02-Zweites-Blatt Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 04.03.1913
- Titel
- 02-Zweites-Blatt
- Erscheinungsdatum
- 1913-03-04
- Sprache
- Deutsch
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- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Urheberrechtsschutz 1.0
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-19130304023
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- Saxonica
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- Parlamentsperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Tageblatt
- Jahr1913
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des Indischen Ozeans und in Asien mit Aus nähme von Persien, Arabien mid Kleinasien sichtbar sein wird. Die Finsternis beginnt 10 Uhr 16 Minuten Vormittags und ende! 3 Uhr 39 Minuten Nachmittags. — Das B ä ck e r g e w c r b e hat nach den Berichten einer ganzen Reihe sächsischer Bäcker Innungen über den Geschäftsgang im Jahre 1912 gegenwärtig ebenso wie die Fleischer eine Krise durchzumachen. Tie Gründe hierfür lie gen in der .Hauptsache in dem hohen Preis- slandc der zur Bäckerei benötigten Rohprodukte. Ferner macht sich eine Verdrängung des Klein Meisters durch das auch im Bäckergewerbe em porwachsende Großkapital bemerkbar. Eine Folge davon ist, daß das Brot immer mehr in Fabriken hergestellt wird. Die großen Konsum vereinsbäckcrcien tragen ebenfalls stark zur Ver drängung der mittelständischen Bäckereien bei. In Leipzig mußten z. B. 1912 nicht weniger als 32 Bäckereien ihren Betrieb wegen völliger und andauernder Unrentabilität einstellen. Eine andere bedenkliche Erscheinung ist die immer mehr zunehmende Beunruhigung des Gewerbes der Bäcker durch sozialdemokratische Einflüsse aus die Gehilfenschaft. — Der E i n z u g d e r D e u t s ch e n in Paris erfolgte am l. März vor 12 Jahren bei sonnigstem Wetter. Es dürfte interessant sein, zu erfahren, wer von den Teilnehmern am Einzug in Paris in Zwickau und Umgebung, Erzgebirge und Vogtland, noch am Leben ist. Ein Kriegsfreiwilliger von 1870- 71 hat die Anregung hierzu gegeben; die „Zwickauer Ztg." l)at derselben gern Folge geleistet und sieht dem Eingang von Adressen gern entgegen. Die Zei tungen werden um Abdruck dieser Notiz gebeten. Das Königreich Sachsen hat gegenwärtig 14 3 Städte. Davon besitzen 81 die revidierte Städleordnung, 62 die Städte ordnung für mittlere und kleinere Städte. Die größten Städte mit revidierter Städteordnung sind Leipzig (589 850 Einwohner), Dresden (546 882 Einwohner), Chemnitz (287 340 Ein wohner), Plauen (121 272 Einwohner), ihnen folgen Zwickau (73 542 Einw.), Zittau (37 084 Einw.). Die kleinsten Städte mit revidierter Städteordnung sind Sayda (1311 Einw.), Bern stadt (1435 Einw.) und Waldenburg (2817 Einw.). Die größten Städte mit Städtcordnung für mittlere und kleine Städte sind .Hartha (6253 Einw.), und Johanngeorgenstadt (6188 Einw.), die kleinsten sind Bärenstein (609 Einw.) und Unterwiesenthal (637 Einwohner). — Waldenburg, 2. März. Erhängt aufge funden wurde in ihrer Schlafstube die 78 Jahre alte Witwe Hertzsch geb. Geiler in Niederwinkel, die infolge längerer Krankheit und Schwermut ihrem Leben ein Ende gemacht hat. — Burgstädt, 2. März. Einen Umzug ohne Wissen und Willen des Mieters hatte ein Schwind ler in Szene zu setzen versucht. Er war zunächst zu der in hiesiger Gärtnerstraße wohnenden Bahn- beamtenSehcfrau S. gekommen, hatte sich als Mit arbeiter ihres Ehemannes auSgegeben und darauf hin 5 Mark zu leihen versucht. Weil er den ge wünschten Betrag nicht erhalten hatte, war er zum nächsten