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Zwönitztaler Anzeiger : 13.11.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-11-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1859945678-190411134
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1859945678-19041113
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1859945678-19041113
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungZwönitztaler Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-11
- Tag1904-11-13
- Monat1904-11
- Jahr1904
- Titel
- Zwönitztaler Anzeiger : 13.11.1904
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L Nach dem Sturze des Kaiserreichs ging der Wagen in den Besitz der Grafen von Hunolstein über, die ihn dann einem Bekannten abiraten. Der Wagen ist sehr gut erhalten; Niegel, Schlösser usw. find mit Silber plattiert. Im Innern ist alles vollständig vorhanden, Sattel taschen, Pistolentaschen usw. Der Wagen ist mit den kaiserlichen Farben blau und gelb aus- geschlagen. Dynamit im Munde. In Allais (Frank reich) batte ein Grubenarbeiter mit einem Wirt einen Wortwechsel. Der Grubenarbeiter zog den Revolver, woraus der Wirt die Gendarmerie verständigte. Währenddessen steckre sich der Grubenarbeiter eine Tynamitpatrone in den Mund und brachte sie zur Explosion. Der Körper des Unglücklichen wurde vollständig zer rissen. Die Rache des Ehemannes. Der Kauf mann Nikolaus Karetnikow in Petersburg, der eine Frau bei einer Zusammenkunft mit einem Gardeoffizier überraschte, nahm an diesem in grausamster Weise Rache. Ec übergeh ihn mit Benzin und zündete ihn an. Im Augenblicke flackerte der unglückliche Offizier wie eine lebende Fackel auf und endete unter fürchter- Ver wLkrlckeinUckfte Meg äer russischen OstseeNotte. Nachdem sich die aus dem Hutter Zwischenfall s die russische Flotte ihre Fahrt nach dem fernen erwachsene Gefahr immer mehr verflöchtet hat, setzt s Osten ungestört fort. Die Flotte wählt den Weg Gericht, das ihn in Haft behielt. Ei» ähnlicher ^all wird aus Belgien be richtet. In Eufivul begoß ein Einwohner namens Monal seine Frau sowie seine Schwä gerin mit Vmiot und versuchte alsdann, sie anzuzünden. Während beide Damen auf beiden Augen erblindeten, setzte der Unhold durch einen Schuß in den Kopf seinem Leben ein Ziel. Ein Vermächtnis von 140 Millionen Mark hat der dieser Tage verstorbene Holz händler und Bergwerksbefitzer Fowler in San Francisco seiner Frau hinterlassen, die er erst vor einem Jahre geheiratet hatte, während sie bis dahm seine Haushälterin gewesen war. um das Kap der Guten Hoffnung und macht die Fahrt gemeinschaftlich bis zur Insel Röunion. Hier wird sich das Geschwader wahrscheinlich teilen. Der eine Teil nimmt seinen Weg an der Nordküste von Austra lien entlang und geht dann durch die großen Sunda-Jnscln hindurch nach Norden mit dem Kurs auf Port Arthur. Der andre Teil des Geschwaders geht von der Insel Reunion nordöstlich durch die Straße von Malakka ebenfalls mit nordöstlichem Kurs auf Port Arthur. Die Floite folgt also dem alten Moltkeschen Grundsatz: Getrennt marschieren und vereint schlagen.