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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 07.11.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-191211078
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19121107
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19121107
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Tageblatt
- Jahr1912
- Monat1912-11
- Tag1912-11-07
- Monat1912-11
- Jahr1912
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 07.11.1912
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betragen — Ein Kassenrauü wurde dieser Tage nachts auf dem Bahnhvs Potschappet verübt. Der Kassierer des Nachtdienstes der Fahrkartenausgabe wurde durch das Klirren einer Fensterscheibe aus seinem kurzen Schlummer geweckt. Er schaltete so fort das elektrische Licht ein und sah sich einem Menschen gegenüber, der ein Beil in der Hand hatte. Der unvermutete Anblick verwirrte den Eindring ling, sodaß er die Flucht ergriff, während der Kas sierer Hilfe herbeiholte. Der Dieb ist unter Zurück- M VM-SMU Roman von Henriette v. Meer hei mb. ^371 Nachdruck verdoten. „Soll ich Fräulein in einer Stunde aicha- len?" fragte di« Mamsell Fräulein Nadine. Sie blieb bescheiden an der Tür stehen und wickelte ihr-Schürzenband fest um ihren einen Finger. „Das- Schloß ist sehr groß, Fräulein könnten sich- verlaufen. Die Zimmer der Frau liegen rüsten rechts von der Halle. Die alte gnädige Frau wohnt im oberen Stock. Frau Gräfin kann jetzt keine Treppen steigen." Sie sprach von einem verrenkten Fuß, aber Nadine achtete kaum darauf. Ihr Zimmer hei melte sie so seltsam an. An den Wänden hingen einige leicht hingeworfene Aguarellskizzen, irgend eine märkische Landschaft darstellend. Mil we nigen Farben und einfachen Mitteln gaben sie den schwermütigen Reiz des flachen Landes sehr ansprechend wieder. Dazwischen erregten alte nachgedunkelte Kupferstiche italienischer Schule in schlichten Mahagonirahmen und goldenen Ro- fetteü in allen vier Ecken ihre Aufmerksamkeit. Der Efeu, der sich oom Fenster her über die Wände zog, bekränzte sämtliche Bilder mit sei- tten grünen Ranken. Eine Stüffelei »var dicht ans Fenster ge rückt. Auf dem Tisch vor dem Sofa lagen Bü cher, Bildermappen und Schreibutensilien. Da zwischen machte sich eine Wiener Kaffeemaschine breit, unter der noch ein blaues Spiritusflämm- chen flackerte. Obst, Kuchen, Butterbrot standen zierlich geordnet daneben. Wie wenn ein liebevoller Sinn, eine zart fürforgende Hand alles zum Empfang eines sehnsüchtig erwarteten Gastes vorbereitet hätte, sah es hier aus. „Wenn sie so gütig eine Fremde, eine die nende Person empfangen, müssen es gute Men schen sein, zu denen ich komme", dachte Nadine. Sie schenkte sich den starken Kaffee ein. Er belebte sie nach der langen, ermüdenden Reife. Sie fühlte sich bald wieder frisch genug, um'ih- ren Koffer auszupacken und ihr verstaubtes wol lenes Kleid mit einem aus leichtem blauen Mus selin zu vertauschen. Sie wußte, daß ihr dies laüuug des Beiles durch ein Kwsettfenster entwichen.. — Der Rat der Stadt Dresden hat beschlossen, das StadtkrankenhauS Friedrichstadt, das bereits seit, über 60 Jahren besteht, mit einem Kostenaufwand«! von 9 /, Millionen Mark umbauen zu lassen. Der! Umbau wird in drei Abschnitten so erfolgen, daß