Spediteur gegangen und hatte einen Möbelwagen vor die Wohnung des Bahnbeamten S. bestellt. Der Wagen war auch vorgesahren, mußte aber, nachdem sich der Schwindel aufgeklärt hatte, leer wieder von dannen ziehen. Beim Spediteur, wo der Schwindler im Anschluß an den in Auftrag gegebenen Möbeltransport sich ebenfalls 5 Mark pumpen wollte, hat er auch kein Glück gehabt. Die Person des Schwindlers hat die Polizei bereits festgestellt. Buchholz i. E., 2. März. Bor Schreck gestorben ist die 63 Jahre alte Fra« Püschel aus KleinrückerSwalde. Ein Herzschlag setzte ihrem Leben ein Ziel, als sie die unerwartete Nachricht von dem Tode ihrer Tochter erhielt. — Mehltheuer, 2. März. Die „teure Mehl bahn" wurde früher die Eisenbahn von Weida nach Mehltheuer genannt. Jetzt hat sich der Verkehr aus der Strecke so gut entwickelt, daß sie zweigleisig ausgebaut werden soll. — Crimmitschau, 2. März. Der sozial demokratische Abgeordnete Fleißner - Dresden wurde wegen eines Artikels in der „Dresdner Volkszeitung", in dem er dem Crimmitschauer Gewerbegericht den Borwurf der Parteilichkeit gemacht hatte, zu 750 Mark Geldstrafe verurteilt. — ZWilkair, 2. März. Der 17jährige GutS- besitzerSsohn Paul Günther aus Auerbach bei Zwickau- wurde beim Ausreiten von dem scheuen Pferde abgeworfen und stürzte so unglücklich, daß er einige Tage später im hiesigen Krankenstift starb. — Werber von Bergleuten für daS Ruhrrevier sind im hiesigen Kohlenrevier wieder eifrig am Werk. Gestern verließen wieder etwa 25 Bergleute, zum Teil mit Familie, unsere Stadt, um nach dem Ruhrrevier überzusiedeln. Der größte Teil der Abwandernden findet Arbeit auf der Zeche „Kronprinz" bei Mül heim a. Ruhr. Am nächsten Donnerstag fährt abermals ein Trupp Bergleute nach dem Ruhr revier ab. — Plauen i. V-, 2. März. König Friedrich August hat den Lokomotivführer Hermann Morgner auS Reichenbach begnadigt. Morgner war, wie man sich erinnern wird, am 28. September 1912 im Zusammenhang mit dem Gaschwitzer Eisenbahnun glück vom 19. Juni 1912, bei welchem drei Per sonen getötet und eine Anzahl zum Teil schwer verletzt wurdeu, zu einem Jahr drei Monaten Ge fängnis verurteilt worden. Der Rest der Strafe ist ihm also jetzt erlassen. — Dresden, 2. März. Aus dem Stadt- - krankenhaus Dresden-Johannstadt entwichen ist der am 14. Februar 1890 in Ottawa (Kanada) geborene Louis Solek, der sich wegen des au seiner Ehefrau versuchten Mordes in Untersuchungshaft befand. Sotek verübte am 29. November v. I. in einer Fremdenpension auf der Christianstraße ein aufsehen erregendes Rcoolverattentat, wobei er »iche nur seine Fran durch Schüsse in Kopf und Brust schiver verletzte, sondern auch dem 11 Jahre alten Sohne der Pensionsinhaberin eine erhebliche Schußwunde am rechten Oberschenkel zufügte. Wohin sich der Flüchtling gewendet hat, darüber fehlt noch jede Spur. Er dürfte Helfershelfer gehabt h-ben. — Nosten, 2. März. DaS Stadtverordneten - kollegium beschloß einstimmig den RathauSneubau mit einem Kostenaufwand von 105000 Mark. Mit dem Bau soll tunlichst bereits am 1. April begon nen werden. — Groitzsch, 2. März. Die in den hiesigen Schuhfabriken streikenden etwa .500 Arbeiter be schlossen, den Ausstand fortzusctzcn. Es dürfte somit mit einem längeren Streike zu rechnen sein. — Riesa, 2. März. Eine Kaserne unter dem Hammer ist gewiß nichts Alltägliches. Nicht geringes Aufsehen erregt deshalb eine Veröffentlichung des Amtsgerichts Riesa, wonach die vor etwa 20 Jahren vom Baumeister Wenzel in Leipzig erbaute, von der zweiten Abteilung der 68er Artillerie belegte Kaserne an der