* April 1 Tag Mai 26 Tage Juni 26 Tage Russische Flüchtlinge. Fast täglich kann mau in den vierten Wagenklassen der Eisenbahn ganze Trupps junger Russen und Polen mit allem möglichen bepackt die Hanauer Station passieren sehen, die sich auf der Flucht nach den westlichen Seehäfen befinden. Ähnliches wird ans Dieburg gemeldet. Dort passierten dieser Tage etwa IVO junge Burschen aus Rußland, alle im Alter von 18 bis 22 Jahren, die Station. Sie waren entflohen, um nicht in das russische Heer eingestellt zu werden. Die Flüchtlinge wollen sich in Amerika eine neue Heimat gründen. Ans zuviel verbüßter Zuchthaushaft entlasse» wurde der Händler Stromme! in Köln, über dessen Affäre mehrfach berichtet wm de. Er hatte wegen Hehlerei unschuldig 15 Manat Zuchthausstrafe abgebüßt und war im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen worden, erhielt jedoch wegen eines gleichartigen Deliktes später in strafschärfendem Rückfall drei Jahr Zuchthaus. Er beantragte bei der Staatsanwaltschaft die unschuldig verbüßte Zuchthausstrafe von 15 Monat auf die drei jährige Strafe in Anrechnung zu bringen, doch Kuntes Allerlei. Reinigung von Glasgefätzen von Harz und ätherischen Ole». Man gieße etwas Spiritus in das unreine Glas und benässe )amit die ganze innere Fläche des Glases. Nach 10 Minuten setzt man etwas gebrannte Knochenkohle und Wasser hinzu, schüttelt durch önd setzt das Umfchüttcln solange fort, bis das Glas ganz klar und rein geworden ist. Raubmord, da der Tote keinen Pfennig Geld bei sich trug. Der Sohn des Verunglückten war während der Fahrt in demselben Abteil eingeschlasen und hörte erst beim Erwachen in Metz, was sich in der Zwischenzeit er eignet hatte. Ei» Wagenmuseum. In Paris hat sich vor einiger Zeit unter dem Vorfitze von Ed. Detaille und Vallet ein Komitee zur Begründung eines Wagenmuseums gebildet. Es sind schon zahlreiche Geschenke dafür gemacht worden, und jetzt wird, wie der ,Gaulois' berichtet, aus Metz eine besonders interessante Schenkung ange boten, ein Postwagen Napoleons 1., in dem er bei seinem Rückzüge aus Rußland die Reise von Moskau nach Frankreich zurückgelegt hat. Großvaters verliehen. Bon der Kaiserin wird häufig das Frauen-Verdienftkreuz verlieben, eS wird an weißem Banoe getrauen. Die Er- innerungsmedaille an Kaiser Wilhelm 1. ist unter dem Namen „Centenarmedaille* allgemein bekannt. Die Kriegsdenlmünze 1870/71 wurde vom Kaiser mit den Spangen der Schlacht namen ausgestaltet. Schlicßlich sei noch die Chinamedaille genannt, gestiftet znm Andenken an die Wirren in China. Die Orden Kaiser Wilhelms. Uber die von Kaiser Wilhelm II. geschaffenen Orden gibt der ,Hamb. Korresp/ folgende Über sicht: An der Spitze steht der anläßlich des 200 jährigen Jubiläums Preußens 1901 er richtete Verdienstorden der preußischen Krone. Dem Range nach geht ihm der 1896 zum An denken Wilhelms I. gestiftete Wilhelmsorden voran. Unterm 12. Juni 1892 wurde der Nate Adlerorden für Fälle besonderer Auszeich nung mit der Königlichen Krone ausgestattet. Vom Johanniterorden trägt der Kaiser häufig dessen Kreuz mit den für Souveräne gestifteten Abzeichen. Den Inhabern des Eisernen Kreuzes von 1870—71 wurde anläßlich dessen Jubiläums vom Kaiser 1895 das silberne Eichenlaub mit der Zahl „25* verliehen. Am 17. Juni 1890 schuf der Kaiser neben dem schon bestehenden Allgemeinen Ehrenzeichen in Silber dieselbe Dekoration in Gold, an dessen Stelle inzwischen daS Kreuz vom allgemeinen Ehrenzeichen ge treten ist, das in Fällen besonderer Auszeich nung mit der Königlichen Krone verliehen wird. Für besondere Leistungen im Dienste des Roten Kreuzes stiftete der Kaiser am 1. Oktober 1898 die Rote