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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 23.09.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190309236
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030923
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030923
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-09
- Tag1903-09-23
- Monat1903-09
- Jahr1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 23.09.1903
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1>er er Bezug nahm auf den sozialdemokratischen Parteitag in Dresden. Auch durch diese neue Ver schärfung der Klassengegensätze lasse sich die Regierung nicht auS dem Gleichgewicht bringen. Sie werde fernerhin bestrebt lein, nach wie vor für alle Stände, ohne Unterschied, zu sorgen. Sie sei überzeugt, daß sie sich hierbei auf alle Ordnung liebenden Kreise, zu denen auch die landwirtschaftliche Bevölkerung gehöre, verlassen könne. Andererseits dürfe aber auch erwartet werden, daß die Landwirtschaft selbständig fortschreite und nicht alles von der Staatsregierung erhoffe. Frankreich. — Die neueste französische Spionagegeschichte stellt sich, wie auS Paris geschrieben wird, als blanker Schwindel heraus. Die in Toulon verhaftete Russin, Tochter eines Generals, sei keine Spionin, sondern eine ganz gewöhnliche Schwindlerin. Orient. — Neueren Nachrichten zufolge hat sich die Lage im Orient in den letzten Tagen gebessert. Man nimmt in unterrichteten Kreisen an, daß die Gefahr eine« bulgarischen Angriff» auf die Türkei sich vermindert hat. In erster Linie dürfte dieser Erfolg dem Eingreifen der Mächte zu danken sein, die auf die drohende Note Petrows mit bemerken« werter Promptheit geantwortet haben. Wie be stimmt verlautet, zeichnet sich sowohl die russische, al« auch die österreichische Antwort durch große Bestimmtheit und Schärfe aus, und beide lassen den Bulgaren keinen Zweifel, daß diese Staaten, die nach wie vor die Führung der Mächte behalten, nicht gesonnen sind, sich den bulgarischen Forder ungen anzubequemen. Auch andere Mächte haben sich in diesem Sinne in Sofia vernehmen lassen, und wenn vielleicht einzelne Antworten noch au«- stehen, so wird da« auf zufälliger Verzögerung be ruhen, die rasch eingeholt werden dürste. Mahn ungen sind ja schon früher an Bulgarien gerichtet worden, ohne daß sie praktischen Erfolg hatten; diesmal aber scheint e«, daß eine besonders deut liche Sprache gesprochen worden ist. OertNches «nd Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 22. September. *— „Was gibt cs Neues!" Tagtäglich er tönt neben der Frage „Wie geht es Ihnen ?" auch die Redensart „Was gibt es Neues?" Besonders oft stellt man diese Frage an den Redakteur oder Herausgeber des Lokalblattes, obgleich man diesen mehr erfreuen würde, wenn man recht oft sagte: „Ich bringe Ihnen etwas Neues!" Das ist nun leider selten der Fall; wie oft ereignen sich in Gegenwart unserer Leser Vorkommnisse von all gemeinem Interesse, die einer Mitteilung wert sind, wie oft hören unsere Leser von dieser oder jener Begebenheit, durch deren Mitteilung sie die Re daktion zu Dank,verpflichten würden. Doch letzteres geschieht, wie gesagt, nur selten; vereinzelte Leser erfreuen die Redaktion ab und zu durch Mitteilungen von lokalem Interesse, die große Mehrzahl aber sieht von einer Mitteilung ab, teils weil sie gerade nicht an die Zeitung denken, teils weil