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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 16.11.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-11-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191011160
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19101116
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19101116
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Anzeiger
- Jahr1910
- Monat1910-11
- Tag1910-11-16
- Monat1910-11
- Jahr1910
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 16.11.1910
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beit eine nicht immer erwünschte Beigabe zum Leben ist. Das ist bei vielen eine bedauer liche Zeitanschauung, aus der alle die dunklen Taten entspringen, von denen wir Woche für Woche lesen. Junge Leute sollen rotwangigem Obst gleichen, aber wir finden heute neben zahlreicher guter Frucht so manche wurmsti chig. Ein großer, schöner Gedanke weht durch unsere ganze moderne Gesetzgebung; die Ju gend soll ihre Lebensfreude, sie soll es ein- mal besser haben, wie frühere Geschlechter. Aber was sehen wir oft? Die gereisten Leute müssen sich häufig genug von früh bis spät plagen, und die jungen Menschenkinder spre chen von geringem Tun wie von einer großen Leistung. Ob nicht doch ein Posten in der Rechnung nicht stimmt, da wir von Dank für alles das Gute und Neue so wenig merken? Es ist so! Unsere junge Generation ist zu wenig aus den wirklichen Wert ihrer Tätigkeit hingewiesen, sie will mit zwanzig Jahren so weit sein, wie man früher mit dreißig war. Hier wird vieles zu ändern sein. Der kernige und starke Nachwuchs in allen Ehren, aber böse Beispiele verderben gute Sitten. Das deutsche Volk ist ein Volk der Arbeit und der Treue, und daran nicht rütteln zu lassen, ist Notwendigkeit. Notwendigkeit aber ist auch, darin mit dem besten Beispiel voranzugehen; des Deutschen Ausgabe ist nicht allein, zu sei nem Besten Karriere zu machen, sondern dem Gemeinwohl zu dienen, Zeitschäden zu be kämpfen. Stille Gedanken mögen über diese Zeiterscheinungen gepflogen werden und sich dann zu ernsten Taten verdichten. Das ist nötig, und darum ist es unser Wunsch. *— Wetteraussicht für Mittwoch, den 16. Nov.: Nordöstliche Winde, zeitweise aufheiternd, kälter, kein erheblicher Niederschlag. *— Eine seltene Himmelserschei nung, wenigstens für die hiesige Gegend, ließ sich gestern abend in der Dämmerstunde be obachten. Der Himmel leuchtete in einem wunder baren Abendrot und ließ Häuser und Straßen wie in magisches Rot getaucht erscheinen. Die weiten Schneefelder spiegelten den Glanz in großartiger Schönheit zurück. * — Die totale Mondsinster- nis am Mittwoch abend (Bußtag) beginnt, woraus noch einmal hingewiesen sei, gegen 5^11 Uhr mit der ersten Berührung des Mon des durch den Halbschatten der Erde. Zu die sem Zeitpunkt ist unser Trabant aber immer noch von der Sonne, wenn auch schwächer, be leuchtet. Der Mond sieht dann aus, als sei er mit einer Nebel- oder Rauchwolke von sehr unbestimmten und verwaschenen Grenzen über zogen. Denn dieser Halbschatten ist jener Raum, der nur von einem Teile der Sonne Licht erhält. Erst wenn der Mond gegen 12 Uhr mit seinem Ostrande in den Kernschatten der Erde, also in den völlig verdunkelten Ke gel, eintritt, beginnt die runde Mondscheibe eine schnell größer werdende sichelförmige Ein kerbung zu zeigen. Diese verkleinert die Mond scheibe zusehends, bis kurz vor 1 Uhr nachts der Mond vollkommen verschwunden ist, und die Totalität der Verfinsterung beginnt, die ihre Mitte um 1 Uhr 20, ihr Ende um 1 Uhr 46 Minuten nachts erreicht. Aber auch wäh rend der Totalität verschwindet der Mond bei klarer Luft nicht völlig; man erblickt deutlich eine