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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger : 16.04.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-04-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841112631-192804167
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841112631-19280416
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841112631-19280416
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1928
- Monat1928-04
- Tag1928-04-16
- Monat1928-04
- Jahr1928
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Aufblick. Aufwärts, Seele, mutzt du blicken. Wenn es unten trübe wird, Wenn dich finstre Nebel drucken. Eich Lein Weg in Nacht verliert. Auswärts, Seele, mutzt du schauen, Wenn es dir an Licht gebricht, Aufwärts, aufwärts voll Vertrauen, Denn von oben kommt das Licht. Höher suche deine Wonne, Als im Dunstkreis dieser Welt: Ueber Wolken steht die Sonne, Ueber Nebeldunst ihr Zelt. Doch die Wolke selbst wird Regen Und erhebt der Blume Haupt; Auch der Schmerz hat seinen Segen Für das Herz, das hofft und glaubt. C. I. P h i li p p S p i t t a. Davss. Don Gustas Christian Nassy. - (Nachdruck verboten.) Erste blasse Morgenfrühe. Die kleine Rhätische Bahn hält in Davos, Ein einzelner Mann steigt heraus, blaß. elend, fröstelnd, sieht sich fragend um, zieht den Mantel fester, klappt den Kragen hoch. Ein Grauen packt ihn. Davos — die Totenstadt, letzte Zuflucht der Gezeich neten. Wozu das alles! Was soll die Trennung von Freund, von Bruder, Schwester — Weib und Kind? Das Leben ist verpfuscht, die Kraft verbraucht. Noch ein paar Wochen — dann den anderen nach, die drauhen fielen oder in Lazaretten ein rasches Ende fanden. Der Zug fährt weiter. Er sieht ihm nach . Mitfahren nach Süden, wo die Sonne wärmt, Städte, Länder, Menschen sehen. Das Leben austrinken, bis der Becher der müden Fieberhand entfällt. Das hätte Sinn. Doch hier? Im Bett oder auf dem Liegestuhl warten, bis die Maschine steht — dann eingescharrt werden neben den Vielen, ach so Vielen, die hier Genesung suchten?! — Ein breiter, stämmiger Kerl in Hoteluniform tritt auf ihn zu, zieht die Mütze und sagt: „Sind Sie der Neue fürs Krieger kurhaus?" — „Ja!" — „Na, dann steigen S' hier nur ein; aber decken S' gut zu, 's ist fei kalt heit früh." Neben dem Bahnhof steht ein Jagdwagen. Er steigt mechanisch ein, wird zugedeckt und dann rollt der Wagen davon. Ueber einem Gletscher steigt die Sonne herauf und malt rote Tupfen auf die Gipfel ringsum. Der Weg geht bergan, der Wagen fährt langsamer und hält schließlich vor einem großen, langgestreckten Hause. Es ist das Krie gerheim. Eine Schwester steht in der Tür und nimmt den Müden in Empfang. Sie kennt ihn schon, nennt seinen Namen und stellt ihm die Berge in der weiten Runde vor, die wie von inwendigem Feuer brennen. „Der Große da — das ist das Tinzenhorn, da drüben die Schiahörner und dort die steile Wand mit all' den Riffen, das ist das Rhätikon, und nun kommen S' rein, daß ich Ihnen was zum Essen gebe und Ihr Bett ist auch schon gemacht." Ein behagliches Helles Zimmer, weißes Bett, freundliche Gardinen, ein paar Bilder, Tisch, Schrank und Stuhl. Er setzt sich hin, ißt wenig und legt sich ins Bett. Müde, tod müde und merkt nicht, daß die Schwester alle Stunde nach ihm sieht, daß der Arzt kommt, schläft traumlos bis zum nächsten Morgen. Gegen 9 Uhr klopft es, und herein kommt der Mann im weißen Kittel mit dem Stethoskop in der Brusttasche, ver neigt sich „Dr. Burthart!" und beginnt eine Unterhaltung, in der das Wort Krankheit gar nicht vorkommt, spricht von Spengler und erzählt, daß am gestrigen Abend ein Brahms- konzert gespielt worden sei. So ganz beiläufig bittet er, zur Untersuchung zu kommen. Dann wird's wieder still. Die Fenster stehen weit offen. Blauer Himmel, weiße Berge, von den Almen die Glocken der weidenden Herde. Die Untersuchung ist überstanden. Er mutz drei Tage