sie der Meinung sind, die „Redaktion wisse es schon". Wie aber soll die Redaktion alles wissen, wenn sie nicht durch freundliche Mitarbeiter aus dem Leserkreise unterstützt wird? Zwar haben wir unsere ständigen Mitarbeiter hier und an ver schiedenen Orten der Umgebung, aber wir würden in unserem Blatte noch manche interessante Be gebenheit mehr veröffentlichen können, wenn die verehrten Leser uns in der Berichterstattung hilf reicher znr Seite ständen. Gegenüber den groß städtischen Blättern geht unser Bestreben als Lokal blatt naturgemäß dahin, zunächst über alles aus führlich zu berichten, was im Orte und in der Umgebung vorgeht. Dies erwarten die Leser auch in erster Linie von dem Lokalblatt, und um diese Aufgabe recht nach dem Geschmack unserer Leser ausführen zu köunen, richten mir an sie die Bitte, uns in unseren Bestrebungen durch Mitteilung be merkenswerter Ereignisse recht oft unterstützen zu wollen. Wir erwarten nicht immer druckreif aus gearbeitete Artikel, die kurze Mitteilung von Vor kommnissen genügt uns vollständig, nur möge man das, was man uns mitteilen will, auf schnellstem Wege zu unserer Kenntnis bringen. Etwaige Un kosten erstatten wir gern. Wenn die verehrlichen Leser diese freundliche Bitte erfüllen, haben sie selber Freude an dem Blatte, weil durch ihre Mitarbeit viele wünschenswerte und nützliche Notizen veröffent licht werden, die sonst garnicht zur öffentlichen Kenntnis kommen. Wie mancher Vorfall, der durch die Zeitung verbreitet wird, ist geeignet, eine An regung zur Nachahmung zu geben oder anderen falls auch zur Warnung zu dienen. Die freund lichen freiwilligen Mitarbeiter dienen also nicht nur dem Blatte, sondern auch der Allgemeinheit, eine Tatsache, die vielleicht geeignet ist, zur gefälligen Mitarbeit anzuspornen. Neben den Berichten über Vorkommnisse tatsächlicher Art sind uns auch Ab handlungen über kommunale Angelegenheiten, Vor schläge für die Verbesserung öffentlicher Einrichtungen und für die Beseitigung von Uebelständen will kommen, allerdings muß im letzteren Falle der Einsender die Verantwortung für das, was er ein sendet, übernehmen. Durch möglichst vielseitige Mitarbeiterschaft wird es uns am ehesten gelingen, das Blatt so auszubauen, wie wir es gerne ge stalten möchten, nämlich: für Alle gleich interessant! *— Die Krankenkasse „Briiderfchast" hielt gestern Abend im Sladthause eine außerordentliche Generalversammlung ab. Nach Eröffnung derselben durch Herrn Baumgärtel und nach Verlesung des letztabgesaßten Vvrstandsprotokolls berichtete der Herr Vorsitzende über einige Abänderungen des Statuts. Hierauf werden die 88 12 und 13 nach den neuerlichen Bestimmungen des Reichskranten- kassen-Gesetzes umgeändert. Die Hauptbestimmung liegt darin, daß ein Mitglied, welches 26 Wochen Unterstützung bezogen hat, nach Verlauf von 12 Monaten in derselben Krankheit nochmals eine Unterstützung von 13 Wochen erhalten kann. Der Herr Vorsitzende berichtet dann weiter, daß infolge vieler Krankheiten und vieler Heilmittel, die die Kaffe früher nicht gewährt habe, der Wochenbeitrag von 13'/, Pfg. auf 15 Pfg. pro Woche ab 1. Ja nuar 1904 erhöht werden solle. Dagegen soll die bisherige tägliche Krankenunterstützung von 80 auf 85 Pfg. erhöht (5 Mk. 95 Pfg. wöchentlich) und das Sterbegeld von 33 Mk. auf 35 Mk. festgesetzt werden. Die Mitglieder erklären hierzu ihre Zu stimmung, worauf der Vorstand noch ermächtigt