kupfrige bis dunkelrote, verwaschene Schei be. Denn wenn das Sonnenlicht durch die Erdkugel auch völlig abgeblendet wird, so bricht es sich doch in den höheren Schichten der Atmosphäre und gelangt auf diesem Umwege noch bis auf den Mond. Am Ende der tota len Verfinsterung erscheint zuerst am Ostrande wieder ein schmaler Lichtstreif, bis um 2 Uhr 57 Minuten der Mond völlig aus dem Kern schatten der Erde hinaustritt. Er verweilt dann noch eine Stunde innerhalb des Halb schattens, aus dem er um 3 Uhr 56 Minuten morgens am 17. November hinaustritt. Die nächste totale Mondfinsternis in Deutschland ist im Jahre 1912. * — Maul- und Klauenseuche. Nachdem in Bernsdorf die Maul- und Klauen seuche ausgebrochen ist, ist der genannte Ort für jeden Verkehr mit Klauentieren gesperrt worden. Aus gleichem Grunde hat die Kgl. Amtshauptmannschaft die Abhaltung von Tanz vergnügen, Lustbarkeiten und Festlichkeiten al ler Art, sowie von Versammlungen in öffent lichen Lokalen in Bernsdorf bis auf weiteres verboten. * — Völkerschlacht-Denkmals- Lotterie. Bei der gestrigen ersten Zie hung fielen: 10 000 Mark auf Nr. 27 821; 500 Mark auf Nr. 140 403; 300 Mk. auf Nr. 16 049, 98 288 ; 200 Mk. auf Nr. 13 325, 74 925, 131,285, 155 285, 171 803; 100 Mark auf Nr. 20 140, 64 547, 76 529, 119 457, 131879, 144 116, 171 762. * Hohenstein-Ernstthal, 15. Nov. Nach dem der Hausbesitzerverein, wie schon mitgeteilt, bereits am Donnerstag voriger Woche sich mit der bevorstehenden Stadtverordnetenwahl be schäftigt und eine eigene Kandidatenliste aufge stellt hatte, traten gestern abend im Hotel „Deutsches HauS" die vereinigten Kartellvereine (Konservativer Verein, Nationalliberaler Verein, Fabrikantenverein, Ältst. Gewerbeverein, Ver einigte Innungen, Allg. Beamtenverein, Orts gruppe des Vereins sächs. Gemeindebeamten, Rabatt-Sparverein und Evang. Arbeiterverein) zusammen, um über die von den einzelnen Ver einen in Vorschlag gebrachten Kandidaten zu beraten. Nach längerer Aussprache einigte sich die Versammlung, die vom Vorsitzenden des Rabatt-Sparvereins, Herrn Kaufmann Oscar Fichtner, geleitet wurde, auf folgende Herren: ») Ansässige : Fabrikbesitzer Redslob, Schuldirektor Dietze, Buchbindermeister Bohne, Nadelmacher Schmidt, Tischlerobermetster Wappler, Kaufmann Oscar Fichtner und Kaufmann Vetter; b) Un ansässige: Rechtsanwalt Dr. Haubold und Post- sekretär Arnold. Einen eingehenden Bericht über die interessante Versammlung bringen wir in nächster Nummer. * — Allgemeine Ortskrankenkasse. Gestern fanden die Vertreterwahlen zur hiesigen Ortskrankenkasse statt. Die Beteiligung war un gefähr die gleiche wie vor 2 Jahren. Während im Jahre 1908 266 Arbeitnehmer von ihrem Stimmrecht Gebrauch machten, waren es in diesem Jahre 268. Da seitens der Arbeitnehmer nur eine Liste des Gewerkschaftskartells aufge stellt war, fand diese glatte Annahme. Gewählt wurden 61 Vertreter. In der Abteilung der Arbeitgeber wurden 14 Stimmen abgegeben. Aus der Wahl gingen die ebenfalls seitens des Ge werkschaftskartells vorgeschlagenen 30 Vertreter hervor. Heute abend findet die Generalver sammlung statt. * — 8 4. S t i f t u n g s f e st. Mit Ge nugtuung kann der Männergesangverein „Sän gerverein" auf den Verlauf des von ihm ver- anstaltetien Konzerts aus Anlaß seines 84. Stiftungsfestes zurückblicken. Der Besuch war recht gut, wie dies ja bei den Veranstaltun gen des Vereins stets der Fall ist. Mit der Ouvertüre zur Oper „Zampa" von Herold lei tete das städtische Orchester den Abend wir kungsvoll ein. Ihr folgte ein straffer Männer- chor „Das Kirchlein" von Becker und sodann ein von Herm Fabrikant Nestler gut zu Ge hör gebrachtes Baritonsolo „Blick ich umher" von Rich. Wagner. Der reichlich gespendete Beifall