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Zwönitztaler Anzeiger : 03.12.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-12-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1859945678-190412034
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1859945678-19041203
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1859945678-19041203
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungZwönitztaler Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-12
- Tag1904-12-03
- Monat1904-12
- Jahr1904
- Titel
- Zwönitztaler Anzeiger : 03.12.1904
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der Papier-, Metall-, chemischen- und Weindranch« Aller- Frankreich. Das icywnenen I Auch gegen 1896 das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb verabschiedeten, hofften wir, die Klagen der ehrlich vor er- eine politische Kuncllcbau. Der englisch-ruffische Zwischenfall. * Nachdem nun auch Amerika und Österreich je einen Vertreter in die Hüller Unter- suchungSkommission entsandt haben, ist diese vollständig und ihre Verhandlungen werden unverzüglich in Paris beginnen. .Wiener Presse/ Der Appell Körbers an alle Parteien, wenigstens die dringendsten Vorlagen zu erledigen, bleibt offenbar ein Schlag ins * Nach einer Privatmitteilung aus Peters , bürg hat die durch den Torpedobootszerstörer Wasser, nach Tschifu gebrachte Meldung deS Verteidigers 423 Tonnen Kohlen. Das' Geschwader legte m fünf Tagen 1000 Meilen zurück und lag dann zum Kohlen drei Tage vor Anker. Es hat also für jede 1000 mit sparsamer Geschwindig keit znrückgelegten Meilen 16 959 Tonnen nötig. Die ganze Entfernung, die das Geschwader von Neval bis nach Korea zurückzulegen hat, beläuft sich auf 18 000 Meilen. der tägliche Verbrauch an Kohlen zu Heizungs-, Beleuchtungs- und Destillationszwecken auf * Am Mittwoch sollen die Japaner Port Arthur den „203 Meterhügel" stürmt haben. Von hier aus soll von den Komitatschis begangenen Bluttaten an den Bulgaren rächen. Amerika. * Präsident Roosevelt will einen äußerst scharfen Kampf gegen die Trusts be- ginnen. Atan ist überzeugt, daß man sich in den Ver. Staaten am Vorabend eines gigan tischen Ringens zwischen der politischen Gewalt und dem amerikanischen Groß kapital befindet. Wer den Mut Roosevelts dabei bewundert, braucht sich nur daran zu er innern, daß er bereits erklärt hat, nicht mehr zu kandieren. Es kann also ernst werden. Asten. * Das japanischeParlament wurde am Mittwoch vom Mikado mit einer Thron-! rede eröffnet, die von dem bis jetzt für Japan günstigen Verlauf des Krieges und mit stolzer Si l erheit die schließlich erfolgreiche Beendigung in Ausficht stellt. Deutschland. * Für den Besuch des Kaisers am Hofe zu Dessau find folgende Dispositionen getroffen: Der Kaiser trifft am Montag vor mittags in Dessau ein; im herzoglichen Schlosse findet sodann Frühstück im engeren Familien kreise statt. Gegen 2 Uhr nachmittags erfolgt der Aufbruch zur Jagd im Wörlitzer Forstrevier und der Oranienbaumer Heide. Nach der Rück kehr findet im Schlosse ein Abschiedsdiner statt. Nach Aufhebung der Tafel fährt der Kaiser nach Wernigerode zu einem weiteren Jagd ausfluge bei dem Fürsten zu Stolberg. * Graf Posadow 8 ky ist mit seinen Räten einstweilen unverrichteter Sache aus Wien nach Berlin zurückgekehrt. Doch ist daraus noch nicht der völlige Abbruch der Handelsvertragsverhandlungen zu schließen. Es wird vielmehr eine baldige Wiederaufnahme der Besprechungen erwartet. *Jn diplomatischen Kreisen wird erzählt, die Stellung des deutschen