wird, künftig kleine Abänderungen im Statut selbst zu vollziehen. Der Vorsitzende schließt hierauf die schwach besuchte Versammlung. *— Eine Textilarbeiterversammlung, welche sich mit dem Streik der Crimmitschauer Berufs genossen befaßte, fand am Sonntag, wie in ver schiedenen anderen Orten — z. B. Markersdorf, Auerbach i. V. usw. — auch hier im Saale der „Zeche" statt. Dieselbe hatte nur einen mäßigen Besuch gefunden. Nach ca. 2stündigem Vortrag des als Referent erschienenen Redakteurs Jäckel aus Zwickau gelangte folgende Resolution zur ein stimmigen Annahme: „Die heute, den 20. Septem ber, im Gasthaus „Zur Zeche" tagende öffent liche Arbeiter- und Arbeiterinnen-Versammlung ver urteilt das Vorgehen der Crimmitschauer Fabri kanten aufs schärfste und erklärt sich mit diesen Arbeitern solidarisch, indem sie verspricht, dieselben finanziell und moralisch zu unterstützen und wünscht ihnen im Interesse der ganzen deutschen Arbeiter schaft den vollsten Erfolg." * — Von Erfolg zu Erfolg — so darf der Deutschnationale Handlungsgehilfen - Verband, der am 2. September sein zehnjähriges Bestehen feierte, das in der hiesigen Ortsgruppe am 17. cr. feierlich begangen wurde, seine bisherige Wirksam keit charakterisieren. Nachdem es ihm in den ersten Jahren gelungen war, die damals im Entstehen begriffenen sozialdemokratischen Vereine im Kaus mannsstande über den Hausen zu werfen, hat er in der positiven Fürsorge für den von der Gesetz gebung vernachlässigten Stand der Handels angestellten eine Reihe glänzender Erfolge errungen. Der einheitliche Ladenschluß, den selbst seine Gegner als das unbestrittene Ergebnis seiner Tätigkeit be zeichnet haben, war der erste Schritt auf dieser Bahn. Auf den Gebieten der Sonntagsruhe und des Fortbildungsschulwesens erwirkten die 725 Orts gruppen des Verbandes durch ihre rege Eingaben tätigkeit von den Gemeindebehörden manche Ver besserung. Die Regierungsvorlage über die Kauf mannsgerichte erfüllt im wesentlichen die Forderungen, die die Deutschnationalen seit jeher vertreten haben, und daß vom 1. Januar 1904 ab alle Handlungs gehilfen bis zu 2000 Mk. Gehalt krankenversicher ungspflichtig sind, ist wiederum der mit ebensoviel Geschick als Ausdauer betriebenen Agitation dieses Verbandes zu verdanken. Doch nicht nur auf politischem Gebiet sind die Deutschnationalen tätig gewesen, sondern sie haben es auch verstanden, durch eine fest fundierte Krankenkasse, durch ihre Versicherung gegen Stellenlosigkeit, die in 5 Jahren über 150 000 Mk. Renten auszahlte, durch kosten losen Rechtsschutz und sonstige Wohlsahrtsein- richtungen ihren Mitgliedern Vorteile zu verschaffen. So darf der Verband mit berechtigtem Stolz auf das erste Jahrzehnt seines Bestehens zurückblicken und mit froher Zuversicht seiner zukünftigen Ent wicklung entgegensehen. * — Ein kritischer Tag erster Ordnung, und zwar der zweitstärkste im ganzen Jahre, sollte nach Falb der gestrige Montag sein. Kritisches war an dem Tage bei uns aber nicht zu verspüren. Im Gegenteil, derselbe war, gleich dem voraufge gangenen Sonntag, ein so herrlicher Herbsttag, daß man nur wünschen kann, eS mögen uns noch recht viele solcher „kritischer" Tage beschert sein. * — Falbs Wetter-Prognose für die Zeil vom 1. bis 9. Oktober lautet: Das Wetter ist ziemlich trocken. Die Temperatur liegt iu den ersten Tagen über, in den letzten Tagen unter der normalen. Gewitter dürften kaum