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Zwönitztaler Anzeiger : 11.05.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-05-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1859945678-188605116
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1859945678-18860511
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1859945678-18860511
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungZwönitztaler Anzeiger
- Jahr1886
- Monat1886-05
- Tag1886-05-11
- Monat1886-05
- Jahr1886
- Titel
- Zwönitztaler Anzeiger : 11.05.1886
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attachirt war, ist von seinem Berliner Posten abberufen und durch den Flügeladjutanten, Obersten Grafen Golenistchef-Kutusow vom Chevaliergarderegiment, ersetzt worden. Ueber den Grund dieses Personalwechsels verlautet noch nichts Näheres. Der kirchenpolitische Kampf ist zu Ende — die am vorigen Freitag im preußischen Abgeordnetenhaus« in specieller Berathung erfolgte unveränderte Annahme des neuen Kirchengesetzes drückt dieser bedeutsamen Thatsache das Siegel auf. Allerdings steht noch die dritte Lesung und mit ihr die endgültige Abstimmung aus, aber letztere hat nach den vorausgegangenen Verhandlungen kaum mehr als eine formale Bedeutung zünd wird der Gesetzentwurf in dritter Lesung mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der Nationalliberalen, sowie eines Bruchtheiles der Freiconservativen und der Deutsch freisinnigen definitiv genehmigt werden. Die Specialberathung selbst bewegte sich im Gegensätze zu dem scharfen und erregten Ton der zweitägigen Generaldebatte in verhältnißmäßig sehr ruhigen Grenzen, man mochte allseitig das Bedürfniß haben, mit der Sache nunmehr ohne weitere große Verhandlungen zu Ende zu kommen. Eine längere Debatte rief eigentlich nur Artikel 2 der Vorlage hervor, welcher von der Wiedereröffnung der kirchlichen Seminare handelt und in seinem Schlußsätze bestimmt, daß die Wiedereröffnung der Seminare in den Diäresen Gnesen-Posen und Kulm königlicher Verordnung Vorbehalten bleibt. Diesen Zusatz zu streichen, beantragte Abg. v. Jazdzewski Namens der polnischen Fraction, doch wurde dieser Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt, nachdem Cultusminister v. Goßler für die Nothwendigkeit dieser Bestimmung eingetreten war und der Centrumsführer Dr. Windthorst kurz und bündig erklärt hatte, die Centrumspartei halte an den Beschlüssen des Herrenhauses fest und sei daher auch gegen den Antrag Jazdzewski. Im Uebrigen trugen diesmal die Nationalliberalen — o bgesehe» von der oppositionellen Haltung der Polen bei Artikel 2 — die Kosten der Opposition ganz allein; auf deutschfreisinniger Seite herrschte vollständiges Still schweigen und auch auf Seiten der Freiconservativen verhielt man sich äußerst reservirt. Von den Nationalliberalen machte Dr. Gneist nochmals die Bedenken seiner Partei gegen den vorliegenden Ent wurf im Allgemeinen wie auch gegen die einzelnen Artikel geltend, erklärte jedoch bezüglich des Schlußartikels (Freigebnng des Meffe- lesens und des Sacramentespendens), daß für denselben auch seine Partei stimmen würde. — Man kann jetzt nur noch wünschen und hoffen, daß der Ausgleich zwischen der preußischen Negierung und der katholischen Kirche wirklich ein dauernder sei und keinen Schein frieden bedeute, denn daß in letzterem Falle der Staat den kirchen politischen Kampf unter viel ungünstigeren Verhältnissen für ihn wieder aufnehmen müßte, bedarf wohl kaum einer näheren Erörterung. Im Bundesrathe haben am Sonnabend die Plenarverhandlungen über die neue Zuckersteuer-Vorlage begonnen und dürsten zu deren Fertigstellung seitens des BundesratheS nur wenige Sitzungen nöthig sein. Demnach wird der Reichstag bei seinem am nächsten Montage erfolgenden Wiederzusammentritte diese Vorlage bereits vorsinden und sich ihr sofort widmen können; am Montag selbst kann dies allerdings noch nicht geschehen, da für diese Sitzung kleinere Sachen auf der Tagesordnung stehen. Ueber die