voraussichtlich der volle Betrieb aufrechlerhalten wer den kann. > - Arnsdorf bei Radeberg, 5. Nov Unter Zurücklassung vieler Schulden ist der hier wohnhaft Kleid mit der lockeren Bluse, die ein breiter, weißseidener Gürtel zusämmenfaßte, vorzüglich stand. Ihr lag viel daran, der Gräfin Lehmin zu gefallen. Sie stand noch am Fenster und sah in den Garten hinaus, als die Mamsell bereits klopfte, um sie hinabzuführen. ' Anne-Marie war immer noch an ihre Chaise longue gebannt. Ein überraschtes Erstaunen uralte sich eine Sekunde auf ihrem Gesicht, das sie der Eintretenden zuwandte. Diese reizende schlanke Mädchengestalt in dem duftigen blatz blauen Kleide, mit dem graziös geordneten locki gen Haar rmd den wundervollen Augen, die da vor ihr stand, sah sehr anders aus? wie die un beholfene, schlecht angezogene kleine Malerin, die sie zu sehen erwartete. Ihr Erstaunen verwandelte sich in einem leichten Aerger — sie wußte selber nicht recht, weshalb. Sie reichte darum auch Nadine nicht die Hand, sondern deutete nur auf einen Stuhl neben dem Ruhebett: „Ein unangenehmer Un fall beim Reiten fesselt mich schon seit Wochen an das Zimmer", sagte sie kühl. „Ich kann Sie darum auch nicht selbst meiner L-chwiegermutter vorstellen, Fräulein Holzinger. Mit der werden Sie hauptsächlich zu tun haben." „Hoffentlich haben Frau Gräfin keine Schmer zen zu leiden?" fragte Nadine. Das kalte, stolze Benehmen Anne-Maries schüchterte sie unwill kürlich ein. Sie hatte nach dem so liebevoll für sie vorbereiteten Zimmer einen herzlicheren Empfang erwartet. „Ich selber brauche, vor allein, wenn ich wieder k^rgestellt bin, weder Gesellschaft noch Bedienung", fuhr Anne-Marie schnell fort. „Aber Meine Schwiegermutter ist sehr an beides ge wöhnt. Ihre langjährige Gesellschafterin ist er krankt, darum mußte ich mich nach jemand um sehen, der jene vertritt. Sie können gut Fran zösisch sprechen?" „Die letzten fünf Jahre lebte ich in Paris, Frau Gräfin." »Ja — ja, das schrieben Sie mir. Und das Musterzeichnen wird Ihnen auch keine Schwie rigkeiten machen?" Nadine mutzte lächeln. „Professor Olhardt 'bildete mich im Malen aus." .gewesene Schmisdemeister Gehrisch seit einigen Tagen verschwunden. Ueber sein Vermögen wurde nunmehr , das Konkursverfahren eröffnet. Aus Verzweiflung darüber erhängte sich d'e einundzwanzigjährige Ehe- !frau des Berschmundenen. — Zittau, 5. Nov. In den preußischen Grenzorlen Großradisch und Thräna sind 80 Per sonen an Trichinenvergiftung erkrankt, mehrere da von schwer. Anne Marie wußte die Bedeutung dieser! Tatsache nicht zu würdigen. „Auf Malen kommt es uns nicht an, nur auf Spitzenmuster." I „Das ist sehr leicht. Ich habe viele alte Muster im Museum abgezeichnet. Damit haupt sächlich verdiente ich in letzter Zeit mein Brot, denn die Modejournale kaufen gern solche echte Spitzenmuster und bezahlen sie verhältnismäßig hoch." „Das ivird meine Schwiegermutter interes? fieren. Uebrigens kennt mein Mann Sie, Fräu lein Holzinger. Vor Jahren malte er auch ei nen Winter hindurch in Paris." „Paris ist sehr groß, Frau Gräfin und be sitzt zahllose Ateliers und Kunstschulen." „Er erinnerte sich aber genau Ihres Na mens von Professor Olhardts Atelier her." Nadine schüttelte den Kopf. „Ein Gras Leh- inin hat, solange ich bei Olhardt studierte, nie