cintreten. Der 6. Oktober ist ein durch eine Mondfinsternis verstärkter kritischer Termin 1. Ordnung. An diesem Termin nehmen die Regen an Ausbreitung zu, sind aber nicht be deutend. — 10. bis 15. Oktober: Die Regen sind nur in den letzten Tagen ausgebreitet, aber nicht sehr ergiebig. Gewitter sind unwahrscheinlich. Die Temperatur liegt anfangs tief unter der normalen, steigt aber in den letzten Tagen über dieselbe. *— Sparkasse». Das Statistische Bureau des Königlichen Ministeriums des Innern veröffentlicht eine Uebersicht der bei den Sparkassen im König reich Sachsen im Monat Juli dieses Jahres erfolgten Ein- und Rückzahlungen. Wir entnehmen der 315 Kassen umfassenden Zusammenstellung Folgendes: A mtshauptma n nschast G lanchau: Sitz der Kasse. Einzahlungen. Rückzablungcn lau Einlagen und Linien.» Vaar- bestand am Schlüsse dcS MonatS. Mark. An- Betrag, zahl.) " ss Mark. An zahl. Betrag. Mark. Eallnbcrg .... 2W> 34685 08 11680 1755 l St. Egidicn . . . 153 12784 14 2206 ! 830 Otersdors .... 00, 11840 43 15764 11018 tÄlanchan .... 1783 > 170778 1061 140073 0757 Hohenstein-Ernstthal. 051 I15676 524 123827 30271 Hohndors .... 46s 8151 17 3540 6032 Lichtenstein.... 700 110067 302 82743 55257 Meerane .... 1214 130302 680 151511 71460 Mülsen St. Jacob . 137s 10037 31 3003 22781 Oberlungwitz . . . I8hl 20688 75 20184 17561 Waldenburg (Stadtsp.) 225 35022 120 22815 15025 *— Lotterie. Die Ziehung der 4. Klasse der 144. König!. Sächs. Landes-Lotterie findet am 5. und 6. Oktober statt. Die Erneuerung der Lose zu dieser Klasse hat bis zum 26. September zu erfolgen. *— Mangel an Silbcrgcld. Uns wird ge schrieben: „Ueber den Mangel an Fünsmarkstücken und Zweimarkstücken im Verkehr wird seit langer Zeit empfindlich geklagt. Das hat man davon, daß man die guten Taler beseitigt hat. Daß sic die bequemsten und handlichsten Münzen waren, gibt man jetzt auch in den Kreisen zu, die an ihrer Beseitigung mitgewirkt haben." *— Eamariterhilfe im Eisenbahnbetriebe. Die Königl. Generaldircktion der Staatseisenbahnen hat in Würdigung der Notwendigkeit schneller Samariterhilfe im Eisenbahnbetriebe den Sächsischen Landes-Samariter-Verband mit der Ausbildung ihrer Angestellten in der ersten Hilfe bei Unglücks fällen beauftragt. Es sind infolgedessen dem Samariter-Verein Chemnitz 162 Angestellte der Eisenbahndirektion Chemnitz zur Ausbildung über wiesen worden. * — Kalidüngung zu Wiuterweizeu. Viele Landwirte sind der Ansicht, daß Winterweizen einer Kalidüngung nicht bedürfe, weil derselbe mit Erfolg nicht auf jedem Boden, sondern nur auf solchem mit hohem Kaligehalt gebaut werden kann. Aber selbst auf diesen weizenfähigen Böden ist das Kali oft nicht in hinreichender Menge in löslicher Form vorhanden und eine Düngung mit Staßfurter Salzen neben den notwendigen Phosphorsäure- und Stickstoffgaben steigert dann wider Erwarten des Besitzers den Ertrag so, daß sich nicht nur die Kosten für die Kalisalze bezahlt machen, sondern daß derselbe auch noch eine ansehnliche Rente ab wirst. So erntete auf humosem Lehmboden in guter Kultur Landwirt Göbel in Georgewitz bei Löbau, wenn er sein Weizenfeld in der gewohnten Weise nur mit Superphosphat und Chilisalpeter düngte, pro Im 36 Doppelzentner Körner und 63'/? Doppelzentner Stroh, gewiß eine Ernte, mit welcher jeder Landwirt zufrieden sein kann. Gab er jedoch neben Phosphorsäure und Stickstoff noch 2 Doppel zentner 4O"/o