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Zwönitztaler Anzeiger : 28.05.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-05-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1859945678-191805284
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1859945678-19180528
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1859945678-19180528
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungZwönitztaler Anzeiger
- Jahr1918
- Monat1918-05
- Tag1918-05-28
- Monat1918-05
- Jahr1918
- Titel
- Zwönitztaler Anzeiger : 28.05.1918
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Landverkehrsgesellschaften. LL. Seit längerer Zett sind Bestrebungen im (Sange, di« ein« Monopolisierung des gesamten Krastfahrivesens bezwecken. 'Im bayerischen Landtage lvurde bereits An fang April auf diese Zentralisationsabsichten aufmerksam gemacht. Der bayerische Verkehrsminister führte dazu aus, daß die Reichsleitung die Gründung' einer deutschen Krast- fahrgesellschaft in Aussicht genommen habe, dis den ein heitlichen Einkauf und die Unterhaltung der Fahrzeuge über nehmen werde, während der Betrieb von einer Tochtergesell schaft der Kraftfahrgescllschaft unterhalten werden soll. Die bayerische Regierung hat gegen die Bildung der deutschen Kraftfahrgesellschaft lebhafte Bedenken geäußert und nach längeren Verhandlungen erreicht, daß die Gesellschaft von Bayern ausgeschlossen bleibt. Diese Gefahr, die Bayern von sich abgewendet hat/ scheint nun aber Preußen zu drohen. Der konservative Abgeordnete b. Kessel hat in einer der letzten Sitzungen der Staatshaushaltskom- mtssion auf die Gefahren einer Monopolisierung des Kraftwagenverkchrs hingewiesen. 'Er bezeichnet es als sehr erwünscht, daß die bei der Demobilisierung sreiwerdenden Lastkraftwagen dem Warenverkehr auf dein Lande zugute kommen, warnte aber davor, deren «Vertrieb Organisationen zu überlassen, purch welche die allgemeinen Interessen ge schädigt würden. Bei der Gründung und dem Ausbau von Landvertchrsgefellschaften müsse vielmehr der Staat entscheidend Mitwirken. Am besten wäre es, wenn mit Hilfe des Staats gemischt-wirtschaftliche Unternehmungen gegründet würden, bei denen der Zuschuß des Staates in Kraftwagen bestände, die von der Heeresverwaltung er worben würden. Eine Oberstelle in jeder Provinz könnte den Austausch regeln. Die Verkchrsgesellschaft müßte auch Dampflokomobilen übernehmen, wie sie in Belgien überall auf den Straßen verwendet werden. Ueber die geplante Zentralisation machte dann der konservative Abgeordnete von der Osten nähere Mitteilungen, denen wir entnehmen, daß die deutsche Kraftfahrgesellschaft mit einem Kapital von 11 Millionen Mark gerundet werden soll, bei welcher das Reich nur mit 5 Millionen beteiligt sein wird, während der Anteil der Großbanken 6 Millionen Mark beträgt. Weitere Einzelheiten konnte auch der NegiernngSvertreter nicht anführen, der aber versicherte, daß der Staat oder das Reich die Kontrolle haben und auf die gesamte Organisation bestimmend einwirken werde. Er habe weiter nur noch gehört, daß dis Organisationen für Benzin, Gum mi und Reparaturen sorgen solle. Ueber. die volkswirtschaftliche Bedeutung öffentlicher Kraftwagenlinien hat der Hauptmann Walter Kes ein bemerkenswertes Buch geschrieben, dessen sachkundiges Ur teil bei der Gründung von Landverkchrsgesellschaftcn nicht unberücksichtigt bleiben sollte. Wenn die Einrichtung von Landvcrkehrsgesellschasten aber in der Weise vorgcnommen wird, daß private Unter nehmungen das finanzielle Ucbergewicht erhalten, so ist zu befürchten, daß dadurch nicht eine Verbilligung, sondern eine Verteuerung des Lastcnverkchrs eintritt. Die starke Das neue Oberhaupt der Akraiue, General Skoropadski, der in letzter Zeit vielgenannte ukrainische Hetman Pawel Petrowitsch Skoropadski wurde in Wiesbaden geboren, ge legentlich eines dortigen Kuraufenthaltes seiner Eltern. Nachdem er das Pagenkorps absolviert hatte, diente er im Garde-Kavallerie-Regiment der Kaiserin von Rußland: später kommandierte er dieses Regiment und im Kriege befehligte er ein Korps. 