im Bett bleiben und darf dann auf die Liegehalle gehen. Der erste Gang dahin etwas beklommen. Entsetzlich, mit lauter kranken Menschen zusammen zu sein! Aber die Kerle sind braun wie Mulatten und fidel wie weiland im Unterstand. Der Neue wird übergeschluckt und ist rasch zum würdigen Mitglied des ritterlichen Ordens geworden. Er wollte in Verbitterung sein Geschick vis zum Ende tragen; nun muß er lachen, daß ihm die Tränen über die Backen laufen. Links neben ihm liegt ein Herr Major, der die ergötzlichsten Geschichten aus seiner Leutnantszeit erzählt, und all seine Histörchen sind mir schönen Damen anmutig verbrämt. Der Nebenmann rechts ist Philologe und be nutzt seine Bildung dazu, die ganze deutsche Literatur durch den Kakao zu ziehen. Ein kleiner Sachse, der nicht liegen kann (mir Sachsen sinn zu bewäglich!) hält Wandervor träge, gegen die Hans Reimanns Miniaturen Bettel suppen sind. In einiger Entfernung konstruiert ein Jurist die unsinnigsten Rechtsfälle, und wenn er sein Plädoyer geendet hat, klingelt er nach der Schwester, daß sie ihm Stärkung bringe, und der Kerl kriegt sie auch. Weiß der Teufel, weshalb! Die Zeit bis zum gemeinsamen Mittagessen im großen Speisesaal vergeht rasch. Man zieht sich um und erscheint mit einem Löwenhunger. Der Chef ist wahrhaft tolerant. Wer Appetit hat, darf sich auf eigene Kosten für 50 Rappen ein Elas dunkelblütigen Veltiner kommen lassen. Fröh liche Gespräche, hier und da ernste Unterhaltung, das Ganze eine festliche Tafel. In welchem Kriegersanatorium gibt es weiße Damasttischtücher und silbernes Eßgeschirr! Hier ist es Selbstverständlichkeit. Nach dem Essen zerstreut sich Lie große Gesellschaft. Etliche gehen vor dem Hause in der warmen Sonne auf und ab, andere spielen Schach auf den Zimmern, und die unverbesserlichen Raucher steigen auf das Sonnenbad, das oben auf dem Dach eingerichtet ist, und versündigen sich mit einer Zigarre an der Hausord nung. Um 2 Uhr schellt es durch das ganze Haus zur Liegekur. Die Jalousien sind Heruntergelaffen, und im Schatten wird ein Schläfchen gehalten oder gelesen, bis es um 4 Uhr abermals klingelt. Dann kommt Bewegung in die Menge. Die Ausgangszeit beginnt, und jede Minute ist kostbar. Man ist ja jo fern vom eigentlichen Leben, und der Einkauf einer Rasierklinge oder einer neuen Zahnbürste ist hier von allergrößter Bedeutung. Vor allen Dingen — man sieht wieder andere Menschen, Mädchen mit schönen Fesseln und interessanten Garderoben, Schaufenster und Buchhandlungen! Um 6 Uhr ist alles wieder zur Stelle. Still legt sich jeder auf seinen Stuhl. Die Sonne versinkt hinter den Schiahörnern, Schatten steigen aus dem Tal, die Berg- massive stehen wie Silhouetten gegen den Horizont, und durch die Stille, die kein Wort zerstört, rauscht über Land wasser, der nimmermüde Gebirgsbach. „Gelassen stieg die Nacht ans Land, Lehnt träumend an der Berge Wand, Ihr Auge sieht die Wage nun Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn; Und kecker rauschen die Quellen hervor, Und singen der Mutter, der Nacht, ins Ohr Vom Tage, Vom heute gewesenen Tage." Die blaue Stunde! In der Ferne ein Licht, das täglich an der gleichen Stelle aufleuchtet und langsam näher kommt: das Zügle, das nach Norden, nach der Heimat fährt, und die Gedanken gehen mit, jeden Abend. Man zählt die Wochen, die Stunden bis zur eigenen Abreise. Ruhig veratmet der Tag. Mond und Sterne ziehn herauf, leuchten silbern aut den weißen Gipfeln. Seelen tasten durch den Raum, halten sich umfangen in der tiefen Stille, und die kranken Menschen ruhn wie Kinder aus in Gottes Mantel. Sinnsprüche. Schick dich in die Welt hinein, Denn dein Kopf ist viel zu klein, Daß sich schick' die Welt hineip. * Wo man singet, laß dich ruhig nieder, Ohne Furcht, was man im Lande glaubt. Wo man singet, wird kein Mensch beraubt; Böse Menschen haben keine Lieder.
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