Verhandlungen der Bundes- rathaausschüsse, betreffend die neue Branntweinsteuer-Vorlage, ist noch nichts Bestimmtes bekannt geworden. Oberst Giehrl ist zum Chef des Generalstabes des 1. bayerischen Armrecorp« ernannt worden. Der seitherige Inhaber dieser Stellung, Oberst Ritter von Lylander, wurde zum Commandeur des 5. In fanterieregiment« ernannt. Prinz Wilhelm von Württemberg und seine Gemahlin haben die königliche Sommerresidenz Marienwahl bei Ludwigsburg bezogen. Belgien. In Belgien ist durch die aus den letzten Arbeiter- uoruhen resultirende Crisis in der Industrie eine unerwartete Wirk ung hervorgebracht worden — eine Annäherung der liberalen Partei an die bekanntlich clericale Regierung. Der liberale Parteiführer, der greise Fräre-Orban, hat der Regierung anläßlich des von ihr jüngst eingebrachten 43-Millionen-Credits zur Ausführung öffentlicher Bauten in der Kammer die aufrichtige Unterstützung seiner Partei bei dem Bemühen, das Loos der arbeitenden Classen zu verbessern, zugesagt. Freilich wird sich diese Annäherung eben nur auf wirth- schastlichem Gebiete bekunden können, denn auf rein politischem Felde ist sie unmöglich und der gegenwärtige heftige Wahlkampf in Belgien beweist zur Genüge, daß sich hier Liberale und Clericale unversöhn lich gegenüberstehen. Italien. Die Choleraepidemie im Venetianischen nimmt jetzt wieder einen bedrohlicheren Charakter an. In der Stadt Venedig selbst kamen vom Donnerstag Mittag bis Freitag Mittag 7 Erkrank ungen und 5 Todesfälle an Cholera vor und auch in der Stadt Vicenza ist die Seuche plötzlich und mit unvermutheter Heftigkeit aufgetreten. In Brindisi und Umgegend tritt die Cholera noch fort während sehr mild aus. Balkanhalbinsel. Die griechische Frage, auf welche sich gegenwärtig die Orientcrisis reducirt, hat zum zweiten Male eine so drohende Wendung genommen, daß der Ausbruch des so lange befürchteten kriegerischen Zusammenstoßes zwischen der Pforte und Griechenland nunmehr fast unvermeidlich erscheint. Die Gesandten der fünf Mächte — Frankreich allein sondert sich bekanntlich von den übrigen Großmächten ab — haben Athen infolge der wenig be friedigenden abermaligen Antwort der griechischen Regierung auf da« Ultimatum der Mächte am Freitag Vormittag verlassen Auch der türkische Gesandte verließ am gleichen Tage Athen und zwar mit dem gesammteu Personal, während von den Gesandtschaften der fünf Mächte einstweilen noch die Secretaire in der griechischen Haupt stadt. zurückgeblieben sind. Da« vor Phalerun ankernde internationale Geschwader ist nach der Sudabucht zurückgekehrt und die griechische Flotte ihrerfeit« verließ ihren bisherigen Stationsort bei Salamis und soll nach Porros abgegangen sein. Das griechische Kanonen boot „Salaminia" erhielt Ordre, unverzüglich nach Constantinopel abzudampfen und den Gesandten Condmiotis abzuholen. Der schleunigste Abmarsch der Athener Garnison nach Thessalien, wo ein Einfall der Türken befürchtet wird, wurde angeordnet und ging am Freitag das erste Regiment der Athener Garnifon, welche durch die in Calamata und Sparta stehenden Regimenter ersetzt werden soll, nach der Grenze ab. — Hiernach zu urtheilen, ist der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen der Pforte und Griechenland als eine vollendete Thatsache zu betrachten und es erübrigt nur noch die formelle Kriegserklärung. Hingegen haben die „fünf Mächte" ihre diplomatischen Beziehungen zu der griechischen Negierung noch nicht vollständig abgebrochen, da ja, wie schon oben mitgetheilt, die Gesandtschaftssecretaire in Athen zurückgeblieben sind. Ob die Mächte den nun fast unvermeidlich gewordenen Kampf zwischen Griechenland und der Türkei von den beiden feindlichen Parteien allein ausfechten lassen oder ob sie nun endlich acliv gegen Griechenland vorgehen werden, läßt sich noch nicht genau beurtheilen. Allerdings meint die „Times" bezüglich des jetzigen Standpunktes der griechischen Frage, die Mächte würden die griechischen Häfen blokiren und es Griechenland