veranlaßte den Sänger zu einer gern gegebenen Zugabe. Recht gute Wirkungen er zielte ein Quartett mit dem Vortrage der Nest- lerschen Lieder „Hört, ihr Mägdelein" und „Mädel im Mai". Im Anschluß hieran ergriff der Vorsteher des Vereins, Herr Hugo Stieg ler, das Wort zu einer Begrüßungsansprache. Besonders die dem Bunde angehörenden San gesbrüder, hierunter auch Vertreter des Chem nitzer Bürgergesangveretns, hieß er herzlich willkommen. Man habe, so führte er etwa weiter aus, in dem aufgestellten Programm auch zweier Komponisten gedacht, deren Ge denktage dieses Jahr sind. Am 8. Juli 1810 erblickte Robert Schumann, der große Zwik- kauer, das Licht der Welt und am 26. August 1860 starb in Tübingen ein hochbedeutsamer Förderer des deutschen Volksgesanges, Fr. Sti cher. Es führe zu weit, die Verdienste Sil- chers um die deutschen Volkslieder wegen so mancher eigenen Melodien zu gedenken, wie z. B. „Zu Straßburg", „Aennchen von Tha- rau", „Morgen muß ich fort von hier" rc., aber fest stehe es, daß Silcher dem deutschen Volke einen Schatz gegeben, den wir um vie les andere aus der Gesangsliteratur nicht ein- bützen möchten, und der, wie schon bisher, so auch in Zukunft ein Jungbrunnen rechten Sän gerempfindens bleiben möge. Auch Schumann habe dem deutschen Volke viel gegeben und sei es wert, stets hochgehalten zu werden. Den beifällig aufgenommenen Worten folgten zwei Männerchöre, von denen „Die Lotosblume" von Schumann besonders ansprach. Bei bei den Chören kam das gute Können des Ver eins gediegen zum Ausdruck. Der Verein bezw. die Mitglieder nehmen es ernst mit ihrer Auf gabe und besitzen in Herrn Lehrer Willv Eid ner einen verständnisvollen und tüchtigen Di rigenten. Eine tatsächlich angenehme Ab wechslung war die Mitwirkung der beiden Ge schwister Uhlig aus Chemnitz, die mit dem Vortrag von zwei Liedern „Frühlingsahnung" und „Abschied der Vögel" stürmischen Beifall erzielten und sich zu einer Zugabe verstehen mußten. Eine feinsinnige Begleitung hierzu boten die Herren Lehrer Heinzig und Eidner. Den ganzen Abend nur Männerchöre zu hören, wirkt schließlich monoton und ergänzte der wirklich gute Damengesang das Programm sehr vorteilhaft. Als ein Virtuos auf der Trompete entpuppte sich Herr Postbeamter Wer ner, der mit einem gelungenen Solo von Edm. Neumann „Der verliabte Postillon" aufwar tete. Auch diese Leistung fand wohlverdienten Beifall. Es folgten sodann zwei Silchersche Lieder „Maidle, laß dir was verzähle" und das tiefempfundene „Morgen muß ich fort von hier" und „Morgenrot" von Wohlgemuth. Volkslieder sollen Volksempfinden wecken und auffrischen, sollen das breiteste Empfinden aus lösen. Dazu beigetragen zu haben, ist ein Ver dienst des Vereins, der seine Aufgabe in recht zufriedenstellender Weise gelöst hat. Da die Volkslieder nach der musikalischen Seite hin leicht verständlich sind, bleibt als Hauptteil die textliche Behandlung übrig. Diese ist sorgsam und getreu ausgeführt worden, und daneben trat eine der guten Ausbildung zu verdankende gesunde, ungekünstelte Auffassung zutage. Es ist erfreulich, daß sich die wackere Sängerschac gerade diesen Hauptforderungen gegenüber in sehr gewissenhafter Weise abfand. Den Schluß des konzertlichen Teiles bildete „Landsknechts leben", ein Hirschscher Männerchor mit Orche sterbegleitung in 8 Abteilungen. Mit einer munteren Lagerszene nimmt das größere Werk seinen Anfang; ihr folgt ein äußerst humori stisches Tanzlied mit lustigen Melodien. „Im Zug" heißt die nächste Abteilung und man glaubt in dem rhythmischen Stoßen der Melo die das Stampfen des Zuges zu hören. Es folgte ein witziges Kirmeslied und sodann — die Solostellen von Herrn Lehrer Leh mann mit großer Akkuratesse zum Vortrag ge bracht — der „Abschied vom Schätzel". Eine weitere Solostelle führte Herr Fabrikant Nest ler gut zu Ende. Den Schluß bildeten die Abteilungen „Beim wälschen Wein" „Gebet vor der Schlacht" und „Auf der Wahlstatt". Der Chor wurde der nicht leichten Aufgabe voll und ganz gerecht und auch das Orchester bot eine gut abgestimmte Begleitung. Ueber dem ganzen Verlauf des Konzertes waltete ein günstiger Stern und lieh das zahlreiche Publi kum gern sein Ohr den reichlich bemessenen Darbietungen, von denen schon die Hälfte ein gutes Programm abgegeben hätte. — Sodann nahm der Tanz sein Recht für sich in An spruch. Während die Jugend und nicht min- der die Alten sich nach den Klängen lockender Tanzweisen wiegten, brachten die sangesfreu digen Herren noch manch schönen Sängergruß zum Vortrag und feuchteten die durch die An strengung so trocken gewordenen Kehlen an. Erst in später Stunde fand das schön verlau fene Fest sein Ende. * — Theater im Hotel „Drei Schwanen". Gestern abend ging vor voll ständig ausverkauftem Hause „Die Hochzeit von Valeni" von Ludwig Ganghofer über die Bretter. Versprach schon der Name des Dich- ters einen besonders inhaltreichen Abend, so wurden die Erwartungen der Besucher noch bei weitem übertroffen durch das sichere und lebenswahre Spiel der Gesellschaft Richter und ihres Gastes Herrn Willy Braune. Gar viele der Besucher, welche bisher immer glaubten, nur in der Großstadt etwas Gediegenes und Schönes zu sehen, werden nunmehr auch über zeugt sein, daß die kleine Künstlerschar unter ihrem rührigen Direktor sich auch einem größe ren Ensemble würdig zur Seite stellen kann. Die Einzelheiten der Aufführung hier aufzu führen, kann wegen Raummangel nicht ange hen und erübrigt sich auch vollständig, da die Besucher sicherlich ihre Freunde und Bekannten auf die schönen Stunden aufmerksam machen, welche sie bei der flotten Künstlerschar verleb ten. Wer bisher seinen Besuch der Vorstel lungen noch immer aufsparte, wird hoffentlich nunmehr durch die Stimmen des Lobes über das vortreffliche Spiel veranlaßt werden, recht bald seine bisherige Versäumnis nachzuholen. *— Politisches. Der sozialdemokratische Ortsverein hatte auf gestern abend in das Gast haus „zur Zeche" eine Volksversammlung ein berufen, in der Herr Julius Hildebrand aus Berlin-Rixdorf vor etwa 200 Zuhörern einen Vortrag über „Die Vorgänge in Moabit und die Pläne der Reaktion" in ungefähr 2'/.stündiger Redezeit hielt. ! *— Zum vierten Male eingebrochen wurde in der vergangenen Nacht in das Hallen grundstück des hiesigen Naturheilvereins. Ob und was den Spitzbuben in die Hände gefallen ist, ließ sich bisher noch nicht feststellen, da man, um die Spuren des Einbruchs nicht zu ver mischen, alles in dem aufgefundenen Zustande beließ. Heute nachmittag traf ein Zwickauer Schutzmann, dessen Polizeihund schon öfter von sich reden machte, hier ein. Ueber das Ergebnis der Untersuchung werden wir in nächster Nummer berichten. * Oberlungwitz, 15. Nov. Die Allgemeine Ortskrankenkasse hielt gestern abend im Post restaurant ihre diesjährige Generalversammlung ab. Die Versammlung wurde durch den Vor steher, Herrn Max Katzsch, eröffnet und geleitet. Zu Punkt 1 der Tagesordnung wurden als Rechnungsprüfer die Herren A. Erler, R. Bäßler und B. Werner von den Arbeitgebern und die Herren H. Haase, Vogel, Fickert und Kreher von den Arbeitnehmern gewühlt. In den Vorstand wurde Herr Gutsbesitzer Gust. Müller von den Arbeitgebern und die Herren Ernst Fickert und Osw. Kreher von den Arbeitnehmern gewählt. Der Parabraph 20 des Kassenstatuts wurde da hin abgcändert, daß man das Sterbegeld für Mitglieder, das bisher den 20fachen Betrag des durchschnittlichen Tagesverdienstes betrug, in Zu kunft auf den 30fachen Betrag