daily Graphic" gibt diesen Gefühlen Ausdruck, indem es erklärt, die Versuche, die Katastrophe dem „Schwung des Pendels" oder radikalen Verdrehungen zuzu schreiben, seien offenbar unzureichend. Der Wahr spruch des Landes beweise, daß es in einer Lebens frage der konservativen Partei sein Vertrauen ent- zogen habe. Der wahre Grund sei die konservative Finanzreformpolitik. Sie möge theoretisch richtig sein, und die Zeit möge kommen, wo ihre Not wendigkeit anerkannt werde; für den Augenblick aber sei sie eine Politik der Revolution. Die Partei müsse eingedenk bleiben, daß Disraeli 1874 und Salisbury 1880 und 1885 klugerweise diese Politik ablehnten, da sie sahen, daß die öffentliche Meinung dagegen war; in diesen Fällen sei ihre Klugheit durch den Sieg ihrer Partei belohnt worden. Der Schutzzoll möge wissenschaftttch richtig sein, doch sei eS unnütz, ihn zu befürworten, wenn das Land da gegen sei. Pitts Freihandelspvlitik sei erst durch die Gefahr der Hungersnot zum Siege gelaugt, und bis Chamberlains Prophezeiungen ebenso überzeugende Zeichen der Erfüllung aufweisen könnten, werde seine Tarifreform unmöglich bleiben Falls die konser vative Partei nicht Selbstmord begehen wolle, bleibe ihr nur der eine Weg übrig, öffentlich und unzwei deutig ihre Unterwerfung unter den klaren und un erschütterlichen Willen der Nation zu erklären. Aus dem Wiche. Zur Bergarbeiter-Bewegung in Sachfeu wird heute im Gegensatz zu den Beschlüssen in Gers dorf und Ölsnitz aus Zwickau mitgeteilt, daß in der dortigen Versammlung, die sich von früheren Versammlungen auch dadurch abhob, daß sie bei weitem nicht so gut besucht war, nur zwei Arbeiter ausschußmitglieder über die vergeblich gebliebenen Verhandlungen mit den Grubenvorständen berichteten. Von den übrigen WrrkSausschüssen war niemand er schienen, denn diese hatten keine Unterhandlungen geführt. Der Tages t ebner mußte denn auch fest stellen, daß die jetzige Bewegung um Aufbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen an de rGleich- gültigkeit der großen Masse der Berg arbeiter gescheitert sei. Als Trost in diesem unbefriedigenden Verlaufe der Dinge wurde Sächsischer Landtag. Dresden, 29. Januar. Die Zweite Kammer Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 30. Januar 1906. WetLervsrausiagedeßKgl.Sächf.Meteorol»gischen Institut? zu Dresden. Für Mittwoch! Heiteres und trockenes Wetter bet normaler Temperatur undWestlichen Winden. Barometer: hoch. 31. Jairnarr Tagesmittel —0,8°, Maximum -i-1,0°, Minimum —3,9°. — Der vezirtslehrerverein Hohenstein- Ernstthal hält Sonnabend, den 3. Februar nach mittags 5 Uhr eine Versammlung im Gewerbehause ab. Auf der Tagesordnung steht 1. Vortrag über Biologisches im naturkundl. Unterrichte der Volks schule; 2. die Fibelfrage; 3. Entschließung über Ab- fafsung eines heimatkundl. Lesebuchs. — Eines prächtigen Verlaufes konnte sich der gestern Abend im Etablissement „BergmannSgruß" abgrhaltene Maskenball der privilegierten Schützen- gesellschaft Garde Kompagnie erfreuen. Der Saal war auf da« Herrlichste mit Tuirlanden und Blattpflanzen geschmückt und gewährte einen be- Iratiov pLciücjoc". Der völlig unmotivierte Angriff beschäftigte sich gestern in einer sehr ausgedehnten geht der Abg. Günther auf die Ueberbürdung der des Herrn Clemenceau gegen den deutschen Kaiser« Sitzung, vsn der wir Einiges bereit- gestern tele- Richter in Sachsen ein. Für Unterrichtszwecke und .... . . - I—knk," «Nil qliiMiiietat. demnäckst für die Rechtspflege müsse stets zu allererst Nach dem Referate de- Abg. Hähnel nimmt zunächst da- Wort der Abg. Sü«ther (steif. Volk-p.), der sich in sehr