Kreuz-Medaille in drei Klassen. Die erste Klaffe, ein goldnes, rot emailliertes Kreuz, wird ordensternartig auf der Brust getragen, die zweite und dritte Klasse find Riedaillen in Silber bezw. Bronze, die an rotem, schwarz weiß gerändertem Bande getragen werden. Das (nicht zu den eigentlichen preußischen Orden und Ehrenzeichen gehörende) Kreuz von Jerusalem ist für Teilnehmer an der Palästinafahrt be stimmt. Es ähnelt dem Orden vom hl. Grabe, trägt indessen umer der Krone die Kaiserliche Chiffre. Die bekrönte Namenschiffre Wilhelms I. hat der Kaiser den Generaladjutanten seines lehnte der Staatsanwalt diesen Antrag ab. Nunmehr hat auf eine erneute Beschwerde der Justizminister die sofortige Entlassung Stommels aus dcm Zuchthause telegraphisch angeordnet; von der dreijährigen Strafe hatte der Zucht häusler nur noch 13 Monat zu verbüßen. So hat Stommel also zwei Monat „unschuldig" gebüßt. Eine Hinrichtung. Der Bahnarbeiter Otto Henkel aus Wetter, der am 20. April vom Hagener Schwurgericht zum Tode verur teilt worden war, weil er die achtjährige Katharina Gagenski ermordet hatte, wurde am Donnerstag durch den Scharfrichter Schwietz aus Magdeburg enthauptet. Gemeinsamer Selbstmord. Die Frau und die verheiratete Tochter des Lehrers Sprcngler m Magdeburg verübten gemein samen Selbstmord durch Erhängen; die Tochrer war zu diesem Zwecke extra aus der Nachbar schaft nach der Stadt gekommen. Das Motiv der Tat ist unbekannt. Spitzbudenhumor. Vor nicht langer Zeit wurde dcm Natskellerwirt zu Schkölen ein Rehbock gestohlen. Dieser Tage lief nunmehr ein Brief ein, durch den man vielleicht dem Täter auf die Spur kommt. Dieser Brief hatte etwa folgenden Inhalt: „Wir bereuen nach träglich unsre Tat, die wir am vergangenen Sonurag abend in der zehnten Stunde be gangen haben, bedauern aber gleichzeitig, daß Sie unsrer Einladung zu unserm bekannten Nehoock.ffseu keine Folge geleistet haben, und legen Ihnen hierfür, als eine einmalige Ab findung, den inliegenden Schein von 100 Mk. bei, aber er darf nicht gegen das Licht ge halten werden. Internationale Diebesgesell schaft." Der Schein war eine Blüte. Der italienische Hungerkünstler Sueci hat am Mittwoch in München mit der Aus- Beruf auSübt, seine Praxis gegen Entgelt auf andre überträgt. Der Angeschnldigie batte, nach der ,Fr. D. Pr/, seine Praxis für den Preis von mindestens 14000 Mk. verkauft; er besaß eine ärzt liche Anstalt. In Rücksicht auf verschiedene. Milde rungsgründe wurde in der Berufung nur auf eine Warnung erkannt, während dal- Urteil erster In stanz auf Verweis und 150 Mk. Geldstrafe ge lautet halte. Aachen. Die hiesige Strafkammer verurteilte eine Einwahnerin aus Gevenich, die in einer Zeitung eine fingierte V rlobungsanzeige eingerückt batte, wegen öffentlicher Beleidigung zu einem Monat Gefängnis. einem zu diesem Zweck gemieteten Lokal an der Bayerstraße in seinem Glashausc einschließeu. Hierzu hatte sich ein sehr zahlreiches Publikum eingefnnden, insbesondere sehr viele Arzte und Landsleute des „Künstlers". Nachdem alle Gegenstände, deren Sueci in seiner Gefangen schaft bedarf, in dem Glashause untcrgevracht waren, kredenzte Succi den anwesenden Damen noch ein Glas Sekt und trank selbst einige Gläser zur Stärkung. Sodann stieg er durch das Fenster in sein freiwilliges Gefängnis. Das Fenster wurde darauf vor Zeugen geschlossen und versiegelt. Ein schweres Eisenbahnunglück