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Erzgebirgischer Volksfreund : 09.08.1943
- Erscheinungsdatum
- 1943-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-194308092
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19430809
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19430809
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungErzgebirgischer Volksfreund
- Jahr1943
- Monat1943-08
- Tag1943-08-09
- Monat1943-08
- Jahr1943
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 09.08.1943
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Sechs Stunden in sowjetischer Gefangenschaft. Sm Norden von Orel stießen in diesen Tagen Fahrzeuge einer Nachrichtenabteilung, die Geräte und Munition zu einem weit vorgeschobene».Nachrichtenstlltzpunkt bringen sollten, im Morgengrauen aus zwei, sowjetische Panzer. Der eine brach plötzlich von der Seite aus dem Buschgelände hervor und fuhr mitten in die Kolonne hinein. Der Ueberfall kam so schnell und überraschend, daß die Fahrer gerade noch von den Fahr zeugen springen und in Deckung gehen konnten. Die Panzer kümmerten sich jedoch nicht weiter um die bei dem Zusammen prall zerstörten Fahrzeuge, sondern rollten weiter. Da machten sich zwei Fahrer an die Arbeit, um aus den zerstörten Wagen Waffen und Munition zu bergen und sie zum Stützpunkt nach vorn zu schleppen. Als einer der beiden noch einmal zurück- ging, um einen brauchbaren Wagen wegzufahren, wurde er von Bolschewisten gefangengenommen und zu einem Panzer gebracht, der mitten in einem Kornfeld stand. Hier befand sich bereits ein zweiter Gefangener. Inzwischen war die etwa 40 Mann starke Sowjetgruppe von Artilleriebeobachtern entdeckt und unter Feuer genommen worden. Kurz darauf gingen auch Grenadiere zum Gegenstoß vor. Diesen Augenblick benutzten die beiden Gefangenen zur Flucht. Sie trafen nach sechsstün diger bolschewistischer Gefangenschaft wieder bei ihrer Einheit ein. — In ähnliche Lage geriet ein Funktrupp, der einen vor geschobenen Stützpunkt dicht vor der feindlichen Hauptkampf, linie besetzt hatte. Als ein schneller Stellungswechsel not- - wendig wurde, konnte sich der aus einem Unteroffizier und vier Mann bestehende Trupp erst im letzten Augenblick vom Feinde lösen. Die fünf Nachrichtenmänner hatten mit ihren Fahr zeugen gerade den höchsten Punkt einer kahlen Höhe erreicht, da kreuzten mehrere sowjetische Panzer ihren Weg. Zum Un glück traten auch noch beim Funkwagen und beim Meldekrad Pannen ein. Obwohl die Fahrzeuge den Sowjets klare Ziele boten, verloren die Fahrer und Funker keine Minute ihre Nerven, sondern machten sich inmitten der feindlichen Panzer, die sich bereits bis auf hundert Meter genähert hatten, an die Reparatur ihrer Fahrzeuge. Im letzten Augenblick sprangen die Motoren wieder an, und — verfolgt von den heftig feuernden Sowjetpanzern — konnte der Trupp in rascher Fahrt die neue Stellung erreichen, sein wertvolles Spezial gerät bergen und Meldungen überbringen, die für die folgen den Gegenstöße wichtig waren. Stoßtrupp vor Leningrad. An der Front vor Leningrad führte eine deutsche Auf- klärungsabteilung m der Nacht zum 5. Aug. eine gewaltsame Erkundung durch. Nach Umgehen mhrerer feindlicher Vor- postcnstellungen bahnte sich der Stoßtrupp eine Gasse