ausführlicher Weise über die Etrafprozeßreform ver- breitet, wobei er warm für die Schwurgerichte ein- tritt. Diese hätten sich zu einer volkstümlichen Einrichtung entwickelt und müßten in ihrer Zu ständigkeit nicht beschränkt, sondern diese müßte er- weitert werden. Redner streift de- weiteren die landesgesetzliche Regelung der Frage der Diäten für die Schöffen und Geschworenen und zieht alsdann einzelne Fälle an, wo das Urteil nicht im Einklang mit dem Rechtsbewußtsein der Volkes gestanden habe. Redner tritt weiter für eine andere Hand- habung der bedingten Begnadigung ein. Finanzminister Dr. Otto verweist auf die vom Abg. Günther selbst hervorgehobene Vertraulichkeit der Verhandlungen zwischen den Bundesregierungen. Er sei aber bereit, die wichtigsten Punkte schon heute hervorzuheben, und das seien folgende 'Die Schwurgerichte soll en in ihrer h e u t i g en Form und Zuständigkeitbestehen bleiben, also nicht durch große Schöffengerichte (Geschworenengerichte) ersetzt werden, obwohl alle Mitglieder der Kommission sich für die letzteren ausgesprochen hätten. Ferner solle die Berufung in Strafsachen zugelassen werden. Die Abneigung des Vorredners gegen die bedingte Be gnadigung könne er nicht teilen, über die Ge währung von Tagegeldern an Schöffen und Ge schworene könne die sächsische Regierung nicht selb ständig entscheiden, sie sei gebunden durch das GerichtSvcrfassungsgesetz. Die Sache werde aber im Bundesrate verhandelt werden. Abg. Goldstein (soz.) tritt für die Heran ziehung von Arbeiter-Geschworenen und -Schöffen ein. Er selbst bezahle hohe StaatSsteuern, sei Wähler der II. Klasse und sei bei der Aufstellung der Ge- schworenenlistcn stets übergangen worden. Dabei passe er doch mit seinem ganzen Habitus sehr gut auf die Geschworenenbank. Es werde überhaupt mit zweierlei Maß gemessen. Bei den Dresdner Prozessen wegen der Straßendemonstrationen — die übrigens gar nicht oder nur zu einem verschwindend geringen Teile der Sozialdemokratie zur Last fielen — habe eS harte Urteile gegeben, in Mittweida seien TechnikumSschüler nur zu geringen Strafen verur- teilt worden. Es bestehe eine völlige Klassenjustiz. Weshalb habe man auch solche Eile mit Aburteilung der Dresdner Straßendemonstranten? Es sollten die Urteile jedenfalls Warnungsstgnale sein! Dabei handle es sich gar nicht um Sozialdemokraten. (Ironischer Zuruf rechts: Konservative!) Justizminister Dr. Otto wendet sich gegen den Abg. Goldstein, der die Urteile gegen die Dresdner Straßendemonstranten als Schreckeusurleile bezeich net habe. Wenn die Richter die Überzeugung ge habt hätten daß strenge Ürteile zu fällen seien, so hätten sie nur von ihrem guten Rechte Gebrauch gemacht. Wer sich, sei cs als Versammlungsteil nehmer oder aus Lust am Radau, an de» Aus schreitungen beteiligt habe, müsse auch die Folgen tragen. Die Eile, mit der die Gerichte gearbcitei hätten, sei ihm sogar erfreulich, und er wünschte nur, daß stet? so rasch gearbeitet würde. Abg. Dr. Vogel (nat.-lib.) pflichtet Goldstein insofern bei, als auch er es als erwünscht betrachte, wenn Arbeiter als Laienrichter herangezogen würden. Alle Richter seien aber auch nur Menschen, und er müsse doch dem Abg. Goldstein die Frage entgegen halten, ob denn dessen Parteigenossen völlig frei von ihrer politischen Ueberzeugung urteilen würden. Unsere Richter hätten doch gewiß daS Bestreben, nach bestem Wissen und Gewissen Recht zu sprechen. Abg. Günther (freis.) bedauert die ablehnende Haltung de? Justizministers gegenüber den Schwur gerichten. Die Dresdner Straßendemonstranten seien
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