Gesandten in Bel grad Freiherrn vonHeyking sei er- j schüttelt. Er werde in '.»ner Nett wegen! zwischen Kapital und Arbeit einer billigen Lösung zuge'ührt werde. Weiter hebt die Thronrede den Abschluß der Handelsverträge hervor, weil hierdurch die Schäden eines Zoll krieges vermieden werden. Die Thronrede kündet dann noch weitere das Wohl des Volkes bezweckende Pläne der Negierung an und wurde mit großem Beifall ausgenommen. Dänemark. *Die Prügelstrafe für Noheits-Ver- brechen ist längst ein mit Eifer erstrebtes Ziel der dänischen Regierung. Man erinnert sich noch des dahin zielenden Gesetzentwurfs, der vor den Augen des Parlaments keine Gnade fand. Die Regierung hat sich dadurch nicht abschrecken lassen und ihren Entwurf wieder -in- gebracht. Er soll denn auch diesmal Ausfichten aus Annahme haben. Im Landesthing ist diese Annahme sogar so gut wie sicher. Dagegen dürfte im Folkething ein heißer Streit um die energische Beschießung der Zitadelle mög lich sein. *Die Japaner sollen in den Stürmen um die Zugänge deS Kikwanschanforts innerhalb einer Stunde 4000 Tote gehabt haben. Die Japaner behaupten, zwei Nordost-FortS und den dritten Teil der Festungswerke von West- kikwanschan genommen zu haben. Es wird gegenwärtig heftig gekämpft mit Verlusten, die als übermSßig zugestanden werden; aber die Japaner bestehen darauf, die Festung müsse innerhalb zwanzig Tagen fallen. Der rusfisch-jupauisch« Krieg. *Am Schahe sollen nach russischer Mel dung dieIapaner einige Stellungen geräumt und sich zurückgezogen haben. Ob sie dies gezwungen oder aus strategischen Rück sichten taten, wird weder gemeldet, noch läßt sich das ohne nähere Angaben beurteilen. Von uncl fern. Bei dem Schiffbruch der „Gertrud Woer« mann" in der Bucht von Swakopmuuk ereignete sich ein eigentümliches Zusammentreffen zweier Brüder. Der eine, der Hauptmann der Schutz- truppcn-Artillerie, Hans Heinrich v. Wols, hatte sich auf der „Gertrud Woermann" nach Deutsch« Südweftasrika eingeschifft und erlebte den Schiffbruch mit. Der andre, sein einziger Bnider, der sich früher in den Kämpfen in Tientsin auSzeichnete und schwer verwundet wurde, fuhr nach seiner Genesung auf dem Kreuzer „Vineta" heimwärts. Wie bekannt, kam die „Vineta" dem gestrandeten Dampfer zu Hilfe und begann die Passagiere zu retten. Herr v. Wolf beteiligte sich auch an den Bergungsarbeiten und fand unter den Ge retteten unverhofft seinen Bruder wieder. Man kann sich die Freude der beiden Brüder über ein Wiedersehen unter so tragischen, für die Schiffbrüchigen noch glücklich auslaufenden Um ständen denken! Gin Zebra-Gespann ist am Montag in Berlin im Hofe des Tattersall am Branden burger Tor geladenen Gästen von Direktor H. Sachse vorgeführt worden. Die kleinen Tiere, die vor neue, niedliche Wagen gespannt waren, sahen sehr schmuck aus. Zebra-Gespanne hat man schon früher im Zirkus gesehen. Die diesmal gezeigten sind aber die ersten deutschen, die Herr Bronfart v. Schellendorff vom Kili mandscharo nach Berlin geschickt hat. Sie gingen tadellos. Daß die Verwendung von Zebras von Port Arthur, Generals Stössel, an den * Kciegsminister B e r t e au x hat die Korps- Zaren dahin gelautet, die Festung werde sich kommandeure in einem Rundschreiben auf halten, so lange noch Munition vor- gefordert, alle Soldaten, die nicht die nötige Hande» sei. Indessen gehe der Vorrat stark Widerstandsfähigkeit besitzen und besonders die- zur Neige. jenigen, die von der Schwindsucht bedroht Balkunstaaten. > , * Aus Mazedonien hört man jetzt gang und gäbe ist, müßte