überlaßen, sein Glück mit den Türken an der Grenze zu versuche», sowie auch bestrebt sein, den eventuellen, hoffentlich nur kurzen Krieg möglichst zu localisiren. Indessen trotz der Ab berufung der fünf Gesandten hat cs doch den Anschein, als ob die Mächte über ein weiteres Vorgehen gegen Griechenland nicht recht einig seien und so dürfte es denn auch mit der oft erwähnten Blo- kade noch gute Wege haben. Nord-Amerika. Den amerikanischen Behörden ist es gelungen die Ruhe in Chicago und Milwaukee nach vielem Blutvergießen wieder herzustellen. Die unterdrückte Chicagoer „Arbeiterzeitung," ein revolutionäres Hetzblatt reinsten Wassers, erschien am Freitag wieder, doch wurde ihr vom Bürgermeister mit sofortiger abermaliger Unterdrückung gedroht, falls sie fortfahren sollte, eine aufreizende Sprache zu führen. Aus mehreren Städten wird die Fortdauer der Strikebewegung gemeldet, doch sind Ruhestörungen nicht vorgekommen. Geprüfte Herzen. Novelle von F. Stöckert. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Die blonde Toska sah ihn verwundert an. WellbachS Blicke aber streiften sie unsäglich finster, der Entschluß stand fest in ihm, sich um jeden Preis von dieser Gefährtin, die die rächende Nemesis an seine Seite gebannt zu haben schien, loszureißen. „Warum seufzen Sie?" fragte jetzt Toska's Stimme etwas scharf. „Warum ich seufze? weil ich Heimweh habe," erwiderte er fast rauh. „Heimweh?" hauchte Toska. „Ja, Heimweh, richtiges Heimweh, und wenn mich das erfaßt, dann muß ich unverzüglich nach Haus, dann halte ich es keinen Tag mehr in der Fremde aus, dann habe ich gar keinen andern Gedanken mehr, dann muß ich fort! fort!" „Mein Gott wie seltsam!" warf Toska schüchtern ein. „Meinetwegen nennen Sie es seltsam, das ist mir ganz gleich, ich muß aber fort. Sie müßen meine Zerstreutheit doch selbst be merkt haben!" fuhr Fritz resolut fort. „Ja, es schien mir allerdings, ols interessire Sie meine Schilderung von Bayreuth nicht allzusehr." „Sehen Sie, das war schon das Heimweh, in dieser Stimmung tauge ick eben nicht in die Gesellschaft solcher — geistreichen Damen, ich verstehe sie nicht zu würdigen, ich komme mir wie ein Barbar, wie ein Indianer vor." „Ja," dachte Toska, „ja, er hatte Recht, er war ein Barbar, ihre ganze Liebenswürdigkeit, die Fülle ihres Geistes hatte sie an ibn verschwendet, seinetwegen hatte sie die Eroberung des jungen Privatdocenten, mit dem sie die Reise hierher gemacht, gänzlich auf gegeben, hatte doch Wellbach ältere Rechte auf ihr Herz und war obendrein ein« so gute Partie — und nun — dieser Lohn für alle ihre Anstrengungen! Es war empörend, abscheulich — Toska hätte weinen mögen — o, diese Männer von heutzutage, da ist keiner, der einen hohen, edlen Frauengeist noch zu würdigen versteht und doch sagt Göthe: „Willst Du genau erfahren, was sich ziemt, So frage nur bei edlen Frauen an." Ach, wo war der Mann, der da noch bei edlen Frauen anfragt! Ein unsäglich verächtlicher Blick Toska's streifte Wellbach und Toska rief beinahe zornig: „So gehn Sie doch, was verweilen Sie noch in der Fremde?" „Ich empfehle mich denn, Fräulein Toska —" stammelte Well bach etwas verblüfft über den furchtbaren Gorgonenblick der gekränkten Schönen und verließ die junge Dame. „Mama, Papa, hallet ihn um Gotteswillen nicht auf," rief Toska jetzt boshaft ihren näher kommenden Eltern zu, er muß fort, fort, fort!" „Mein Gott, Kind, meine Toska, was ist geschehen?" fragte die erschrockene Mama, mit fast irren Blicken dem Davoneileuden nach starrend. „Du hast ihm doch hoffentlich keinen Korb gegeben?" forschte der Herr Rath Börner mit strenger Miene. „Er vermochte meinem Geistesfluge nicht zu folgen," war Toska's hochmüthige Antwort, „verlieren wir kein Wort weiter über diesen Wicht!" Sie verlor aber doch noch manches Wort über ihn, wenn auch nur um die etwas consternirteu Ettern zu überzeugen und ihnen klar zu machen, daß dieser Mann nicht werth sri, ihrer stolzen klugen
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