durch das von der bolschewistischen Kampflinie angelegte breite Minenfeld und arbeitete sich nahe an die Gräben der Sowjets heran. Durch ein Leuchtzeichen lösten unsere Soldaten einen Feuerschlag der Artillerie aus, drängten unter dem Schutz der Granaten in die feindlichen Linien ein, überrumpelten die Be satzung, rollten den Graben eine weite Strecke hin auf und fügten den Sowjets hohe Verluste zu. Ohne eigene Ausfälle kehrten sie dann mit guten Erkundungsergebnissen und reicher Beute in 'die Ausgangsstellungen zurück. Die Abteilung hat im Laufe der vergangenen Woche wiederholt feindliche Stoß- truppunternehmen vereiteln können, wobei die Bolschewisten ebenfalls empfindliche Verluste erlitten. Auszeichnungen für Hamburgs Hitlerjugend. Heber 200 Jungen und Mädel, Führer und Führerinnen der Hitlerjugend Hamburgs wurden für soldatische Haltung und unerschütterliche Hilfsbereitschaft bei den Terrorangriffen durch den Reichsjugendfllhrer und Gauleiter Kaufmann aus gezeichnet. Einige erhielten das EK. 2, andere das Kriegs verdienstkreuz 1. Klaffe und die meisten das Kriegsverdienst, kreuz 2. Klasse mit Schwertern. „Die Gewehre gegen de« Sutzere«Feinds Italien» innere Problem« habe« zurückzustehe». Der „Messaggevo* bringt unter der Uebevschrtst „Der Feind ist in Sizilien" einen Artikel, der den Widerstandswillen de« italienischen Volkes stärken will. In ihm heißt es: „Ver suchen wir in dem Wirbel des Augenblicks das Wesentliche, di« Substanz der Krise, die wir durchmachen, zu sehen. Man darf sich nicht etwa Täuschungen und Hoffnungen hingeben, man darf nur von einem Punkte sprechen und dieser lautet: Der Feind ist in Sizilien! Es ist unnütz nachzufovschen, wie und warum 'der Feind in unserem Hause ist, jedes Nachdenken da rüber läßt uns nur kostbare ZKt verlieren. Innere Pobleme haben unbedingt vor den äußeren zurückzustehen. Man hat nur nach vorn zu blicken — und vorn steht der Feind! Wer gegenüber den erklärten Absichten des Feindes die Augen ver schließt, kann nur ein Blinder sein, der sich selbst täuscht, oder ein Ätzender, der absichtlich die anderen täuscht. Es gibt kein« persönliche Freiheit ohne die Freiheit einer Gesamtheit. Die gemeinsanie Freiheit einer Nation ist nichts anderes als nativ- nale Unabhängigkeit. Niemand ist frei in einem Land, das nicht unabhängig ist, wie auch das Regime und die inneren Gesetz« sein mögen. Und nun ist gerade die nationale Unab hängigkeit in Gefahr. Die Haltung des Feindes wird nichl von Erwägungen bestimmt, ob und wie ein Wechsel in den Einrichtungen Italiens eintritt, sondern lediglich durch den Grad des Widerstandes, den man seinem Vordringen entgegen- setzt. Das Schwert des Hasses senkt sich nur vor dem Stolz und der Härte des Widerstandes. Darum, wollen wir unsere Ge- wehre gegen nichts anderes richten als gegen den äußeren Feind unserer Freiheit." . * USA.Stoßtrupp streckte die Waffen. An der Novdfront Siziliens beobachteten Sicherungsposten an der KUstenstraße im Morgengrauen des 29. Juli die An näherung novdamerikanischer Soldaten. Es handelte sich um einen aus etwa 50 Mann bestehenden Stoßtrupp, der sich zwi- scheu den. übermannshohen Rebstöcken eines Weinberges lang sam vorschob. Da die Posten dem Gegner zu stark unterlegen waren, holten sie sich noch acht