man einschreiten, weniger von bulgarischen, als vielmehr von ! ^n»» wMen die Arbeitgcber zun griechischen Banden, welche die früher um ihren Unterhalt Kämpfenden würden verstummen. I uls Zugtiere für unsre Kolonien von großer lanz im Gegenteil, sie sind immer häufiger ge- Wichtigkeit wäre, liegt auf der Hand. worden. Was die Herren vom Zentrum und Eine Enterbte. Nach der .Augsburger von den Konservativen heute in die Form einer Volksztg/ ist Frau Lily Braun, die Gattin deS g^L bekannten sozialdemokratischen Politikers Heinrich Nssen Um aber au, allm Amegu^gen etwas Braun, von ihrer Tante Freifrau Lilotilde von Einheitlicher zu schaffen, auf da, eine Einigung Henman, völlig enterbt worden. Als Grund möglich ist, beantrage ich, die Resolutionen und dafik wird die Zugehörigkeit Frau Lily Brauns unsern Gesetzentwurf einer Kommission zur Prüfung zur Sozialdemokratie angenommen. *Dle Armee Kuropatkins wird jetzt erscheinen, von den A-zten genau untelsucheu auf 320 000 Mann angegeben. Weitere 100 000 M lassen und eventuell heimzuschicken. Mmin seien unterwegs nach dem Kriegsschau- Die Zahl dieser Soldaten wird von mehreren Platz. Für den Bedarfsfall kündigt eine Peters- Blättern auf 7000 geschätzt. burger Meldung noch die Aufstellung einer Italien. vierten und fünften Armee an. * Die Th r o nr e d e, mit der am Mittwoch * Die ,Nowoje Wremja' bespricht die die erste Session des neugewählten Parlaments Schwierigkeiten, mit denen die baltische eröffnet wurde, konstatiert die guten Beziehungen Flotte auf der Reise zu kämpfen haben wird. Italiens zu allen Mächten, sie versichert, daß Das Geschwader verbraucht bei mäßiger Ge- innerhalb der Grenze der Gesetze die Negierung schwindigkeit 3140 Tonnen Kohlen täglich. Bei die freiheitliche Politik forisetzen werde. Ferner voller Geschwindigkeit würde sich der Kohlen- fordert sie die neugewählten Volksvertreter auf, verbrauch auf das Dreifache steigern. Wenn ihr Hauptaugenmerk der Sorge um die Interessen das Geschwader vor Anker liegt, beläuft sich der arbeitenden Klassen zuzuweuden, damit deren Lebenshaltung verbessert und der Konflikt I politischer Einflußnahme zuungunsten einer dritten Macht abberufen werden. (Freiherr v. Heyking, der vorher als deutscher Gesandter in Mexiko akkreditiert war, ist der Gatte der Verfasserin des bekannten Romans „Briefe, die ihn nicht erreichten".) *Die Hibernia-Vorlage ist vom preußischen Abgeordnetenhause der Budget kommission überwiesen worden. * Das strenge preußische Lotterie- gesetz fängt bereits an zu wirken. Wie aus Lübeck gemeldet wird, ist eine Lotterie gemei n s ch a ft zwischen Lübeck, Preußen und Mecklenburg gebildet worven, wonach die Lübecker und Mecklenburger Lotterie ein- aehen n»d in beiden Staaten Einnahmestellen der preußischen Lotterie errichtet werden. * In Lippe-Detmold wurden bei der Landtagswahl der ersten Abteilung Anhänger der Bückeburger Partei gewählt. Österreich-Ungarn. * Herr v. Körber scheint trotz aller Be- mühungen in der Gunst der Slawen am Ende seines Lateins zu stehen. Fortan wird er deutsch werden müssen. Denn, wie die ,Neue Freie Presse' meldet, hat der Tschechen« Hub die Fortsetzung der Obstruktion be schlossen. Damit ist die Lage erfreulich und nach der richtigen Seite hin geklärt. „Auf lösung oder Vertagung?" fragt bereits die , . Weg der Selbsthilfe beschreiten und ihr Personal genügend besolden. Die Anträge sind überflüssig; ebenso wie die KommisstonSberamna. Inzwischen ist ein Antrag Gröber (Zenir.) ein« gelaufen, die Resolution dem