Kalidüngesalz im Werte von 16 Mk., so erntete er 37,65 Doppelzentner Körner und 69 Doppelzentner Stroh, also 1,65 Doppelzentner- Körner und 5'/, Doppelzentner Stroh mehr. Nach Abzug der Kosten für Kali blieb ihm ein um rund 26 Mt höherer Reingewinn, als wcnn er nur wie sonst Supervhosphat und Chilisalpeter verwendete. Würde beim Weizenbau in unserem Vaterlande die Kalidüngung in der richtigen Weise berück sichtigt, so würde Deutschland sich bald von der Einfuhr aus dem Auslande unabhängig machen können, besonders da auch die Kalidüngung von günstigem Einfluß auf die Backfähigkeit ist. * Falken. 22. September. Gestern Mittag brach im Hause des Wirtschaftsbesitzers Steinert im benachbarten Ober-Callenberg Feuer aus, wo durch dasselbe samt Schei ne bis auf den Grund uiederbrannle. Da bei Ausbruch des Brandes niemand im Hause anwesend war — die Frau befand sich auf dem Felde und Herr Steinert war zur Kirmes nach Wüstenbrand gefahren — ist fast sämtliches Inventar dun gefräßigen Element zum Opfer gefallen. Als die hiesige, sowie die Reichen bacher Feuerwebr am Brandplatze eintrafen, brannten die Gebäude bereits derart, daß an eine Rettung derselben nicht zu denken war. Wie das Feuer entstanden ist, ist zur Zeit noch vollkommen unaufgeklärt. * Dresden, 21. September. Der Reichskanzler Gras Bülow wird am Mittwoch zum Besuche der StädUausstellung hier eintreffen. Der Reichskanzler wird auch vom König Georg empfangen werden. * Dresden, 21. September. Der deutsche Kronprinz ist zum Hauptmann ü In müta des Königl. Sächs. 2. GrenadierregimeMsNr. 101 „Kaiser Wilhelm, König von Preußen" ernannt worden. * Dresden, 21. September. Der Delegierte zum sozialdemokratischen Parteitag für den Kreis Teltow-Beeskow-Cbarlottenburg, Hermann Mehling, ist in der letzten Nacht in Dresden eines jähen Todes gestorben. Als er nachts in sein Logis in der Gerichtsstraße, das er mit seiner Gattin be- wohnte, heimkehrte, glitt er ans der Treppe aus und schlug so unglücklich mit dem Kopf auf, daß der Tod sofort eintrat. * Plauen bei Dresden, 21. Sept. Heutestlach mittag wurde eiu etwa tOjähriges Mädchen vor der Bienertmühle von einen, elektrischen Straßen bahnwagen überfahren. Das Kind, dem ein Bein vollständig abgefahren wurde, war sofort tot, es wurde von der laut jamm-rnden Mutter, welche iu der Nähe wohnte, fortgetragen. * Plascwil;. Am Freitag wurde von Fischern gegenüber der Saloppe ans Blasewitzer Flur der Leichnam des 22jährigen Gärtnergehilfen W. aus Sonneberg bei Wiesbaden, zuletzt in Laubegast wohnhaft und seit 20. Juli l. I. vermißt, auf dessen Auffindung eine Belohnung von 1000 Mark gesetzt war, aus der Elbe gezogen. * Leipzig, 20. September. In Reinsdorf bei Halle ist in vorvergangener Nacht in ein Cas« eingebrochen worden. Hierbei sind ein Geldbetrag von 1600 Mark, zwei wertvolle Uhren mit Ketten, Schmuckgeaenstände, silberne Teelöffel, Messer und Gabeln mit silbernen Griffen gestohlen worden. * Leipzig, 22. Sept. Als Schlußtermin im Konkursverfahren der Leipzig r Bank wurde gestern die letzte Gläubiger-Versammlung vor dem Amts gericht abgehalten. Einwendungen gegen den Schlußbericht und die Rechnungslegung des Kon kursverwalters wurden nicht erhoben. Die Zahlung der Restdividende von 17 Proz. wird infolgedessen in den nächsten Tagen ihren Anfang nehmen. * Leipzig. Auf Grund einer Annonce lernte eine hiesige Witwe einen Herrn kennen, der sich als