Poppitzer Straße am 11 April d. I. im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert werden soll Das Gebäude ist aus rund 328 700 Mark geschätzt, die Brandoersicherungssumme beträgt 254 110 Mark. Meisten, 2. März. Das Opfer eines f-kmbausafles wurde Sonnabend nachmittag' gegen) 3 Uhr bei Ktrschla der Vorarbeiter Hanke aus Neumohlis. Der Henke ist bei der Firma Emst Teichert, Ofen- und Porzellan sabrik in Meißen, beschäftigt und war beauf tragt, etwa IlM Ml. zur LohuzMung mach den Lonschächten der Firma bei kKaschka zu dringen. Als er seinen Auftrag -bereits zum Teil ausgcführt. hatten gesellte sich bei dem so- genannten Sauloch, emcm Wäldchen auf Kosch- kaer Flur, der Arbeiter Kurl Lehmann zu ihm, der bis vor 14 Tagen gleichfalls auf einem der Tausch ächte gearbeitet hatte. Lehmann un terhielt sich mit Henke und feuerte plötzlich auf den Nichtsahnenden vier Revolverschüsse ab. Als diese den beabsichtigten Zweck nicht erfüllten, zog Lehmann ein Taschenmesser hervor und stürzte sich damit aus Henke. Ein heftiger Kamps ent spann sich, in dem schließlich der alte Mann, an Kopf und HändenZchwer verletzt, unterlag. Der Räuber bemächtigte sich des- Geldes, das Henke noch bei sich hatte, und entfloh. Der Schwerver letzte vermockste sich noch ein« Strecke fortzu schleppen. Schließlich wurde ihm Hilfe durch Arbeiter zuteil, die ach seine Rufe herbeikamen. Er wurde nach dem Ländlichen Krankenhaus« in Meißen geschafft rmd befindet sich in Lebens gefahr. Der Täter wurde noch gestern abend verhaftet. Henke hat ihn den auffindenden Ar-- beitern nennen können, worauf diese die Meitz ner Polizei benachrichtigten, der es bereits gegen 7 Uhr gelang, Lehmcmn ausfindig zu. machen. Er hatte von dem geraubten Geld« gegen 50 Matt bei sich, über 200 Mark hatte er im. Stadtparke vergraben. Lehmann ist 1887 in Meißen geboren und hatte sich vor einigen Mo naten verheiratet, lebte aber von seiner Frau getrennt und wohnte zuletzt bei seiner Mutter in Niederwiesa. - Zittau, 2. März. Dcr43jährige Ardei ter Paul Krause aus Großporirsch wurde in der Sandgrube desGutsdesitzers Emil -Härtelt aus Kleinschönauer Mur von einer niederbrechenden Erdwand verschüttet. Das fünfjährige Töchter chen des Mannes, das Zeuge des Unglücks war, versuchte vergeblich, mit feiner kleinen Schippe den Batcr zu befreien. Auf sein Geschrei- eilten Leute herbei, die den Arbeiter aber mir noch als Leickv bergen konnten. Der Tod tvav durch Ersticken emgetrcten. Krause hinterläßt eins Witwe und drei unversorgte Kinder. Neuestes oom Lage. * D e r m i ß l n n g c n e T r i ck. Nacksts^ drangen Einbrecher in die Bureaus des Ma schinenfabrikanten Turner in der Rue Jeanne Hachettc in Ivry bei Paris ein und bemach--' tigten sich des eisernen Gcldschranles, den sie nach der benachbarten Rue Parmentier schlepp teil. Dort versuchten sie ihn mit besonderen dazu mitgcbrachten Werkzeugen zu öffnen. Durch das dabei entstandene Geräusch wurde ein An wohner wach. Er öffnete das Fenftcr und schoß auf das Geratewohl nach den Leuten lyn/ diese aber antworteten kaltblütig : „-Schießen Sic doch nicht, wir driirgen nur einen Karne rüden- nach Haufe, der sternhagel betruirken ist", und schnell batten sie iyre Mäntel über den „Kaineraden" geworfen. Ter Nachbar schlug jedoch Lärmi, und so sahen sich die beiden Gau ner genötigt, ihren „armen betrunkenen Kame raden" seinem Schicksal zu überlassen und zu ihrer eigenen Sicherheit das Weite zu 'suchen. Später fand man den Geldschrank mitten aus der Straße stehen. * Po in E h e m ann i in Backofen verbrannt. In der Backstube