Reichskanzler al, Material zu überweisen. Ministerium gilt als liberal l l Rustland. *Zum neuen Kurs in Rußland wird ge meldet: Abermals find 26 auf dem Ver waltungswege Verbannte aus verschiedenen Kreisen des Gouvernements Archangelsk frei gelassen worden. In den genannten Gouvernements befinden sich noch 500 politische Verbannte. Aus Balaschow ging dem Minister des Innern eine Bittschrift von 75 städtischen Wählern zu, um die Heimkehr des verbannten StadtrateS Tbeoloaow zu erwirken. Deutscher Reichstag. Am Mittwoch stehen auf der Tagesordnung die zum Etat des NeichSamtS deS Innern gestellten Resolutionen, und zwar zunächst die Resolutionen betr. den unlauteren Wettbewerb (AuS- verkaufswesen, Abzahlungsgeschäfte, Beamtenwaren häuser). Abg. Nören (Zcntr.) begründet die Resolution deS Zentrums, die Regierung zu ersuchen, zum Schutze deS Mittelstandes im Gewerbe, insbesondere im Interesse des Kleinhandels, dem Reichstage Ge setzentwürfe vorzulegen, durch welche 1) das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb entsprechend er weitert, 2) das AuSvcrkoufswescn geregelt, 3) die Härten, die das Gesetz über die Abzahlungsgeschäfte ür die Käufer noch enthält, beseitigt, 4) den beamten des Reichs, des Heeres, der Marine und der Einzelstaatcn sowie den Offizieren die Gründung und der Betrieb von Warenhäusern untersagt wird. Es sei endlich an der Zeit, den schwindelhaften Ausverkäufen, vor allem dem Nachschubsunwesen, eine Grenze zu setzen. Die Regierung sollte sich bereit erklären, in diesen Fragen mit der großen Mehrheit des Reichstags zusammcnzugehen. Abg. Rettich (kons.): Auch wir beklagen, wie das Zentrum, die Auswüchse im Handelsgewerbe und wollen sic nach Möglichkeit abstellen. Die Resolution deS Zentrums ist uns sympathisch, aller dings nicht Punkt 4. Gegen diese Bestimmung Men meine Freunde erhebliche Bedenken. Wir be- chränken uns und bitten die Negierung, unserm Anträge stattzugeben, der 1) die Anmeldepflicht für alle Ausverkäufe sestsetzt, 2) die Veranstaltung von Scheinausverkäufen und 3) jeden Nachschub von Waren zu einem Ausverkauf unter Strafe stellt. Abg. Patzig (nat.-lib.): Uber diese Fragen haben wir schon so oft gesprochen, daß sich wirklich nichts Neues mehr sagen läßt. Als wir im Jahre Abg. Latt mann (wirtsch. Bag.) spricht sich gegen Kommissionsberatung und für die Uberweilung alS Material au». Der Begriff de» unlauteren Wett bewerb» muß erweitert werden, da im Ausverkauf»« wesen große Schäden hervorgetreten find. Abg. Dove (frs. Bgg.) gibt zu, daß da» Gesetz v«rbefferung»bedürfttg ist, geht aber auf Einzelheiten nicht ein. Abg. Gröber (Zentr.) stellt die allgemeine Aber» einsttmmnng in diesen Fragen fest. Abg. Henning (kons.) beleuchtet an Einzel« fällen die Auswüchse schwindelhafter Konkurrenz. Abg. Brejski (Pole) greift heftig die preußisch« Polenpolitik an, die er einen unlauteren Wettbewerb nennt. Präsident Grks Ballestrem ruft den Redner einmal zur Ordnung und zweimal zur Sache. Abg. Raab (wirtsch. Vgg.) wendet sich gegen di« freisinnige Presse. Darauf wird die weitere Beratung auf Freitag vertagt. Vorlage der Regierung entbrennen. Doch glaubt man, daß auch hier eine Mehrheit für das Gesetz zusammenkommen werde. zu überweisen. Der einbeinige Hochstapler. In München ! wurde ein internationaler Hochstapler, der sich wecken/daß dem Mütelstande gcholfen Werbin kann. Horvath nannte und als englischer Kriegsbericht- Für den kleinen Erwerbsstand gibt es keinen Schutz kr^lltter Vorträge über den russisch»japanischen gegen das Großkapital. Es