'General Skoropadski ist init einer Tochter des russischen Ministers Durnowo verheiratet. Er stammt vom Bruder des ukrainischen Hetmans Johann Skoropadski .ab, der nach der Schlacht bei Poltawa und nsach dem Sturze Mazeppas im Jahre 1709 mit Zu stimmung Rußlands die Würde eines ukrainischen Hetmans angenommen hatte. Hetman Skoropadski steht gegenwärtig im 4m Lebensjahre. Beteiligung der Großbanken kann dahin führen, daß eine Private Monopolisierung des gesamtem Lastkraftwagcnver- kehrs entsteht. Eine Verteuerung der landwirtschaftlichen Transportmittel aber würde eine Verteuerung der Er zeugung selbst bedeuten. Nm die landwirtschaftlichen Transportkosten so billig wie möglich zu gestalten, ist von der konservativen Fraktion des Mgcordnetenhauses bean tragt worden, die von der Heeresverwaltung abgesetzten Maschinen, Wagen und Geräte aus dem kürzesten Wege ohne den Zwischenhandel an landwirtschaftliche Interes senten gelangen zu lassen. Alls Wst M MerlM. Zwönitz, den 27. Mai 1918. — Die immerwährende Dämmerung hat ihren Anfang genommen. Sie währt bis 23. Juli, an welchem Tage die Sonne in das Zeichen des Löwen tritt. Während dieser Zeit wird es am nördlichsten Himmel selbst um Mitternacht nicht ganz dunkel, vielmehr bleibt es die ganze Nacht hindurch hell, daß man meint, die Sonne müsse bald aufgehen. Diese Zeit ist die schönste des ganzen Jahres. — Die ersten Kirschen. In Potsdam wurden am Mittwoch die ersten Frühkirschen auf dem Wochen markt angeboten und mit 2,40 bis 3 Mark für das Pfund bezahlt. Wie sich dieser Preis mit dem Erzeugerhöchst preis von 35 Pfg. in Uebereinstimmung bringen läßt, ist ein Geheimnis, das Wohl nur die Pretsprüfungsstelle zu lösen vermag. — K. M. Eine Militär-Amnestie des Königs. Se. Maj. der König hat unter dem 25. Mai 1918 zugunsten der Militärpersonen des aktiven Heeres, wie der Personen des Heeresgefolges eine Amnestie erlassen, durch die militärische Strafen von bestimmter Art und Dauer erlassen werden und die Niederschlagung von Strafverfahren vor Mili tärgerichten wegen Uebertretungen und Vergehen, die vor dem 25. Mai 1918 und vor der Einberufung zum Heeresdienst begangen sind, verfügt werden, — R?. Grüße aus Feldpost karten. Privat personen, welche die von beurlaubten Heeresangehörigen portofrei unter „Feldpost" abgesandten Postkarten usw. mit Zusätzen oder auch nur mit ihrer Unterschrift versehen, verstoßen gegen das Postgesetz (Mindestgeldstrafe 3 Mk.), da die Portovergünstigung den Heeresangehörigen nur allein zusteht: dabei wird der absendende Soldat mit bestraft. Ob eine Portohinterziehung beabsichtigt oder aus Unkenntnis des Gesetzes begangen ist, bleibt bei der Straf verfolgung ganz außer Betracht. Vor der mißbräuchlichen Anwendung der Aufschrift „Feldpost" wird daher ein dringlich gewarnt. R?. Postscheckverkehr. Die durch den Krieg geschaffenen Verhältnisse haben mit allep Dringlichkeit dar getan, daß der Umlauf an Banknoten und sonstigen baren Zahlungsmitteln auf das geringste Maß beschränkt und der bargeldlose Zahlungsausgleich in weitestem Umfange gefördert werden muß. Diesem Ziele dient auch der Post- scheckverkehr, der zugleich das 'Zahlungswesen vereinfacht, verbilligt und beschleunigt. Es stehen dem Postscheckver kehre noch Geschäftsleute, Gewerbetreibende, Beamte und Privatpersonen aus allen Bevölkerungsschichten fern, die sich recht Wohl mit Vorteil an dem bargeldlosen Zahlungs verkehr beteiligen könnten. Erst wenn die Beteiligung all gemein ist, kann sich der bargeldlose Ucbcrweisungsverkehr, dessen Pflege die Hauptaufgabe des Postscheckwesens bildet, recht entfalten. Seit 1. ?lpril d. I. ist im Postscheckverkehr eine wesentliche Verbilligung eingetreten. Alle Briefe zwischen dem Postscheckkunden und dem Postscheckamt werden portofrei befördert; die Ueberweisungen von einem Postscheckkonto auf ein anders werden ge bührenfrei ausgeführt. Dio Zahlkartengebühr (5 Pfg. bis 25 Mk. und 10 Pfg. über 25 Mk.) ist jetzt vom Absender der Zahlkarte, also nicht mehr vom Kontoinhaber zu ent richten. Die Stammcinlage für jeden Postscheckkunden be trägt nur 25 Mk. (früher 50 Mk.). Jeder Postscheckkunde erhält eine ausführliche gedruckte Anleitung für die Be nutzung des Postscheckverkehrs. Die Briefträger werden in den nächsten Tagen ein Merkblatt „Nimm Dir ein Post scheckkonto" nebst Vordruck zum Antrag auf Eröffnung eines Postscheckkontos an das Publikum verteilen. Allen denen, die dem Postschcckverkehr noch fernstehen, bietet sich hierdurch eine bequeme Gelegenheit, sich ein Post scheckkonto eröffnen zu lassen. Außerdem