des Bäckers Kwiotkowsky in Warschau spielte sich nachts ein entsetzlicher Vorgang ab. Der Bäckermeister, der erst Weihnachten die bildhübsche Tochter eines Baumeisters geheiratet hatte, war aus seine junge Gatty, eifersüchtig. Sein Argwohn stieg, als sie ihm mitteilte, daß sie sich Mutter fühle, und er beschloß, sie zu ermorden. Er holte., aus seiner an die Backstube grenzenden Wohnung seine schlafende Gattin aus ihrem Bett, warf si«, noch ehe er diaran gehindert wer den konnte, in den glühenden Backofen und be drohte seine Gesellen mit einem Revolver, wenn einer es wagen sollte, seine Frau aus den Ofen zu ziehen. Bis einer der Gesellen die Polizei herbeigeholk hatte, war der Körper der un glücklichen Frau bereits vollständig verkohlt. Ihr Mann ließ sich ruhig festnehmen, zeigte kein« Reue und erklärte, er habe die Schreckens tat aus Eifersuckst begangen. Handel nutz Gewerbe. Vhemvitzer Bankverein. Der in» abgelaufenen Jahre erzielte Umsatz besrug aus einer Seite des Hauptbuches 1E-046 102 Mk. (1 809 882 543 Mk.). Es ergibt sich ein Reingewinn von 1 414 775 Mk. (1 507 272 Mk.), woraus eine Dividende von 6, Prozent (5 Prozent) verteilt werden soll. Dem 2. -Reservefonds werden 150 000 Mk. (100 000 Mk.), der Grundstücksreserve 50 000 (wie i. D.) überwiesen. Als Tantiemen werden 133 318 Mk. (77 822 Mk.) verteilt und 181456 Mk. (140 119 Mk.) auf neue Rechnung vorgc trogen. Zu dem Ergebnis führt der Berich! u. a. aus: Unter den ungünstigsten Verhältnis sen traten »vir in das Jahr 1912 ein, in dessen ersten, Tagen uns die Nachricht von dem Zu -sammenbruch der Vereins bank in Dippoldiswalde traf. Aber der Umstand, daß wir di? uns durch die Kapitalserhohung zuzeflossenen neuen Mittel weniger zur Erweiterung unseres Geschäftsum langes, als zur Erhöhung der Flüssigkeit unserer Aktiva trennende! hatten, bewährte sich ausge zeichnet. Mit Leichtigkeit konnten wir den au ßergewöhnlichen Ansprüchen an unsere Kassen -genügen und nicht zum wenigsten haben wir es Lisser. Tatsache zu verdanken, daß man sehr bald dir Haltlosigkeit der über unser Institut im Anschluß an di« Vorgänge in Dippoldiswalde in Um laus gesetzten Aeußcrnugcu erkannte. Im merhin Hal die vorübergehende Stagnation un -ser Geschästsergcbniü ungünstig beeinflußt. Uebe, die Höhe unseres endgültigen Ausfalles an der Geschäftsverbindung mit der Vereinsbank in Dippoldiswalde sind bestimmte Angaben noch nicht möglich: cs steht jedoch scft, daß unsere Rückstellung weit über den zu erwartenden Vor tust chinausgcht, so daß der vorgesehene Betrag gieichzeirig ein« nicht rmdeträchtliche fülle Konto korrent Reservr bildet. Auch die äußeren Ein Msse waren nicht dazu angetan, die Unter nennungolus! zu fördern, und als mit Beginn des Krieges auf dem Ballan die Gefahr ernster Differenzen zwischen den europäischen Gros; Mächten auftauchte, nahm die Nervosität des Pudlitruns vielfach bedenkliche Dimensionen an, wovon die Angstentnahmcn bei den Sparkassen und die Sucht, bares Geld in persönlichen Ver wahr zu- nehm?», beredtes Zeugnis ab legten. ZS We M Ml! Originalroman von H. C o u r t h s - Mahler. 