wäre gut, wenn man Krieg halten zu wollen vorgab, einstweilen aber hier im Reichstag dem unlauteren Wettbewerb um flott auf Pump lebte, verhaftet. Er hat nur ein die Gunst des Mittelstandes ein Ende machen könnte. Bein und behauptet, daS andre sei ihm in Der Kampf gegen die Warenhäuser für Armee und einer Schlacht am Jalu Weggeschossen worden. Beamten ist unlogisch, er muß zur Befehdung der Um seine Legitimation befragt, berief er fich /r.s Noi- Do« aus den österreichisch-ungarischen Gesandten Grafen Gesetz von 1896 hat, wie wir seinerzeit^ der ihm schon einmal 6000 Mark ge« völlig versagt. Um so mehr sollten wir uns hüten, schenkt habe. Diese Angabe stellte fich als mit solchen unbestimmten Bestimmungen, wie sie der erlogen heraus, weShalb man ihn festnaym. Antrag Patzig bietet, etnzugreifen I Er will der Ein verbrecherischer Feuerwehrmem«. Polizei alles überlassen, will sogar den Bundeirat München wurde der BeiusSseuerwehrmann hetbinAiehen I nicht uuch den NcichAlanZlkk, unter dein der ja in der Interpretation gewisser Telegramme anerkannt Gutes l-.st-t? Wichtig" wäre eS, den U-iner R^ schwindelhaften Ausstellungen, die hinter ver-! Flüche in Theatern begangen und die Kassen schlossenen Türen staufinden, zu Leibe zu gehen, beraubt zu haben. Die Verhaftung erfolgte l die Bestechung der Angestellten, die in I auf Anzeige der Ehefrau des Geith hin. O Vie Tochter -es Ringkämpfers. 13s Erzählung au» Japan von Fritz Reutter. lSchluk.) Woher kamen alle diese Leute? Er mußte länger in der Dunkelheit draußen geweilt haben, als er selbst wußte; denn jetzt drängte fich in den Straßen ein dichter Volkshaufe, der Geruch von Kamelienöl. Tabak und Kampfer erfüllte die schwüle Luft, und Trommeln und Gongs übertönten das Geschrei der Stimmen. Alles drängle fich dem Meere zu, und ein Mann aus der Menge erklärte ihm, daß die großen Prozessionswagen bereits am Ufer ange kommen seien. Langsam bahnte fich Thornton einen Weg hinunter nach dem Meere, wo ein wunderbarer Anblick seiner wartete. Fünf riesige Wagen, die in Etagenform auigcbaut und mit Girlanden und Laternen überladen waren, steckten bis zur Achse im schweren Ufersand. Auf den Wagen befanden fich weibliche Musikanten in Prachtgewändern, die sangen und tanzten, wie Schlangen und Drachen im flackernden Licht der Laternen hin nnd her wogten und auf den seltsamsten Instrumenten spielten. Die Spitze jedes Wagens bildete die kolossale Gestalt eines GotteS oder einer Göttin. Auf dem einen sah man den Gott Benke seine Standarle schwingend, auf dem andern den märchenhaften Schmetterling die Flügel auL- breiten. Wie Thornton näher kam, bemerkte er, daß die Wagen von langen Reihen fast nackier Männer an armeSdicken Seilen gezogen wurden, wäh ¬ rend andre mit Stangen schoben, und alle hüpften und sprangen und tobten wie besessen — vom Sake berauscht. Meistens waren es hagere Fischer, nur hin und wieder erblickte er einen etwas kräftigeren Bauer vom Inland. Aber ein Wagen, der von ihm noch am weitesten entfernt stand, war von einer Menschenmenge umringt, deren Hautfarbe ihm weißer als die der andern vorkam. Dort erblickte er auch riesige Gestalten, deren Geschrei wilder und wilder tobte, bis fich zuletzt die Näder des Wagens im hemmenden Sande langsam drehten und das Gefährt dem Wasserrand zuschwankte. Kein gigantisches Bild krönte diesen Wagen, nur die kleine Gestalt eines in Purpur und Gold gehüllten Kindes. Eifrig drängte Thornton gegen die Menge dahin jenem Wagen zu. „Nur nicht so eilig," rief ihm einer der Zuschauer