hat sich auf der Strecke Basel-Ostende zugelragen. Der Pferdehändler Heimendinger aus dem Elsaß und dessen Sohn benutzten einen Schnellzug, um einen Pfcrdemarkt m Arlon zu besuchen. Morgens gegen 4 Uhr stürzre der Vater bei Remilly aus dem Zuge heraus, blieb be sinnungslos auf dem Gleise liegen und wurde von einem nachfolgenden Güterzuge in zwei Teile geschnitten. Als man den Leichnam auf- sand, glaubte man erst an einen raffinierten j KuMscke Tustanäe. ' Aus Liaujang wird der .Offwoboschdenje' ; geschrieben: „Die eilige Fortschaffung der Ver wundeten per Eisenbahn ist geradezu entsetzlich. Von den Verwundeten sterben in jedem Zuge mehrere, die infolge des schlecht aufgelegten Verbandes verbluten. Zwischen den Güter wagen gibt es keinen Durchgang, so daß das Personal mit der notwendigen Arbeit nicht fertig werden kann. Im Güterzuge sind über 800 Kranke und Verwundete einaesperrt. Sie find auf Matten hingelagert worden. Da es keine Aborte im Zuge gibt, so wurde der ganze Zug durch die Exkremente der Ruhrkranken zu einem Ansteckungsherd. Auße.dem müssen in diesen improvisierten Sanüätszügsn, in denen es keine Küchen gibt, die Kramen und Ver wundeten oft tagelang hungern, da die Depeschen nach den Verpflegungspunllen in der Regel zu spät kommen. Lie Militärspitäler haben nicht genügend Personal. An allem fehlt es. Man bekommt nie satt zu essen. Oft werden Kranke nach den Spitälern zu Hunderten ohne jedwede Dokumente gebracht. Sterben dieselben, was oft genug passiert, so weiß man weder den - Namen noch das Regiment des Dahingeschiede nen. Eine solche Eile bei der Fortschaffung der Verwundeten, die jeden medizinischen Forde rungen Hohn spricht und Hunderten von Men schen das Leben tostet, ist die Folge des Wirr warrs, der Unordnung, die unter den Haupt angestellten der Sanitätsabteilung herrschen. Auch spielt die bis zur Panik übertriebene Angst vor den Japanern eine Rolle. Sie werben jeden Augenblick erwartet: sie würden kommen und die Kranken und die Vorräte mit nehmen. Und trotzdem sind die Spitäler der Avantgarde leer, und die Kranken und Ver wundeten ziehen stets der Armee nach, müssen j auf schmutzigem Boden liegen und es werden keine Vorrichtungen für sie getroffen. . . . Das Sanitätspersonal wird aus Strolchen rekrutiert. Sie find stets betrunken und find Urheber ver schiedenster Skandale. Auch bleiben sie nicht lange im Dienste. Gewöhnlich laufen sie nach zwei, drei Tagen davon. . . ." Wie,Nowoje Wremja' milteilt, hat der vor kurzem aus dem fernen Osten nach Moskau zurückgekehrte Militärarzt Gyndman die in den Korrespon denzen wiederholt hervorgchobene Unordnung bei der Fortschaffung bestätigt. Nach der Schlacht bei Liaujang sind 300 Verwundete in Chardin zurückgeblieben und man wußte tatsächlich nicht, wo man sie lassen sollte. Drei Tage lang i mußten sie in den Güterwagen liegen bleiben. Alle Eisenbahngleise waren von mit Verwundeten überfüllten Zügen besetzt. In Chardin befanden sich zu jener Zeit schon 14 000 Kranke und Verwundete. Von Jentai wurden 170 Ver wundete in offenen Kohlenwaggons nach Charbin transportiert. Es fehlte überall an Ärzten und Sanitätspersonal. Ein Irrtum. Mama: „Nun, Grete, was agst du zu Mamas» neuem Seidentleide 2 Weißt du auch, daß wir die schöne Seide einem kleinen, unscheinbaren Wurm verdanken?" - Giere: „Meinst du Papa?" — — Gericktskalle. Berlin. Als standesimwürdig für einen Arzt hat eS der Srzliche ChrenqcrichtShof angesehen, wenn ein Arzt, der in erster Linie einen freien, mit be sonderer Verantwortung verbundenen, auf den Grundlagen wissenschaftlicher Bildung ruhenden führung seines dreißigtägigen Hungerexperiments ! lichen Martern. Karetnikow stellte sich selbst dem begonnen. Abends gegen 9 Uhr ließ er sich in ' " 187 795 Personen. 