Mann von einer im benach barten Olivenhain liegenden Kolonne zu Hilfe. Dann um stellten sie den Weinberg und nahmen ihn mit Maschinenge wehren und Maschinenpistolen unter Feuer. Schon nach den ersten Feuerstößen traten die Nordamerikaner mit erhobenen Händen aus ihrer Deckung hervor und gaben sich gefangen. Der gesamte Stoßtrupp mit allen seinen Waffen fiel in deutsche Hand. * Truppentransporter von über 20 0VV BRT. gesunken. Der größte frühere Fahrgastdampfer Schwedens, „Küngs- Hols", der im Dez. 1941 an die USA. verkauft wurde, ging im Nachschubdienst für Nordafrika verloren, wie aus dem Tele- gramm eines geretteten schwedischen Seemanns an seine El- tern in Goeteborg einwandfrei hervorgeht. Das Schiff war über 20 000 BRT. groß und hatte eine Geschwindigkeit von 18 Seemeilen. Die Amerikaner hatten es als Truppentrans- porter benutzt. Die Gegenoffensive der USA im Südpazifik In Tokio wird festgestellt: Als die amerikanischen Streit kräfte im Salomon-Archipel auf der Insel Rendova und auf Neu-Guinea landeten, kündigte die USA.-Regierung an, die Amerikaner würden sich durch ihre Gegenoffensive Munda, den japanischen Hauptstützpunkt in diesem Abschnitt, innerhalb einer Woche „schnappen". Als die Amerikaner jedoch auf un erwartet starken Widerstand stießen, war Marineminister Knox Dee vom Lonnabena 117 Sowietpanzer abgeschosse«. A« Mix» und a« mittlere» D»»ez scheitele» ört liche Angriffe der Sowjet«. Am oberen Donez »ad südwest lich Bjelgorod wurde» mit starke« Infanterie- und Pan zerverbänden geführte Angriffe de» Feinde» in harten, «ech- selvolle« Kämpfe» abgeschlagen. Schlachtfliegerverbände der Luftwaffe griffen im Tiefflug motorisierte feindlich« Truppen au, Kampf- und Sturzkampfgeschwader vernichteten über 100 mit Mannschaften beladene Fahrzeuge. 3m Abschnitt von Orel vereitelten unsere Truppen in harten Kämpfen, wirkungsvoll durch die Luftwaffe unterstützt, «eitere Durchbruchsversuche der Sowjets. Auch südwestlich Wjasma und südlich des Ladoga- see» zerbrachen alle Angriffe de» Feindes an der Abwehr, kraft der deutschen Truppen. Die Sowjet» verloren gestern an der Ostfront 117 Panzer. Auf Sizilien griff der Gegner an zwei Stellen der Front erfolglo» an. Er erlitt wiederum empfindliche Ver luste. Kampfverbände der Luftwaffe griffen mit guter Wir kung Schiffsziele im Seegebiet von Sizilien an. Ein Schwe rer Kreuzer und zwei größere Handelsschiffe wurden schwer getroffen. Britische Flugzeuge warfen in der vergangenen Nacht über Westdeutschland vereinzelt Bomben ohne Schaden. (Wiederholt, do in einem Teil der Sonnobendauslage nicht enthalten.) zu der kleinlauten Ausflucht gezwungen, es handele sich bei Munda nur um eine „lokale Aktion". Die USA. haben eine Gegenoffensive eingeleitet, bei der sie Menschen, Kriegsschiffe und Flugzeuge in Massen gegen die japanischen Vorposten stellungen im Südpazifik anrennen-ließen. Aber die Gegen offensive kam zu spät und erwies sich als sehr kostspielig. Die Strategie des Springens von Insel zu Insel, auf die man so große Hoffnungen setzte, hat einen Sturm der Entrüstung in der USA.