erhöhte. Für Frauen bestand eine derartige Bestimmung noch nicht und wurde deshalb beschlossen, für Frauen ein Sterbegeld in Höhe des 20fachcn Betrages des durchschnittlichen Tagclohnes fcstzusetzen. Die Notwendigkeit eines zweiten Arztes wurde in längerer Aussprache heworgehobcn und diese Angelegenheit schließlich dem Gesamtvorstand zur Erwägung überwiesen. * Oberlungwitz, 15. Nov. Die Theater- dircktion Richter hat sich auf vielseitigen Wunsch hin entschlossen, die Vorstellungen im Post restaurant ab Donnerstag abend wieder be ginnen zu lassen. An diesem Abend wird erst malig das Stobitzersche Lustspiel „Der Mann mit den zwei Frauen" gegeben und weisen wir auch an dieser Stelle hierauf noch besonders hin. * Gersdorf, 14. Nov. Aus dem Stein kohlenwerke „Kaisergrube" stürzte am Sonn abend nachmittag die nach „Konkordia" und der neuen Kohlenwäsche führende eiserne Brücke in einer Länge von 30 Metern ein. Zwei beim Bauen beschäftigte Arbeiter wurden mit in die Tiefe gerissen und trugen einige Ver letzungen davon. Wen eine Schuld trifft, wird jedenfalls die Untersuchung ergeben. * Lugau, 14. Nov. Da in unserem Orte die Geflügelcholera ausgebrochen ist, muß die für den 20. und 21. d. M. anbcraumte Geflügel- Ausstellung unterbleiben. Dieselbe wird ver mutlich im Februar nächsten Jahres abgehalten werden. * Hartha» b. Chemnitz, 14. Nov. Ge stern früh >^4 Uhr brach in dem der Witwe Weitz gehörigen Wohnhause auf der Hedwig' stratze Feuer aus. Das Gebäude brannte bis auf den Fußboden des 1. Stockwerkes nieder. Im Dachgeschoß sind 14 Tauben, Heu, Betten und Mobiliar ein Raub der Flammen gewor den. Den in den betroffenen Räumen schla fenden Menschen war es glücklicherweise mög lich, sich noch rechtzeitig zu retten. * Dresden, 14. Nov. Der heutige Schlacht viehmarkt ist wegen des Ausbruches der Maul- und Klauenseuche gesperrt worden. * Leipzig, 14. Nov. Das Schicksal der Brüder Koppius ist nun endgültig entschieden: Der König hat nämlich auf Vortrag des Ju- stizministeriums beschlossen, in bezug aus die vom Schwurgerichte zu Leipzig gegen Karl Koppius erkannte Todesstrafe vom Begnadi gungsrechte keinen Gebrauch zu machen, dage gen die gegen Friedrich Koppius erkannten Todesstrafen in lebenslängliches Zuchthaus zu verwandeln. — Der Motorwagenführer Höch, der am 22. Mai einen Zusammenstoß zweier Wagen der Leipziger Großen Straßenbahn ver schuldet hatte, bei dem 17 Personen schwer verletzt und eine Person getötet wurde, wurde vom Landgericht zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. — Das sechs Jahre alte Töchter chen des in der Uferstraße wohnhaften Roh produktenhändlers Hoffmann stürzte im Trep penhause durch den Treppenschacht vier Etagen hoch in das Erdgeschoß hinab und trug hier bei einen schweren Schädelbruch davon. Das Kind hatte sich zu weit über das Geländer ge- beugt und dabei das Uebergewicht erhalten. Mittels Rettungswagens wurde das Kind in hoffnungslosem Zustande in das Stadtkranken haus übergeführt. — In der Dampfbuchbin derei von Böttcher u. Bongartz ereignete sich ein schwerer Unglücksfall. Der 17 Jahre alte Markthelfer Otto Häntzschel hatte sich, um ei nen Wagen mit mehreren Zentnern Büchern in das Erdgeschoß zu befördern, den Fahrstuhl nach der 2. Etage geholt. Indem er den Wa gen heranrollte, hatte ein anderer den Fahr stuhl eine Etage höher gezogen. Ahnungslos fuhr der Mann den Wagen in den Schacht und stürzte die 2 Etagen hinab. Er trug hierbei so schwere Verletzungen davon, daß er sofort dem Krankenhause zugeführt werden mutzte. * Döbeln, 14. Nov. Den eifrigen Nach forschungen der Gendarmen Herren Lorenz in Großweitzschen und Zenker in Ostrau ist es be reits gelungen, den Täter zu ermitteln, der am Freitag abend in