167 6^ „Ja, Stcltcnhaus! Bist Du ""gstlsth? Wagst D" Dich nicht an ihn?" höhnte sie. . . „Ich wage niich an Jeden, Er aber jch darf sagen: niein Freund." „Aber er hat mich tödtlich beleidigt! l,^.^,st Deinen Ritter dienst? — Nun, Warte sind ja wohlfeiler als Thate»!" Lia sprach in einen« wah ren Zoriies- rausch, besin nungslos, nur van der Leiden schaft, die sie fühlte, ge stachelt. I»- sti»ttiv aber traf sie die Worte, die das erregte Blut des jungen Gutsbesitzers unfreisten. „Das soll Niemand von mir behaupten dürfen. Ich thue, was ich versprach. Nur erkläre mir —" „Nichts weiter. Du ver dienst Dir meine Dankbarkeit, wenn Du statt meiner diesen Mann dort züch- tigst. Wie das geschieht, ist Deine Sache. Ich aber werde nun nach Hause fahre». Bringe mich zu meinem Wagen!" — Ihrem Be gleiter verflog der Eham- pagnertauniel, als er neben der verhüllten Ge stalt im kühlen Flur stand und sie in den Wa gen hab. Sie aber riß nun die Maske vom Ge sichte und blickte ihn an mit den von innerem Feuer durch- glühten Augen. Gr erschrak vor ihrer Blässe,vor dem leiden- schastlichcnZorn in ihren Zügen; allein der feste Druck ihrer kleinen Hand, die sie lange in der seinen ließ, brachte aufs Nene sein Blut in Wallung. Zn Allem entschlossen! kehrte er in den Saal zurück. — Lia aber stand, nachdem sie zu Hause angelangi war, noch lange regungslos in ihrem Zimmer: ihr war, als müßte sie hinausharchen, als müßte sie's hören können durch die schweigende Nacht, was nun geschah. Noch war sie ganz erfüllt von Zorn und Rachsucht. Endlich Neidete sie sich aus und fiel in einen schweren Schlaf. Sic träumte von Wunden, von Blut, von einem erstarrten Männergesicht mit todleu- blcichcn Lippen. Plötzlich, im Morgengrauen, öffnete sie ausschreckend die Augen. Ein jäher Schmerz zuckte ihr durch's Herz. Verflogen war der Tauniel, in ihren Adern klopfte es nicht mehr toll und heiß. Alles, was vor wenigen Stunden geschehen, was sie gethan, erschien ihr in dieser Stimmung in einem veränderten Licht. Sie rief sich Bernhard's Worte zurüctundsühlte nicht mehr den« bilterlränkenden Stachel, der sie zu solcher Gier nach Vergeltung ausgereizt. Daß die Männer sie nicht um ihrer selbst, nein, um ihres Geldes ivillen begehr ten, hatte sie sich das nicht hun dertmal selbst gesagt? Hatte er an« Ende auch Recht mit seiner übrigen herben ziritik? Sie er innerte sich, «vie schmerzlich seine Stimme gebebt hatte, als er die letzten Worte zn ihr sprach: „Ein stolzer Mann wirbt nicht um ein Mädchen, die auf ihr Geld in solcher Weise pocht." O,nnn war cs ihr auf eiu- mal klar: er liebte sie den noch! Aber er würde es ihr wohl niemals bekennen, aus Stolz. Und sic! Sie wollte ihn verwunden, ihn vielleicht tödten lassen! Wenn er sie dennoch er kannt, nur die Gelegenheit be nützt Hütte, nm einmal sein von Zorn und Eifer sucht erfülltes Herz auszu- schütlen, um sie nufzurütteln aus ihrem lacheudeuLeicht- sinn? Und sie — sie hetzte seinen eigenen Frcnnd gegen ihn auf! Sie forderte sein Blut, weil er ihr die Wahr heit gesagt! — Je mehr sie sich besann, desto klarer wurde ihr, daß Hugo Stollmann seiner Sinne nicht mehr ganz mächtig ge wesen, daß ihm ein Taumel aus den Augen geglänzt, der Wein ihm die Stirne umnebelt hatte. Am Abend hatte sie das nicht erkannt, weil sie selbst im Ransche gewesen, im Zornesransch. Und — einen Trunkenen halte sie zu ihrem Ritter erwählt, ihm hatte sie in das erhitzte Blut einen Funken geworfen! (<vortsehung sol^t.) Burg Neifscnstcin in der schwäbischen Alb. (S. 168)