1 001 291 2 124 836 Der Besuch der Weltausstellung in Dt. Louis wird hinter dem Voranschlag ganz bedeutend zurücköleiben, wie man nach den Be suchsziffern schließen kann, die in der .Zeitung des Vereins Deutscher Ingenieure' veröffentlicht waren. Der Besuch gestaltete sich bis Mitte September wie folgt: Juli 17 Tage 2 343 557 Personen. August 27 Tage 3 088 743 September 15 Tage 2 276 208 „ Zusammen 11022 430 Personen. Der Voranschlag rechnete mit einer Gesamt zahl von mindestens 30 Millionen Besuchern, eine Zahl, die doch unmöglich mehr erreicht werden kann. Antlitz waren. Das Kinn mit seinem Grübchen war rund wie das eines Kindes: die Haut, die fast durchsichtig klar war, glänzte in den Schatten an Wange und Hals fast bläulich. Die reine Kraft des ganzen Antlitzes war viel schöner als das zärtlich verschwommene Gesicht, das der Japaner als das Muster bild weiblicher Lieblichkeit unter seinen Lands- männinen anstcht. Thornton glaubte, die Dame sei die Tochter eines Kaufmanns. Tatsächlich hätte das Samezin allein schon bewiesen, daß sie keine große Dame war; denn in aristokratischen Händen wird das Musikinstrument nie gesehen. Auch erkannte er trotz des sie umgebenden Luxus, daß sich nirgends jener Staat und jenes Gefolge zeigte, das zur Bedienung eines adligen Mädchens erforderlich gewesen wäre. Plötzlich entsann sich der junge Mann, wo er schon solche Frauen, kräftig und schön und helläugig wie diese hier, gesehen hatte. ES war unter den Weiber der Ringkämpfer^ in jenen Lagem, wo sich die Bevölkerung eines ganzen Distrikts versammelt, um die Proben der Kraft und Gewandtheit dieser in Japan ge schätzten Männer zu beobachten. Die Abstammung war unverkennbar. Aber weshalb befand sich daS Mädchen hier, fem von ihren StammeS- genossen? Warum tmg sie blumenge- schmückte Kleider anstatt der grell blauen und weißen Baumwollgewänder, die immer daS Kennzeichen, die Uniform ihrer Klasse waren? Die Frage nach der Abkunst des Mädchens «teresfierte ihn, und leise trat er einige Schritte vom Fenster weg, um auf neue Anhaltspunkte Mc Lösung dieser Frage zu warten. Seine Geduld wurde auf keine schwere Probe gestellt. Die Haarkünstlerin hatte alle notwendigen Vorbereitungen getroffen und be gann eben, das Haar des Mädchens mit einem groben Kamm in verschiedene Strähnen zu teilen, als ein kratzendes Geräusch an Thorntons Ohr schlug: die Schiebwände im Zimmer rutschten beiseite und gewährten einem statt lichen Manne in mittleren Jahren Einlaß. Es war wohl des Mädchens Vater; sein Gesicht schien düster und besorgt und seine Augen waren starr auf eine Ecke des Zimmers gerichtet, als suchten sie dort etwas über die nahe Ver wandtschaft zwischen dem Manne und dem Mädchen auf dem Balkon konnte jedoch kein Zweifel obwalten: dieselbe GefichtSbildung, die selbe Hautfarbe. Das Mädchen wandte den Kopf um, als er eintrat, erhob sich von ihrem nieder» Sitz, ging ihm einige Schritte entgegen und warf sich zu seinen Füßen nieder, während ihre Hände auf dem Boden