vermögender höherer Beamter vorstellte und seine Verhältnisse als die glänzendsten herausstrich. Er übergab seiner Zukünftigen ein gut verschnürtes nnd imt fünf Siegeln versehenes Paket, welches 23 000 Mk. in guten Staatspapieren enthalten sollte. Schließlich fehlte es ihm an einzelnem Gelde, und er suchte deshalb bei der Witwe einen Pump anzulegen. Bevor diese darauf hereinfiel, untersuchte sie das Paket und fand in diesem eine Anzahl Druckbogen vor. Das Verhältnis mit dem Schwindler wurde deshalb schleunigst gelöst. * Chemnitz, 21. Sept. Der in letzter Zeit vielgenannte Architekt Kossub, der sich krampfhaste Mühe gab, sein Projekt über die Errichtung eines zoologischen Gartens gegen eine bestimmte Summe an den Mann zu bringen, ist gestern hier auf Requisition der Berliner Staatsanwaltschaft wegen Betrugs verhaftet und auch gestern noch nach Moabit transportiert worden. * Chemnitz, 21. Sept. Ein peinlicher Vorgang spielte sich gestern Vormittag auf dem neuen Fried- Hofe bei dem Begräbnisse eines jungen Mannes ab. Bei dem Bemühen der freiwilligen Träger, de» Sarg auf die über dem Grab liegenden Balken zu heben, griffen sie falsch zu; die einen faßten den Sarg am Deckel an, während die anderen unten nachschoben, und so kam es, daß der Sarg umstürzle, der Tote herausfiel und mit dem Leib auf den Balken zu liegen kam. Unter den Leid tragenden herrschte über dieses peinliche Vorkomm nis selbstverständlich allgemeine Bestürzung, und der amtierende Geistliche führte die nächsten An verwandten etwas abseits, um ihnen den schmerz lichen Anblick zu ersparen. Nachdem die Leichen frau die Leiche wieder eingesargt hatte und der Deckel geschlossen war, wurde der Trauerakt zu Ende geführt. * Annabcrg, 20. September. Einer größeren Wechselfälschung ist man hier auf die Spur ge kommen. Ein junger Mann in Sehma hat soge nannte Keller-Wechsel ausgestellt, die Namen der Giranten gefälscht und diese Wechsel bei hiesigen Firmen in Zahlung gegeben. Durch die Fällig keit des einen Akzeptes ist man hinter den Schwindel gekommen, der dem jungen Mann einen Vorteil von einigen Tausend Mark gebracht hat. * Crimmitschau, 22. September. Am Sonn tage fanden sechs öffentliche Versammlungen der streikenden Textilarbeiter und -Arbeiterinnen statt, die von rund 7000 Personen besucht sein mochten. Die Tagesordnung in sämtlichen Versammlungen lautete: „Der Kampf um den Zehnstundentag und der gegenwärtige Stand der Aussperrung." Als Referenten traten diesmal auf: Pastor a. D. Göhre- Mittweida, Förster-Greiz, Redakteur Jäckel-Zwickau, Stücklen-Altenburg, Eichborn-Dresden, Frau Zetkin- Hamburg und Ernst Grenz-Leipzig. Die Refe renten, die teils direkt vom sozialdemokratischen Parteitag von Dresden nach Crimmitschau ge- komm n waren, zogen in heftigen Worten über den Kapitalismus und die Crimmitschauer Textil- fabrikauteu her uud ermahuten die Arbeiter zum weiteren festen Zusammenhalten. Insbesondere sprachen sich die Redner in den Versammlungen für die Fortdauer des Kampfes aus bis zur Er ringung des Zehnstundentages. Der Sieg der Crimmitschauer Arbeiter bedeute dcu Sieg der ge samten deutschen Textilarbeiter. Den Arbeitern würde es niemals einfallen, bedingungslos wieder in die Fabriken zu gehen, wenn dieselben jetzt ge öffnet würden. Die folgenschwere Katastrophe hätten die Fabrikanten heraufbeschworen. Schließ lich wurde in den Versammlungen noch bekannt gegeben, daß der