Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 27.02.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-02-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190702275
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19070227
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19070227
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Anzeiger
- Jahr1907
- Monat1907-02
- Tag1907-02-27
- Monat1907-02
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- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 27.02.1907
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Tageblatt für Kohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg. Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund rc. MM »I» «W « Vrgan kür Politik, Lokslgrlchichtk und Geschäftsverkehr, lowie kür gmtliche Nachrichten. Per „ksohenstein-Lrnstchaler Anzeiger" erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages, vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins kraus Mk. 1.50, bei Abbolnna in der Geschäfts ^lle IM. l.Lö, durch die zX-st bezogen (außer Bestellgeld) INk. 1.50. Einzelne Nummern IO pfg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstalten und die L.m-dnenräger entgegen. Als Extrabeilagen erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das „Illustrierte Sonntagsblatt" und monatlich ein Mal die „Kirchlichen Nachrichten". — Anzeigengebühr für die Kgespaltene Korpuszeile oder deren Kanin 12 pfg., für auswärts In psg; im Reklameteil die Zeile 00 pfg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im „Vberlungwitzer Tageblatt" (Publikationsorgan der Gemeindebehörde zu Vberlungwitz) Aufnahme. Anzeigen Annahme für die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags II Uhr; größere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Aufnahme von Anzeigen an vorgeschriebenen Tagen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. Nr. 49. F-rn,pr-q« Nr. 1SI. Mittwoch, den 27. Februar 1907 «EMNU-: Bahnst,.3. 34. Jahrgang. Der diesjährige Viehmarkt will) Montag, den 11. März 1907, «bgrhalten. Slättegeld wird nicht erhoben. Gtadtrat Hohe«ftei»-Er«stthal, am 25. Februar 1907. vr. Polster, Bürgermeister. We. Freibank Hohenstein-Ernstthal — Donnerstag: Verkauf von gekochtem Rindfleisch, Pfund 40 Pf. Zum Bußtage. Bußtag in der PassionSzeit! Die Geschichte der Passion Jesu ist typisch auch für unsere Tage. Da find die um ihre Macht besorgten Hohen- Priester und Schriftgrlehcten, die, angeblich um da» Volk vor Verderben zu schützen, Jesum al« Aufrührer verklagen. — Da ist Pilatu», der ihn für unschuldig hält, und dennoch au» Menschen- furcht ihn verurteilt. — Da ist Herode», der von Jesu» ein magische» Schaustück, eine Unterhaltung erwartet und, darin getäuscht, ihn nun verspottet. — Da sehen wir die letzten beiden, vorher bittre Feinde, nun mit einem Male Freunde werden. Die beiden gemeinsame Verachtung Jesu einigt fi». — Da ist da» Hofgesinde de» Herode- und die rohen KriegSknechte deS Pilatu», die nach der Schuld oder Unschuld Jesu gar nicht fragen, son dern ihn einfach deshalb schmähen, weil ihre Herren ihn verspotten. — Erscheinen dies« Gestalten nicht alle in der Gegenwart wieder vor unsern Augen? Da sind dir falschen „VolkSbeglückrr", die, an geblich weil sie für da» Wohl de» Volke», in Wahrheit weil fie um ihre Herrschaft über die Massen besorgt find, Christentum und Religion mit ihrem Hasse verfolgen. Da find