Oberzschörnewitzer Flur eine Schiene aus das Gleis der Schmalspur bahn Döbeln—Mügeln legte und den Zug da durch in Gefahr brachte. Es ist ein 17jähri- ger russischer Arbeiter vom Rittergute Döschütz. Er hat, wie sich herausstellte, in nächster Nähe die Wirkung seiner Tat abgewartet. Er wurde gestern dem Amtsgericht Döbeln zugesührt. * Zwickau, 14. Nov. Vor der hiesigen Strafkammer wurde jetzt der Prozeß beendet, der sich gegen 16 angeklagte Handschuharbei ter aus Johanngeorgenstadt bezw. deren Ehe frauen richtete. Schon seit Jahrzehnten be steht in den meisten Handschuhfabriken der Brauch, daß die Handfchuhmacher die bei dem Zuschneiden der Handschuhe gewonnenen Le derabfallstückchen mit nach Hause nehmen und für sich verwerten. In Johanngeorgenstadt wurde diese Gepflogenheit den Arbeitern zum Verhängnis, während, nach den Zeugenaussa gen zu urteilen, in den Halberstadter Fabriken das Mitnehmen des Leders stillschweigend ge stattet ist, wo es nicht durch eine Bestimmung der Arbeitsordnung verboten wird. Nicht we niger als 75 Arbeiter sind bereits vom Schöf fengericht in Johanngeorgenstadt zu Gefäng nisstrafen verurteilt worden, weil sie die Le derabfälle für sich verwandten. Auch bei den erwähnten 16 Angeklagten kam die Strafkam mer des hiesigen König!. Landgerichts nach viertägiger Verhandlung zu einer Verurteilung fast sämtlicher Angeklagten, und zwar lautete das Urteil gegen den der gewerbsmäßigen Hehlerei angeklagten Lederhändler G. L. Wolff aus Halberstadt auf zwei Jahre Zuchthaus, fünf Jahre Ehrverlust und Stellung unter Po lizeiaufsicht, gegen den Flaschenbierhändler Ar. K. Sadler aus Johanngeorgenstadt wegen des selben Verbrechens auf ein Jahr vier Monate Zuchthaus und Stellung unter Polizeiaufficht. Ferner wurden verurteilt die Handschuhmacher Hüttner aus Arnstadt zu 14 Tagen, Hanke zu sechs Tagen, Motsch zu fünf Tagen, Thamm zu vier Tagen, Neuburger, Altenau, Güthers, Sandig und Svensson zu je 1 Tag, Frau Hüttner wegen Beihilfe zu vierzehn Tagen, Frau Sadler wegen Beihilfe zur Hehlerei zu 4^r Monaten Gefängnis. Richter, Frau Svens son und der Maler Lorenz aus Zwota wur den freigesprochen, letzlerer, weil er nur durch einen Irrtum auf die Anklagebank gekommen war. In der Urteilsbegründung wurde ge sagt, daß die Abfallstücke der Fabrik gehören. Wenn die Arbeiter eine Berechtigung zu ihrer Handlungsweise daraus herleiten wollten, daß ein Teil der Arbeit bei Anfertigung der Hand schuhe (z. B. das Dollieren) nicht bezahlt wird, so ist festgestellt worden, daß diese Ar beit schon in dem von Arbeitgebern und Ar beitern aufgestellten Lohnsätzen enthalten ist. Ferner ist als erwiesen zu erachten, daß die Mitnahme heimlich erfolgte, und daß auch größere, wertvolle Stücke entwendet wurden. Aus dem jahrelang geübten Brauch lasse sich also kein Recht herleiten. * Zwickau, 14. Nov. Wie erst jetzt zur Kenntnis der Kriminalpolizei gekommen ist, haben Ende Oktober sogenannte Geldmännel einer hiesigen 64 Jahre alten Einwohnerin un ter dem Versprechen, ihr dafür mehrere tau send Mark falsches Papiergeld zu liefern, 600 Mark abgeschwindelt. Nach Empfang der 600 Mark haben sie nichts mehr von sich hören und sehen lassen; der Frau hat auch von ih rem sauer verdienten Gelbe nicht ein Pfennig gerettet werden können. Als Täter kommen in Frage eine wegen Betrugs schon mit Zucht haus bestrafte und jetzt in Werdau wohnhafte 63 Jahre alte Händlerin aus Brunn bei Auer bach i. V., ein Handelsmann, ein Fabrikar beiter — zwei Brüder — und ein Handarbei ter aus Treuen. Trotzdem schon so ost vor dem gemeingefährlichen Treiben solcher Ele mente gewarnt worden ist, gelingt es ihnen doch immer wieder, Opfer zu finden.
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