Spinner- und Fabrikantenverein es abgelehnt habe, einer vom Vorsitzenden des Deutschen Textilarbeiterverbandes nach Berlin ein- berusenen gemeinschaftlichen Sitzung des Verbandes, der Konfektionäre und der Crimmitschauer Fabri kanten beizuwohnen. Bei der geheimen Abstimmung haben sich von den 7800 Ausständigen 116 Per sonen für bedingungslose Ausnahme der Arbeit erklärt. Mit der am gestrigen Montag erfolgten viertmaligen Auszahlung der Unterstützungsgelder hat der Textilarbeiterverbaud während der ver flossenen ersten 4 Wochen bereits insgesamt rund 200 000 Mark verausgabt. An freiwilligen und Extrabeitrügen von der übrigen deutschen Arbeiter schaft und Privatpersonen sind bis jetzt etwa 50 000 Mk. gezeichnet worden. Die Streikleitung ließ jetzt wieder zwei verschiedene Flugblätter ver teilen. in welchen man zu behauplen sucht, nicht die Arbeiter, sondern die Fabrikanten wollten die Machtprobe. In den Flugblättern wird den Unter nehmern „frivoler Uebermut" vorgeworfen. Ferner wird von „Starrsinn" uud „unerhörter Gewalt politik" der Unternehmer gesprochen. * Meerane, 2l. Sept. Ein für die Beteilig ten zwar etwas unangenehmer, aber eines humo ristischen Beigeschmacks nicht entbehrender Vorfall, der eine geplante Hochzeitsfeier vereitelte, bildet hier gegenwärtig das Stadtgespräch. Am Sonn abend wollte die Tochter eines hiesigen Einwohners die Ehe mit ihrem ebenfalls hier wohnenden Er wählten eingehen. Die letzten Vorbereitungen zu dem Festtage waren getroffen und alles, wie man zu sagen pflegt, war „im Schuß". Das Hochzeits mahl duftete, die Braut stand fertig da uud war tete klopfenden Herzens der Dinge, die da kommen sollten. Alles kam, die Gäste erschienen, aber wer nicht kam, das war der — Bräutigam. Man wartete und suchte, aber vergebens. Eiligst mußte sowohl Lie standesamtliche wie die kirchliche Trau ung abbestellt werden. Im Hochzeitsstaate soll der Bräutigam dann in einem hiesigen Gasthaus gesehen worden sein. Das Brautpaar hatte bereits eine Wohnung für ihr zukünftiges Heim gemietet. Wie die Geschichte noch verlaufen ist, wird nicht verraten. * Schuarrtannc i. V, 20. Sept. Ueber die Ermordung des Gastwirts Oswald Wappler herrscht noch immer völliges Dunkel. Die Nachricht, daß zwei des Mordes verdächtige Wilddiebe verhaftet worden seien, bestätigt sich nach amtlicher Mit teilung nicht. * Meike», 20. Sept. Nach vorhergegangener Vernehmung durch einen Beamten der Königl. Staatsanwaltschaft Dresden wurde gestern hier ein junger Arzt verhaftet und dem Königl. Amtsgericht zugeführl. Der Verhaftete hatte sich erst kürzlich mit einer hiesigen Bürgerstochter verlobt. Wie verlautet, bildet ein nach 8 218 des R.-Str.-G.-B. mit Zuchthausstrafe bedrohtes Verbrechen den Grund der Untersuchung. Dasselbe soll an einer Kellnerin begangen worden sein. * Leisnig. 20. Septbr. Abhanden gekommen sind nachts in Böhlen drei Pferde von dem daselbst auf dem Rückwege aus dem Manöver einquar tierten F ldartillerie-Regiment Nr. 12 aus Dresden. Die Pferde waren in einein Stalle untergebracht und haben sich vermutlich losgerissen; bis jetzt fehlt jede Spur von den Tieren. Von den ver mißten Pferden sind zwei Stuten (Brauner und Fuchs) und ein Wallach (braun). * Großenhain. Die älteste hiesige Ein wohnerin, Frau verw. Hensel, beging am Sonn abend ihren 98 Geburtstag bei verhältnismäßiger Rüstigkeit.
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