unter den von ihnen Verführten viele, die au» Furcht vor ihren Genossen oder au» Liebedienerei von den Parteigrößen mit «instimmen in deren Hohn. — Da find die vielen, denen die Religion nur ein Gegenstand philosophischer Unterhaltung ist, die selbst dann, wenn ihr Urteil über Jesum, „den Einzigartigen", ein günstige» ist, dennoch keine wahren Christen sind. Denn wir sollen eben nicht mit unserm Verstände über Jesum urteilen, son- dern mit unserm ganzen Herzen an ihn, den Gotte»- sohn und Welterlöser glauben. — Und sahen wir nicht erst in den letzten Wochen ein ähnliche» Freundschaftsbündnis, wie eS einst Herode» und Pi latu» miteinander schloffen? Religiöser Fanal,»- mu» verband sich mit den Feinden aller Religion gegen da» evangelisch gesinnte deutsche Volk. — Wie Jesu» damals, so hat wahre» Christentum heute auch seine Feinde. — Du bist doch nicht etwa unter ihnen zu finden? Bußtag ist heute! Da» weiße Kleid, mit dem Herode» einst Jesum verspottete, die Ueberschrist über seinem Kreuze, mit der Pilatus ihn verhöhnte, da» Kreuz selbst, an dem er starb, einst alle« Zei chen der Schande, sind trotz aller Feinde Toben heute zu Zeichen seiner Ehr« geworden. Der ver- spottete König ist wirklich ein König, der allen Seelen, die an ihn glauben, da» blutrote Gewand der Sünden abnehmen und dafür da» Helle, weiße Kleid der Gerechtigkeit anlegen kann. Zwar spottet darüber heute auch die gottlose Welt, aber laß dich dadurch nicht beirren. ES bleibt dabei: „Christi Blut und Gerechtigkeit, da ist dein Schmuck und Ehrenkleid!' darum „Suche Jesum und sein Licht, alle» andre Hilst dir nicht!" Nur bei ihm findest du wahre Ruhe, köstlichen Frieden und wunderbare Kraft für deine unsterb liche Seele. Hin zu Jesu! Bußtag ist heute! 8.-6. Deutscher Reichstag. 3. Sitzung vom 25. Februar. Am BundeSrat-tische Graf PosadowSky, Frei herr ». Stengel, v. Tirpitz Präsident Graf Stolberg: Meine Herren, da» Präsidium ist gestern vom Kaiserpaare em pfangen worden. Der Kaiser hat seine besten Wünsche für die Arbeiten des Reichstages aus gesprochen. Weiter möchte ich Ihnen mittcilen, daß mein Amtivorgänger Graf Ballestrem ein Kaiserbild, gemalt von William Pape in Mainz, für das Präsidialgebäude geschenkt hat Ich spreche dem Geber für sein hochherziges Geschenk den Dank de» Hause« au». Zur Beratung steht zunächst der schleunige An trag Fürst Radziwill wegen Einstellung eines gegen den Abgeordneten Dr. v. Chlapowo ChlapowSki schwebenden Strafverfahren« für die Dauer der Session. Die Annahme des Anträge» erfolgt wider spruchslos. Auf der Tagesordnung stebt sodann die erste Lesung deS Reichsetats für 1907. Reichsschatzsekretär Freiherr v. Stengel: Die Ergebnisse für 1905 sind ja seinerzeit bereu» hin reichend durch die Presse bekannt geworden. Hervor- heben will ich daher nur weniges und nur darauf Hinweisen, daß die Zölle ein Mehr von nicht weniger als 90 Millionen Mark gegenüber dem El«tsansatz erbracht haben. WaS da» laufende Rechnungsjahr 1906 anlangt, so bemerke ich vor weg, daß der Etat sich im wesentlichen in seinen sämtlichen Sätzen al» zutreffend erwrisen dürfte. Die Einnahmen au» Zöllen sind nach dem vorauk- gegangenen gewaltigen Aufschwünge in 1905 wieder normaler geworden. Die Einnahmen au» dem Fahrkartenstempel werden voraussichtlich hinter den Erwartungen und der EtalSaufstellung sehr erheb lich zurückbleiben. Ander« Steuern werden jedoch einen Ausgleich schaffen, u. a. wird bei