-Presse ausgelöst, da schon für das unwesentlichste Vorrücken schwerste Opfer zu bringen waren. Sechs Monate lang hat Amerika Tausende von Soldaten und Flugzeugen sowie Dutzende wertvoller Kriegsschiffe und Transporter ge opfert, und dies nur, um dafür eine winzige Insel im Pazifik zu gewinnen. Nicht nur dieser, sondern jeder Angriff der Amerikaner gegen Japan muß, so erklärt man in Tokio, mit dem höchsten Preis an Menschen, Kriegsschiffen und Flug zeugen bezahlt werden. Je direkter die Angriffe, desto unge heurer die Verluste. Falls die Amerikaner heute noch glauben, mit ihrer Gegenoffensive etwas erreicht zu haben, brauchen sie nur auf die Landkarte zu sehen, um herauszufinden, wo ihre Streitkräfte im Pazifik vor einem halben Jahr standen und wo sie heute stehen. Der Krieg wird nicht mit Worten ge- wonnen, sondern mit harten Ergebnissen und nackten Tat sachen. — Der japanische Rundfunk bringt folgende Aeuße- rung des USA.-Marineministers Knox zu der Kampflage auf Neu-Georgien: „Wir müssen uns klar darüber sein, daß wir erst bei dem vorgelagerten Posten anklopfen. Obwohl wir bereits vier Wochen kämpfen, haben wir dort fast nichts er reicht. Hieraus ist deutlich zu ersehen, wie furchtbar hart- nackig der Widerstand der Japaner auf der Insel ist." * Steigende Ueberlegenheit. „Die japanische Luftwaffe ist", so wird in Tokio erklärt, „der gegnerischen überlegen. Das wird künftig in noch stär kerem Maße der Fall sein. Unsere FKeger zerstörten seit Ausbruch des Großasienkrieges in fünf Monaten Z^mal so viel feindliche Flugzeuge wie wir verloren. Vom Mai bis August 1942 sank die Mrhältniskurve auf 3:1. Vom Sept, bis Dez. 1942 stieg das Verhältnis wieder auf 8:1 an. Die Verhältniskurve wird bald weiter erheblich zu unseren Gun sten heraufschnellen." Der Markgraf rettet das Reich. Ludwig Wilhelm von Badens Kampf gegen den Halbmond. Als im Herbst 1683 die verbündeten Armeen den Kahlen berg erstiegen, nm als Entsatzheer die von den Türken belagerten Bewohner Wiens zu befreien, ritt an der Spitze seiner Kavallerieregimenter der achtuudzwanzigjährige Feld- marschalleutnant Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden. Hell leuchtet vom Hintergrund der Türkenkriege das Bild des Prinzen Engen, des edlen Ritters, aber nur selten wird des deutschen Fürsten gedacht, des „Türkenlonis", der sein Land verließ, um in der Stunde der höchsten Gefahr, die dem Deutschtum damals drohte, im Osten des Reiches zu kämpfen. Gab es doch, nach einem Ausspruch der Zeit, im Fall eines Tüvkensieges für unser Volk nur zwei Möglichkeiten: türkisch oder französisch zu werden. Entführung aus Paris. Geschlossen ziehen die Truppen auf den unwegsamen Pfaden der großen Hügelkette an Wiens Nordrand. Neben dem Markgrafeü reitet sein Schutzbefohlener: Eugen von Savoyen. Erst vor kurzem haben sich die Vettern kennen gelernt. Als drei Monate altes Kind ist Ludwig Wilhelm aus dem väterlichen Palast Lugens in Paris entführt worden. Seine Mutter, die Tochter einer Bouvbonin und des Prinzen von Savoyen, hat sich geweigert, nach vollzogener Ehe mit dem badischen Markgrafen Paris zu verlassen, und als der Sohn geboren, hat der Vater ihn heimlich nach Baden-Baden bringen lassen. Nun kann ihm Eugen von der Mutter erzählen, die er nie gesehen hat. Heiß fühlen die Reiter die Sonne brennen, wenn sie auf ihrem beschwerlichen Weg durch eine Lichtung kommen. Müh- sam werden die Abhänge erklommen; aber alle treibt der eine Wunsch