einen Halbkreis beschrieben und das Haar ihr das Ant litz verschleierte. Den Gruß selbst verstaut Thornton nicht. Aber in einem Augenblick hatte sich daS Mädchen wieder erhoben, stand neben dem Maune und fing an mit unge zwungener Familiarität lose Fasern und Flecken von Watte von seinem Ärmel abzulesen. Dann traten sie ans Fenster, und auf die Friseuse deutend, gab er ihr jedenfalls zu verstehen, in ihrer Toilette fortzufahren; denn das Mädchen ließ sich wieder auf ihre Kissen nieder, das Weib stellte sich dahinter, während der Vater in einem Hongkong-Stuhl, den eül hier weilender Fremder zurückgelassen hatte, gemächlich Platz nahm und sich anschickte, seine Pfeife aus einem grünen, ledernen Tabakbeutel zu füllen. Während mehrerer Mumien herrschte Still schweigen im Zimmer; nur eine lieblich duftende Tabakswolke wurde vom leichten Winde über die Straße in Thorntons Zimmer geweht. Dann begann der Mann von neuem zu reden in schneidendem Ton, wie er unter den Japanern so gewöhnlich ist. Jedes Wort war jetzt ver ständlich. „Es ist ein schöner Tag, O Tora San, aber kalt — ja, sehr kalt. Mein Bruder hat mir geschrieben." „So ?" erwiderte O Tora, höflich die Augen brauen in die Höhe ziehend. Dann ergriff sie den kleinen Spiegel und betrachtete ihre Ge sichtsfarbe kritisch. Der Spiegel war jedenfalls ein sogenannter Zauberspiegel, denn wie sie ihn umwandte, erblickte Thornton auf dessen Rückseite gewisse Verzierungen, Buchstaben, welche Glück bedeuteten. „Er sagt, er wolle mich hier besuchen." O ToraS Vater stieß die Worte abgerissen hervor, als ob ihm diese Mitteilung nur halb gefalle. „Warum kam er nie vorher?" fragte das Mädchen rasch und neugierig vom Spiegel emporblickend; plötzlich aber zuckte sie vor Schmerz zusammen, als die Haarkünstlerin eine ihrer Flechten fast allzu energisch zu einem Wickel aufraffte. „Ah," versetzte der Mann, „das ist eine gute Frage. Weshalb kam er nicht schon früher?" „Und," fuhr O Tora fort, die Hand der Friseuse abschüttelnd und sich vorwärts beugend, „warum kam er nicht, als wir zu Hanse in Tokio waren? Hier wird er dich viel Geld kosten, mindestens fünfzig Sen pro Tag. Das ist kein Betragen für einen Bruder, Olott San." „Er wird mich mehr als das kosten," er widerte der Vater düster und hörte auf, seinen Stuhl zu schaukeln; er erhob sich, trat auf den Balkon und klopfte die Asche aus seiner Pfeife. Thornton hegte jetzt nicht mehr den geringsten Zweifel an der Herkunft dieser beiden Leute. Der Vater hatte die schwere Körperpestalt der Ringer, die runden Arme, wo sich unter einer glatten und weißen Oberfläche in eisernen Muskeln unerhörte Kraft verbirgt. Sonst be stätigte nichts seine Vermutung. Das den Ringer unterscheidende Kleid war durch den gewöhn lichen dunklen Rock und Gürtel eines behäbigen Kaufmanns ersetzt; der ursprüngliche Haar büschel auf dem Scheitel lag geplättet und glatt auf dem Kopfe, und in den verstörten Augen des Mannes blitzte kein Funke vom Feuer des Ringkämpfers. Während einer guten halben Stunde sprachen weder O Tora noch ihr Vater ein Wort. Die Friseuse ist immer eine Schwatzbase, und Privat angelegenheiten bleiben am besten in der Familie. Endlich war sie fertig, der oberste Kamm war eingesteckt und wurde von einem riesigen Chrysanthemum auS goldfarbigem Schildpatt überragt. re«, (Foryetzung folgt.)
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