76! (Nachdruck verboten.) Trotz vieler Schmerzen beendete die Fürstin ihre Toilette und ließ sich dann in das Neben zimmer führen. Sic vermochte sich kaum so weit zu schleppen. Aechzend ü, den Sessel vor dem Kamin salleird, ließ sie sich ein Kursbuch bringen. Gegen acht Uhr ging ein Zug, und dann einer um zwölf Uhr. Jetzt war es halb zwölf Uhr. Wenn Sonja früh den ersten Zug nicht erreicht hätte, dann mußte sic mit den, um zwölf Uhr fahren, dann war es noch möglich, sie zu erreichen, ehe sic abreistc. „Meinen Wagen, schnell." „Eure Durchlaucht wollen dock, nicht " „Vorwärts, meinen Wagen", winkte die Fürstin hastig und ungeduldig. Sie erhob sich mit Mühe, es ging sehr schlecht. Mit einem Schmerzenslaut sank sie wieder in den Sessel zurück. In diesem Augenblick wurde ihr Nikita Ar ganoff gemeldet. Maria Petrowna atmete erlöst auf. Das roar HUfe in der Not. AIS er eintral, streckte sie ihm stehend die Hände entgegen. „Sie sendet mir der Himmel, Nikita." „Was ist geschehen, durchlauchtigste Tante?" fragte Arganoss betroffen. „Fragen Sie jetzt nicht — später, Nikita. Unten steht mein Wagen, bitte, fahren Sic so fort zum Bahnhof. Und um zwölf Uhr geht ein Zu^ nach Berlin. Vielleicht finden Sie dort — Fräulein Roschnow. Eilen Sie, sic dars nicht abreisen. Bringen Sie mir das Kind wie der, sagen Sic ihr, ich fleh« sie an, zu mir zu rückzukommen. Verhindern Sie um jeden Preis ihre Abreise, wenn sie nicht schon erfolgt ist." Nikita starrte die Fürstin erblassend an. „Was ist mit Sonja?" stieß er fassungslos izervor, nicht daraus achtend, daß er sich verriet. Sie bemerkte cs in der Erregung gar nicht. „Später — alles später — eilen Sie, sonst ist -s zu spät'" ries sie beschwörend. Nikita verstand und begriff nur «ins: Sonja wollte fort; es mußte ihr etwas geschehen sein. Mit blassem Gesicht stürmte er zur Tür hinaus und warf sich unten in den eben vorfahrenden Wagen. Auf dein Bahnhof angekommen, suchte er den ganzen, zur Abfahrt bereitslelywdcn Zug ab: von Sonja war keine Spur zu finden. Diese hatte den Frühzug bereits benutzt und war schon weit von Petersburg entfernt. Nikita mutzte den Zug adfahren sehen und wußte nun, daß sich Sonja nicht dannnen be funden hatte. Er trat an einen Beamten heran, beschrieb ibm Sonja und fragte, ihm ein Geldstück in die Hand drückend, ob er ein« Dame von diesem Aussehen auf dem Bahnhof heute bemerkt hätte. Als Nikita das goldene Haar beschrieb, nickte der Beamte hastig; und Sonjas Signale ment vervollständigend, behauptete er bestimmt und der Wahrheit gemäß, daß diese jmrge Dame mit dem Frühzug in einem Abteil zweiter Klasse abgcreist sei. Das Herz voll Unruhe, jagte Arganofs nach dem Palais zurück. Dort wartete Mana Petrowna voll Sorge auf ihn. Als er ihr meldete, was er in Erfah rung gebracht hatte, da weinte sie. Das brachte Arganofs vollende um den Nest seiner Ruhe. „Was ist mit Sonja; ich muß wissen, was mit ihr geschehen ist? Bitte, sagen Sic es mir, durchlauchtigste Tante. Ich muß es wissen!" rief er außer sich. Da hob sich die Fürstin mit einem betroffen forschenden Blick das Gesicht zu ihm empor. „Nikita, was ist Ihnen, was erregt Sie so sehr? Sie sind außer sich vor Unruhe und Angst. Was ist Ihnen Sonja?" Er zuckle zusammen. Erst jetzt wurde ihm bewußt, daß er sich verraten hatte. Aber mit. «irrem stolzen, offenen Blick hob er den Kopf. „Was sic mir ist? Ach — eigentlich dürft« sie mir nichts sein. Aber das Herz fragt nicht danach. Sie ist mir alles. Ja, durchlauchtigste Tante — do ich mich in meiner Aufregung urn sie verraten habe, will ich nichts leugnen. Ich brauche mich dieses Gefühls nicht zu schämen, denn cs ist lauter und rein, wie Sonja selbst. Kein Wort der Lieb« ist über meine Lippen ge kommen, trotzdem ich weiß, daß auch sie mich liebt. Wir wußten beide, ohne daß es ausge sprochcn wurde, daß wir entsagen mutzten. ES wäre auch jetzt nichts von mir gesagt worden^ aber die Erregung riß mich hin. Und wenn Sonja Roschnow auch niemals dir Meine wer den kann, weil ich zu arm bin, eine arme Frau zu l)ciraten, so