der Zucker- steuer das Mehr gegen den Etat 8 bis 9 Millionen betragen. Auch mit Mehrausgaben ist zu rechnen, u. a. bei der Marine mit 2 Millionen, ein noch erheblicherer Betrag bei der Reichsschuld. Sehr beträchtlich sind im Laufe der Jahre die Vorschüsse deS Reiches für soziale Versichriungszwecke gestiegen; gegenwärtig beiragen sie 142 Millionen und werden im Mai, nach Abrechnung mit denBcrussgenoffen- schaften, voraussichtlich über 180 Millionen hinaus steigen. Die Ueberweisungcn an die Einzelstaaten werden 1906 wenigsttns annähernd die im Etat veranschlagte Höhe erreichen. Bei Aufstellung des Etats für 1906 sahen wir uns einem Defizit vor 240 Millionen Mark gegenüber. Infolge der neuen Steuern zeigt der gegenwärtige Entwurf eine wesent liche Besserung, obwohl die neuen Steuern ihre Wirksamkeit noch nicht voll geltend machen können. Ein Defizit ist noch vorhanden, es müßten daher eigentlich neue Steucrvorschläge gemacht wirken; trotzdem will die Regierung einstweilen davon ab- sehen und die weitere Entwickelung der Zollerträge abwarten. Hoffentlich wird der Reichstag nicht versagen, wenn c» gilt, von den Einzelstaaten eine unerträgliche Last an Matrikularumlagen abzu wenden. Für die Sozialpolitik und die Aufrecht erhaltung des äußerer. Friedens enthält der neue Etat Hohr Aufwendungen. Besonders hofft die Regierung auf die Genehmigung eines selbständigen Kolonialamtes. Die Sanierung der Reichsfinanzei» hat jedenfalls einen gewaltigen Schritt vorwärts getan, und hoffentlich wird es dem patriotischen Sinn« d«s Reichstags auch gelingen, eine völlige Gesundung mit der Zeit herbeizufahren. Abg. Spahn (Ztr.): Nach Abzug der durch laufenden Posten betrugen im Elatsentwurs die Einnahmen 1487 Millionen, die Ausgaben 1549'/, Millionen. Etwa 72 Millionen find also durch Matrikularbriträge zu decken. Zieht man d«n R«ich<- zuschuß für Invalidenversicherung und die Zoll reserve für Witwen- und Waisenversorgung ab, so bleibt blutwenig übrig, was andercn Zwecken dient al» dem der Wehrfähigkeit Ungenügend gesorgt ist noch immer für die Unterbeamlen, für di« ver schiedenen für da» Reich arbeitenden Arbeiterkate- gorien. Die Regierungen haben den Wunsch nach neuen Steuern, der Schatzsekrctär hat sich darauf berufen, daß schon die vorige Budg«tkommission diese- Bedürfnis nach neuen Steuern anerkannt hat. Nun, dieses Anerkenntnis jener Budgetkom> Mission bat für den neuen Reichstag gar nichts zu sagen. Der preußische Finanzminister hat bei Ein- brmgung des preußischen EtatS im Abgeordnelen- hause darauf hingewiesen, daß Vie jetzige Hoch konjunktur nicht anhalten werde. Ich und meine Freunde meinen dagegen, man soll sich dadurch nicht beunruhigen lassen, sondern in Ruhe die weitere Entwickelung ubwarten. (Rufe: Sehr richtig!) Einstweilen dauert die Konjunktur jedenfalls noch an. Es zeigt sich daS in der Industrie, in der Landwirtschaft, bei den Arbeitern und auch in dem hohen Bankdiskont. Entgegen dem Finanzminister meine ich übrigens, die günstigen Konjunkturen be ruhen nicht so sehr auf den Kohlen- und Eisen- Syndikaten als vielmehr auf den Verteilungs-Ge- werben. (Sehr richtig! im Zentrum.) Die Mehr ausgaben betreffen zum größten Teil Heer und Marine. Bis zu einem gewissen Grade sind sie ja bedingt durch die lctzten Neuformationsgesetze. Zu erwägen wird aber doch sein, ob sich nicht hier oder da Ersparnisse machen lassen. Ich weiß nicht, wie es mit den Handetsvertragsabmachungen