vorwärts, Wien vor sich liegen zu sehen, Wien, die Grenzwacht im Osten, das letzte Bollwerk gegen di<> ein- dringcnde Flut wilder Horden. Lange kann Rüdiger von Starhemberg sich nicht mehr halten; es ist die höchste Zeit, daß endlich das Entsatzheer kommt; schon seit sechz^ Tagen wivd die Stadt belagert, mit Kanonenkugeln und Brand- Pfeilen beschossen. Endlich sind sie auf dem Gipfel angelangt. Dor ihnen liegt im Mittagsglanz die Kaisevstadt. Kegen Frankreich hatte Ludwig Wilhelm kämpfen wollen, als er mit neunzehn Jahren in das Reichsheer eintrat; nun hat ihn der Kaiser hier im Osten eingesetzt gegen die Türken und die Ungarn, die Ludwig XIV. aufgewiegelt hat, in der Erkenntnis, daß in einem Zweifrontenkrieg das Deutsche Reich am ehesten zu vernichten sei. Der Sonne»^j»ig ist sein Patenonkel: Was hat er davon gehabt? Die linksrheinischen Besitzungen wurden ihm durch die Munionskammern aenommen, als er, eben volljährig, zur Regierung gelangte.*Sein Einspruch im Reichs ¬ tag hat nur dieses erreicht, daß er sie als Vasall Frankreichs hat behalten dürfen. Die Schlacht auf dem Kahlenberg. Es wird vom Türkenlouis berichtet, daß er sich mit un ermüdlicher Ausdauer für ein von ihm einmal als richtig er kanntes Ziel eingesetzt hat. Es ist ihm klar, daß der Erobe rungswille Frankreichs gebrochen werden muß, wenn er seinem Lande der Friedensfürst werden soll, wie sein Vater in sei nem Testament gewünscht hat. Zuerst müssen die Grenzen des Reiches geschützt" werden, dann erst wird er an die Verwal tung seines Landes denken können. Als es Abend wird, hat das ganze Heer die Höhen des Kahlenberges erreicht, des „kahlen" Berges, der aber, nichts weniger als kahl, mit Bäumen bewachsen und von Schluchten durchzogen ist. Am nächsten Morgen soll die Schlacht beginnen. Fünf Kanonenschüsse verkünden in der Frühe des Wölften Sep tembers den Angriff. Unten steht di« Belagerungsarmee, vom Großvezier Kara Mustapha kommandiert. Der vertrant fest auf seine Uebermacht und wartet, bis die Deutschen vor der Stadt stehen. Ludwig Wilhelm ist auf dem linken Flügel, Eugen an seiner Seite. Durch die Weingärten Grinzings gehen sie fechtend vor. Mittags ist der Abstieg vollendet, der Vormarsch beginnt. Die Türken sind gezwungen, gegen zwei Fronten zu kämpfen: gegen die Belagerten und gegen die Befreier. In ihrem Lager weht die grüne Fahne des Propheten. Der An sturm der verbündeten Heere ist so groß, daß sie nicht stand- halten können. In wilder Flucht löst sich die große türkische Armee auf. Am Abend erhält der Markgraf den Befehl, sich mit seinen Regimentern am Schottentor einzufinden und die Türken aus den Laufgräben zu verjagen. Da» Problem der Bewegung. Wenn Marlborough später vom Türkenlouis sagt, er sei ein berühmter Heerführer > gewesen und Prinz Eugen ihn den bedeutendsten Feldherrn der Monarchie nennt, so verdankt er diesen Ruf seinem unermüdlichen Angriffsgeist, seiner Theorie, daß der Sieg in der immerwährenden Bewegung liege, daß man stets dann Erfolg habe, wenn man schnell und über raschend den Feind dort trifft, wo dieser am wenigsten ge sichert ist. Es ist ihm klar, daß es zu einer völligen Unterwerfung des Feindes nur dann kommen kann, wenn die Führung sich einig ist, die Kräfte nicht verzettelt werden. Aber davon ist es weit entfernt. Der Kaiser ist machtlos; Rangstreitigkeiten beherrschen die Kriegführung. Mit scharfen Worten berichtet Ludwig Wilhelm nach Wien und erhält nun selbst das Ober kommando. Die Genugtuung, die er darob empfindet, wird gestört durch die schlimmen Nachrichten von daheim. Während er im Osten kämpft, sind die Franzosen in sein Land einge- fallen. Mlac zieht mit seiner Armee sengend und plündernd durch die Pfalz! 