berechtigt mich meine Liebe doch, ihr beizustehen, iv-rm sic meiner Hilfe bedarf. Und nun foltern Sie mich nicht länger: sagen Sie mir, , was geschehen ist." lieber Maria Petrownas Gesicht flog bei seinen.Worten ein freudiger Schein. Sic faßte seine Händc. „Nikita — ist es wahr - Sie lieben Sonja und werden wicdergelicdt?" ,Lo — ich glaube, ich kann mich für ihr Herz verbürgen, wie für das meine." „Oh, dann tonimt sic mir zurück, daun halte ich sie mit ihrem Herzen hier fest? Kommen Sie, Nikita, setzen Sie sich zu mir und beruhigen Sic sich erst. Kein Unglück ist Sonja widerfahren. Mich beuunchigt nur, daß sie allein die weite Reise unternommen hat. Aber sie ist nun ein mal fort und wir müssen sie Gottes Schutz cm- verkraum." „Ach, damit kann und will ich mich nicht beruhigen. Warum reiste sie so plötzlich ab? Es muß doch etwas czelchehen sein", erwiderte Arganofs unruhig. s ,La, Nikita - es ist etwas geschehen, aber nichts, was Ihnen Grund zu Sorg« rmd Angst gibt. Bitte, , hören Sic mich ruhig an. Ihre Erklärung, daß Sie Sonja lieben, und von ihr geliebt werden, erfüllt mich mit heißer Freude. Ja - sehen Sie. mich nur. nicht so zweifelnd an. Seit langen Jahren ist mir keine so reine und große Freude.zuteil -geworden, als diese. Und haben Sie mir. bisher schon nahe, sehr nah« ge standen, so.ftnd^ Sie mir dadurch noch viel nä her gerückt. ..Und ich will nicht, zögern, Ihnen alles zu erklären- wenn ich Sic auch damit in ein Stück, dunkle, und leidvolle Geschichte unseres Hauses einweihen muß. Auch .ich habe Lüt volle Erklärung erst diesen. Morgen'schalten.. Sie ha ben gehört,- daß mein Sohn Lleran-deck iruLeutsch- land einen -frühen Tod fand, nicht wahr?" Arganofs sah üe erstaunt an und nahm ihr gegenüber Platz. „Ja, das habe ich von Onte!' Wladimir ge hört. Fürst Alexander ertrank in einem See in Deutschland, und seine Leiche ist nie geborgen worden. Aber was Hai dies mit Sonja zu ttm?" - Maria Petrowim stützte sich emporribhtend auf die Lehne ihres Sessels und sah ihn mit eincni seltsam erregten 'Blick an. „Das .sollen Sie hören, Nikita. Sonja ' ist - die Tochter meines verstorbenen Sohnes sein« rechtmäßige legitime Tochter." Arganosf sprang erschrocken empor. „Nein — das ist doch nicht möglich! Fürs! Alexander starb doch nnvermählt", ries er zwei sclnd. „So dachten wir alle, Nikita. Aber seit Heuke morgen wciß ich, daß wir uns in einem Irrtum befanden — o mein Gott — in welch eineni Irrtum! Und lum können Sic sich auch wohl meine Erregung vorstellcn, Sonja, die ick, unbewußt schon immer liebte, die mir ein Zu fall in den Weg führte, ist meine Enkelin; und sie weiß es seit gestern abend und ist, ohne mich danach wiedcrgeschen zu haben, entflohen.--Aber ich kann Ihnen das alles nicht besser erklären, als wenn ich Ihnen die aufklärendcn Schrift stücke zur Einsicht gebe. Bitte, reichen Sie mir die Schatulle herüber, die dort auf dem ^isch chcn steht. So, ich danke. Und nun setzen Sie sich und lesen Sic zuerst einmal Sonjas Briel und dann die Aufzeichnungen ihrer Mutter, dann wird Ihnen alles klar sein. Aber zuvor geben Sie mir Ihr Ehrenwort, über das, was Sie erfahren werden, zu schweigen." Graf Arganofs vermochte kaum seine Ei regung zu zügeln. „Sie haben mein Ehrenwort, durchlauchtigste Tante", sagte er heiser. Und dann faßte er nach dc» Schriftftücken, die ihm Maria Petrowna reichte. „Lefen Sie, Nikita. Und ich will inzwischen llgchsinnen, wie wir unseren lieben Flüchtling wieder einfangen", sagte diese dabei (Fortsetzung folgt.)
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