gutmütig zu. „Du Haft noch Zeit genug, sie zu sehen, wenn sie zmücktehren. Sie werden nicht im Wasser bleiben!" „Gehen fie denn ins Meer?" fragte der Engländer. „Ja natürlich," erwiderte der andre, „die Meergcister werden ihnen zu Hilfe kommen und das Wasser segnen. Jenes dort ist der allerheiligste Wagen; denn er gehört den Sat suma-Ringkämpfern. Sieh, fie sind schon im Wasser!" Thornton drängte fich bis zum Wagen heran, er wußte selbst nicht wie. Doch dieser fuhr weiter in die See hinaus, tiefe Geleise zurück- laffend. Bald stand er wieder still inmitten der bleischweren, schaumlosen Wellen und das Meer wimmelte von menschlichen Wesen, die fich immer noch rastlos bemühte», ihre Last noch weiter in die schwarzen Wellen hinauszu- sahren. Das Master mußte über die Räder und über die Schultern der Männer hingehen, sonst war die Zeremonie nicht vollkommen. Auch die vier andern Wagen standen jetzt im Wasser. Viele der Lampe» waren im Ge- woge verloren gegangen nnd fluteten auf den Wellen; die Girlanden zerrisse» und spielten im Wasser; die Mädchen warfen Körbe voll Früchte und lebendiger Fische hinaus in die See und ihre geräuschvolle Musik vermischte sich mit dem ohrenbetäubenden Geschrei der die Wagen ziehenden Männer zu einem unbeschreiblichen Gelöse, daS Himmel und Meer trotzen wollte. Plötzlich ereignete fich etwas. Niemand hatte eS beachtet, jedermann aber fühlte die Hand deS Schicksals nnd wandte fich in wiloer Hast um, dem Ufer zu. Die See wurde jetzt tiefer; nnd die, die bis jetzt sicheren Grund unter ihren Füßen ge- spürt, verloren ihn und riefen um Hilfe Die Riesen um den Wagen der Ringer versuchten zusammenzuhalten nnd mit vereinten Kräften ihr Ungeheuer ans Land zurückzuzerren. Um sonst. Selbst die Größten unter ihnen konnten nicht mehr stehen. Manche schwammen ans Lana, andre erkletterten die Seiten ihres im Sande steckenden „Schiffes deS Landes." Die Wolken, die den Himmel bis jetzt in tiefe Finsternis gehüllt hatten, zerrissen plötzlich von einem Ende bis zum andern, und in seinem Lichte gewahrte Thoniton zweierlei: auf der Spitze des schwankenden Wagens sah er seine kleine Tochter wie in einer Wolke von Feuer flammen, auS denen das Antlitz der Mutter hervorblickte, und eine Seemeile weit draußen auf der schwarzen Oberfläche sah er eine hohe Wassermauer, die Flutwelle, die langsam dem Lande zurollte. Er erfuhr nie, ob andre ihr Leben für Ume lassen mußten. Es blieben ihm noch einige Sekunden, als er sie erreichte, noch Zeit genug, um sie in seine Arme zu nehmen, in sein flatterndes Gewand zu hüllen, ihre Augen gegen sein Heiz zu verbergen vor dem drohenden Tode und dann Gott und O Tora anznflehen, im Augenblick, wo der Ozean donnernd vorbei rollte. Er rollte vorbei, nicht über sie hin. „Das Schiff deS Landes", der schwere Wagen wurde samt seiner zu Tode erschrockenen Mevfchenlast langsam emporgehoben und landeinwärts ge tragen, weit hinauf auf das mit Kieselsteinen bedeckte Ufer, wo er sanft in der Nähe eines Fichtenhaines stehen blieb. Die See verlangte nicht nach dem Opfer! Diese eine langsame Woge aber zerstörte längs der gansen Küste Dämme und Deiche, überflutete Felder und Farmen und kostete vielen andern Zuschauer» daS Leben; die zwei, Vater und Tochter, verschonte fie. Als der Tag anbrach, befand sich John mit seinem kleinen Mädchen in den Armen längst auf dem Wege nach Tokio. Wie die Morgen« onne sie berührte, erwachte Ume schaudernd und richtete ihre Augen furchtsam auf sei« Antlitz.
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