mit Amerika steht. Den Wunsch habe ich aber doch, daß bei diesen Abmachungen nichts abgebröckelt wird von den im Zolltarif festgelegten Zollsätzen. In der Thronrede ist der Passus erfreulich über unsere guten Beziehungen zum AuSlande, sowie die Versicherung, daß die Sozialpolitik weiter vorwärts gehen soll. In dieser letzten Hinsicht hat mein« Partei bereits Anträge und Interpellationen ein gebracht. (Fürst Bülow erscheint im Saal) Auch der Toleranzantrag wird von unS wieder ein gebracht werden. Mit Rücksicht auf die Heran ziehung von Abgeordneten zur ZeugnisauSsage haben meine Freunde ihren Jmmunitätsantrag wieder eingebracht. Die versuchte Paarung von konserva tivem und liberalem Geist zeigt, daß ein Umschwung in unserer inneren Politik eingetreten ist. Der Reichskanzler erklärte, es sei kein Angriff aus die katholische Religion beabsichtigt, keine Verletzung der katholischen Gewissen. Aber noch besteht das Jesuitengesetz, noch find die saerä-eoonr-Schwestern aus Deutschland ausgewiesen! Wie kann da von Gleichberechtigung die Red« sein! Die katholischen Schwestern sind den evangelischen in verschitdenen Bundesstaaten nicht gleichgestellt. Bei der jetzigen Steuerung nach rechts wird daS alle» noch schlechter werden. Ebenso in der Sozialpolitik. Wenn nicht sofort, dann später. Weiß der Reichskanzler nicht, wie seinerzeit Bennigsen das Banner zum Kampfe gegen den UltramontaniSmus schwang? AuS den Briefen dcS Generals Keim erhellt, daß die Reichs kanzlei gegen das Zentrum im Wahlkampfe ein- gegnffen habe. Diese Machenschaften des Flotten- Vereins sind charakteristisch. Der Reichskanzler persönlich hat 30 000 Mark für Wahlznncke zur Verfügung gestellt. Wie hat sich dagegen der Reichskanzler vor Jahren über die 12 000 Mark aufgeregt, die der Zentralverband deutscher In dustrieller füx agitatorische Zwecke zur Verfügung gestellt hatte. Bismarck hat einmal nach Frank furt a. M. depeschiert: „Wählt Gabor!" Aber auf diese Depesche hat er sich wenigstens beschränkt. Um für die Eingriffe des Fürsten Bülow Beispiele in der Geschichte zu finden, muß man bi» auf napoleonische Zeiten zurückgehen. Dabei hat Fürst Bülow seine bedeutendsten Erfolg« gerade dem Zentrum zu danken. Der Kanzler ist vei pflichtet, die Ehre des Zentrums vor dem Auslande durch die Erklärung wieder herzustellen: Das Zentrum ist nicht antinational. Ueber di« Köpfe des Zen- Oums hinweg kann man auf die Dauer keine Politik machen. Das Zentrum ist der ruhende Pol in der Erscheinungen Flucht. Die Zukunft des Deutschen Reiches wird nur begründet sein könn«n auf dem Boden eines christlichen StaateS, christlicher Welt ¬ anschauungen. (Lebhafter Beifall im Zentrum, Zischen andererseits.) Abg. Bassermann (natlib): AIS Resultat der Wahl wird man feststellen können, daß da» Ziel der Auflösung erreicht ist. Die Mehrheit vom 13. Dezember ist verschwunden. Die Sozialdemokratie hat, waS un» allerdings selbst überrascht hat, drei Dutzend Mandate verloren. Da« Zentrum hat gut abgeschnitten. Einen Teil seiner Mandat« hat eS aber nur der Hilfe der Sozialdemokraten in den Stichwahlen zu verdanken. (Lachen im Zentrum.) Die Neugestaltung de» Reichstage» wird ja nun hoffentlich zur Folge haben, daß von einem solchen kaudinischrn Joche, son einer solchen Abhängigkeit vom Zentrum, wir fie Herr Stübel erfahren hat, nicht mehr die Rede sein kann. (Lachen im Zentrum.) Dieser Hintertreppenpolitik ist jetzt ein Ende