1 Der Kaiser schreibt dem Markgrafen ein „Dankbriefl". Um dem Land aufzuhelfen, die Kassen wieder zu füllen, will er den Türkenlouis mit einer reichen Erbin verheiraten. In Lauenburg ist der Herzog gestorben, eine Erbfolgeregelung be ginnt, und die beiden Töchter erhalten große Vermögen und riesige Besitzungen in Böhmen. Zwischen zwei Feldzügen, im Jahre 1690, fährt Louis nach Raudnitz in Böhmen zur Brautwerbung. Er verlobt sich mit der jüngeren, Sybilla, obwohl man ihm ,/der Ordnung halber", die ältere vorgeschlagen hat. Als es schließlich so weit ist, wird die Hochzeit mit großem Glanz gefeiert. Siege für den „roten König". Ludwig Wilhelm hat es dem Kaiser nie verziehen, daß er nicht zu seinen Gunsten das Erbfolgexecht in Sachsen- l Lauenburg geregelt hat. Dieses ist erst im Jahre 1716 an Georg von Braunschweig-Lüneburg, den ersten englischen König aus dem Welfcnhaus, gefallen. Es ist das nicht dtzs einzige Mal gewesen, daß der Feldherr den berüchtigten Dank vom Hause Habsburg gespürt hat. Denn als einige Jahre später Johann Sobieski stirbt und ihm die Polen die Königswürde antragen, da hat Leopold auch dieses zu ver- hindern gewußt. Und doch hat Ludwig Wilhelm die Walachei, Serbien und Siebenbürgen für das Erzhaus zurückerobertl Bei Slankamen schlägt er wiederum entscheidend die Türken, die ihm in dreifacher U. vermacht und mit dreihundert franzö sischen Offizieren als Instrukteuren gegenüberstehen. Der „rote König", wie ihn die Türken seiner Dragoneruniform wegen nennen, kämpft immer in der vordersten Reihe, die Soldaten in Heller Begeisterung mit sich führend. Der Schöpfer des Reichsheeres. Die Heimat befindet sich seit drei Jahren im Kriege mit Frankreich. Als die Not am höchsten ist, gibt es nur eine Stimme: nicht nur die Fürsten, auch das Volk will den Tür kenlouis als Führer haben. So wird er der Reichsfeldherr und zum Schöpfer des Reichsheeres. Hat er im Osten im Bewegungskrieg die Armeen von Sieg zu Sieg geführt, so ist nun im Westen seine Aufgabe, in zäher Ausdauer Angriffe abzuweisen, mit kluger Geschicklichkeit die Absichten des Fein des zu verhindern. Noch einmal führt ihn das Schlachtenglück mit Eugen von Savoyen zusammen, diesmal im Verein mit Marlborough, der die holländisch-englischen Hilfstruppen be- fehligt. In der Schlacht am Schellenberg erzielt er den Erfolg oes Tages und erhält eine Wunde,-von der er nicht mehr ge nesen soll. Mit zweiundfünfzig Jahren stirbt er in dem eben erbauten Schloß von Rastatt. - Der Nachruf, den man am Todestage herausgegeben, nennt Ludwig Wilhelm einen großen Fürsten, einen Mann, der für die deutsche Einheit gekämpft hat, und schließt mit den Worten: „Da dieser Held ein Behältnis nach seinem Tode fordert, / So glaube, nichts sei dazu fähig als / Das Gedächt- nis Deutschlands." Dr. I. v. S.
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