in dessen Atelier gemalt. Der Herr Graf mutz mich mit jemand anders verwechseln." „Mein Mann hieß damals noch Stechow", entgegnete Anne-Marie. „Er mutzte bei unserer Heirat meinen Namen annehmen — des Gutes wegen. Das ist Familienbestimmung." Nadine sah ihr eine Minute verwirrt ins Gesicht. „Ja", sagte sie dann langsam, „eines Herrn v. Stechow entsinne ich mich allerdings. Der nialte eine Zeitlang bei Professor Olhardt." „Mania — mach Bnbi die Tür auf!" Eine süße Stimme rief das, zwei kleine Händchen schlugen gegen das Holz. „Wollen Sie, bitte, dem Kind die Tür aus machen, Fräulein Holzinger", bat Anne-Marie. dtadine war bereits aufgestanden. Dev kleine Jobst, das ganze Schürzchen voll Feldblumen und ausgerissenen Kornähren, lies auf seine Mut ter zu. ' -- „Bubi ist geklettert!" berichtete er stolz. Na dine beachtete er in seinem Eiser gar nicht. „Auf einen großen Stein — und allein herun tergesprungen." „Das ist brav." Anne-Marie faßte das blonde Köpfchen und küßte die heiße Stirn.- „Bitte, setzen Sie den Kleinen auf meinen Schoß, Fräu lein Holzinger. Ich kann mich nicht herunter biegen, mein Fuß darf nicht gerührt werden. — So — danke!" « ° — Ilmenau, 5. Nov. Der Glasmacher Heinz beftwg, um in seine Wohnung zu gelangen, die seine Kinder von innen verschlossen hatten, eine Leiter. Dabei brach eine Sprosse, und der Mann stürzte so unglücklich ab, daß er das Genick brach und als bald starb. Das Unglück ist um so tragischer, als die Frau des plötzlich Verstorbenen krank in der Je naer Klinik liegt. Ein, Schauer durchlief Nadine, als sie die kleine leichte Gestalt aufhob — sein Kind! Die großen braunen Augen salstn sie voll an. Es waren Georgs Augen, die ihr aus dem süßen Kinberg esicht entgegenstrahlten. Einer un bezwinglichen Reg urig nachgebend, kniete sie vor dem Ruhebett hin und drückte die kleinen san digen Kinderhände, die immer noch die ausge Irisseuen Blumen sesthielten, an ihren Mund. . „Sie haben Kinder gern?" fragte Anne Marie wohlwollend. „Sehr — sehr. Und dieses ist so liebrei zend." „Nun, da wäre es mir ganz angenehm, wenn Sie ab und zu etwas mit dem Jungen spielen und ihm dabei etwas Französisch beibrin gen wollten." „Gern, Frau Gräfin." „Mein Mann ist auf die Jagd gegangen. Ich erwarte ihn erst spät zurück. Aber wenn Sie jetzt meine Schwiegermutter auffuchen möch teu, kann Bubi Ihnen den Weg zeigen. — Willst Du, mein Junge? Bring Fräulein Holzinger zur Großmama — ja?" Das Kind glitt gehorsam von ihrem Schoß herab. Nadine nahm die kleine weiche Hand in die ihre. „Das iit schön. Er scheint zu Ihnen Ver trauen zu haben. Sonst ist er gegen Fremde imnier sehr scheu. — Bring Großmama die hüb sehen Feldblumen, Jobst." Nadine war sroh, als sie Anne-Marie ver lassen konnte. Ihr war, als ob die Wände der Halle, die sie durchschritt, schwankten, der glatte Mosaikboden unter ihr sortgleite und sie ins Leere — Ungewisse hinunterfänke. Die Gräfin Lehmin war Georg Stechows Frau! Sie hielt sein Kind an der Hand! Konnte das Wahrheit sein, oder narrte sie ein Traum? „Tragmich!" bat der Kleine plötzlich. „Bubi ist müde/' Sie hob das Kind aus. Langsam stieg sie mit ihm die hohe steile Treppe empor. „Hier die Tür — da wohnt Großmama. Bubi klopfen." (Fortsetzung folgt.)
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