ge macht, und ich glaube, da» werden wir alle, auch wohl du» Zentrum selbst, mit Freuden begrüßen. (Heiterkeit.) Ueber da» bi-chen Agitation im Flotten verein (stürmische Heiterkeit im Zentrum) sollte dat Zentrum doch hinwegsehen; denn gerade das Zentrum verfügte doch noch über ganz andere Agitationsmittel. (Sehr richtig!) Ob Keim sich Ueberschreitungen deS Programm» deS Flottenvereins habe zu schulden kommen lassen, darüber zu urteilen, sei Sache des FlottenvereinS selber. Die Briefe, die der „Bayrische Kurier" veröffentlicht habe, seien gestohlen. Die beiden Täter kenne man ja auch Wohin soll» es führen, wenn alle Gemeinheit Schule macht ? Die Aufklärungen, die Fürst Bülow im Wahl kampfe gegeben habe, seien danken-weri; sie s«ien nicht ein Rückschritt, wie Spahn meine, sondern ein Fort schritt. Herr Spahn habe den Toleranzantrag wieder amtkündigt. Seine (Redner») Freunde wollten keine Einmischung des StaateS in innere Angelegenheiten der katholischen Kirche. Die Katho liken sollen nach ihrer eigenen Ueberzcugung leben und sterben können. Wenn aber da« Zentrum keine Erörterungen über kirchliche Dinge wünsche, so hätten die Herren daS selber in der Hand. Sie brauchten nur d«n Toleranzantrag nicht mehr einzubringen. (Heiterkeit) Wa» nun di« Sozial demokratie anlange, so s«i in den Kreisen der Ar- beiter eine rückläufige Bewegung gar nicht zu ver kennen. Umso weniger dürfte fortan daS Mißtrauen der Arbeiter wieder genährt werden durch Ver schleppung d«r Sozialpolitik oder gar durch Vor lagen nach Art des Zuchthausgefitzes. Gras Posa- dowkky habe sich durch seine sozialreformerische Tätigkeit Verdienste und Anerkennung erworben; aber man habe doch zuwrilen den Eindruck ge wonnen, als seien seine Vorlagen mit engherzigen Anschauungen auS dem preußischen Llaals- ministerium gepaart gewesen. Daran» seien dann Wechselbälge entstanden, so auch die vorig« Vorlage über die BerufSvereine. Die sozialreformerischen Vorlagen müßten auS einem freiheitlichen Geiste heraus geboren sein. Vor allem bedürfe es eines freiheitlichen Vereins- und Versammlungsrcchtes. Das bestehende Recht sei zum Teil geradezu lächerlich. Man denke da nur an das Segment für die Frauen. Die Sozialdemokratie könne nicht bekämpft und überwunden werden durch Polizeimaßregeln, sondern nur durch eine organische Gesetzgebung. Da» habe auch wieder der Wahlkampf bewiesen. Dringend nötig seien auch Justizreformen. Unsere auswärtige Politik soll kein« ausfchweistnd« Welt- und Er- oberungspolitik sein; aber freilich Nasenstüber wollen wir unS vom AuSlande auch nicht gefallen lassen. Die Wahlen haben jedenfalls gezeigt, daß daS deutsch« Volk in nationalen Fragen sehr em pfindlich ist. DaS Bürgertum hat gesehen, daß eS die Sozialdemokratie überwinden kann, wenn eS sich nur selber aufrafft, und darin liegt die große Bedeutung dieser letzten Wahl. (Lebhafter Beifall.) Reichtkauzler Fürst Bülow: Im Laufe der letztverflossenen Jahre ist mir oft übertriebene Hinneigung zum Zentrum vorge worfen worden. Heute wurde vom Führer des Zentrums gesagt, daß ich gerade diese Partei brüS- kiert habe. Ich mache kein Hehl daraus, daß ich allerdings lange redlich bestrebt war, die Mitwir kung dieser Partei für große nationale Aufgaben zu gewinnen. Wie die Parteiverhältniffe lagen, gab eS keine andere Möglichkeit, nationale Arbeit zu leisten. Mil dem Zentrum habe ich den AuS-
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