wird Auskunft über den Postscheckverkchr an jedem Postschalter erteilt. — Schutz den Fledermäusen. Alter Aberglaube und üble, durch nichts begründete Nachrede hat das nächt liche Flattervolk der Fledermäuse in Verruf gebracht. Und Herzensstürme. / Z Roman von M. Hellmuth. (Fortsetzung.) Mademoiselle lobte ihre guten Entschlüsse und legte ihr immer an's Herz, daß sie vor allem dem Freiherrn zu danken habe, der sie wie ein eigenes Kind liebe. Sie müsse sich her- auszureißen versuchen aus ihren Grübeleien, müsse wieder fröh lich sein dem edlen Mann zuliebe; der feste Wille vermöae viel. Dann erzählte sie ihr von sich selbst, von ihrer Jugend und ihrer entsagenden Liebe, und wie sie in Arbeit und treuer Pflichterfüllung Frieden und auch so manche Freude gefunden habe. Bewundernd sah Lili zu ihr auf. »Ja, Du bist groß! So Grobes werde ich niemals leisten, ich hätte nie auS Edel mut entsagt." »Du bist auch noch viel zu jung, Lili. Erst im Kampf des Lebens stählt sich unsere Seele; im Leid entwickelt sich die echte Heldenaröße! Du sollst ja auch nichts weiter, als uns alle so recht von Herzen lieb haben, so rechte, wahre aufrichtige Liebe zeigen, und dann versuche, Deine guten Vor sätze auszuführen." Lili hatte es versucht mit ernstem Willen, und es war ihr gelungen. Zuerst sorgte Mademoiselle für eine geregelte Tätigkeit. Sie ubertrug ihr einzelnes in dem kleinen Haus halte, sie mußte einige Stunden des Tages ihren vernach lässigten Büchern widmen, sie ließ sich von ihr zu den Armen des Dorfes begleiten, kurz, nahm sie derart m Anspruch, daß der Freiherr zürnend sagte, das sei auch zu viel. Sie werde daS Kind so anstrengen, daß es wieder krank werde. Made moiselle ließ sich nicht beirren, und es schien doch der rechte Weg gewesen zu sein, den sie eingeschlagen; denn als der Sommer sich seinem Ende nahte, hatten Lilis Wangen sich miede gerötet, ihre Augen, diese so unnatürlich ernsten Augen in dem jungen Gesicht, sich wieder belebt. War es auch nicht der fröhliche, immer lachende Aus- druch der ihnen einstens eigen gewesen, so spiegelten sie jetzt eine Tiefe des Empfindens, eine seelenvolle Weichheit wider, daß der Freiherr sorgend zu seiner Gattin sagte: »Das Mädel wird rein zu schön, sieht aus wie ein Engel, der just in den Himmel fliegen will!" Diese lachte und zerstreute seine Sorge durch den höchst prosaischen Ausspruch: »Sie wird endlich vernünftig und daS macht nur, weil sie sich den phantastischen Georg aus dem Sinn geschlagen. Er war ja ein guter Junge, aber immer oben hinaus, direkt in die Wolken. Wer weiß, wie noch das Ende wirdl Hast Du gelesen?" »Ich lefe entschieden nichts über ihn," entgegnete der Freiherr barsch. »Er hat jene Sängerin wirklich geheiratet, sie sollen in Paris fürstlich leben," entgegnete die Freifrau, ohne sein Kopf schütteln zu beachten. »Na, das ist wenigstens gleich und gleich!" brummte der alte Herr. »Und desto besser für Lili; ich meine seine Heirat, nun lst sie ihn für immer los. So recht traute ich ihr noch immer nicht! Ob sie es weiß?" Freifrau Henriette zuckte die 'Achseln. „Ich sprach mit Mademoiselle darüber, sie sagte, Lili erwähne ihn nie mehr." Ja, auch Lili wußte es; sic hatte es ebenfalls gelesen. Mit rühmenswerter Festigkeit vermied sie zwar in den Zeitungen die Rubrik „Theater und Musik." Sie wollte nicht erinnert sein an das, was hinter ihr lag. Einmal jedoch >var ihr Auge unabsichtlich auf seinen Namen gefallen, der in gesperrter Schrift ihr eutgcgcnlcuchtetc. Sie vermochte der Versuchung nicht zu widerstehen und las weiter. Es war eine weitschweifige Besch, cibung dieser Hochzcitsfeicr, bei der ein Glanz entfaltet war, „ganz würdig eines so hochberühmten Paares," so hieß es. Wohl hatte sic ein heißes, stechendes Weh in ihrem Herzen gespürt, doch daß er sie geheiratet, war ihr nur natürlich erschienen, das hatte sie gar nicht anders er wartet. 'Aber dennoch war es aufs neue um ihren mucrlichou Frieden geschehen. Tann war sie still nach dem Friedhof gewandert, als find: sie in jener so wunderbar wohltuenden Einsamkeit am ersten die verlorene Ruhe ihres Herzens wieder, und dann hatte sie zum ersten Male nach jenem Tage, als Georg im Unfrieden von seinem Vater gegangen, das Pfarrhaus be treten. Die alte Dore starrte sie eine Weile ganz fremd an, Sie hatte in dem lehtvcrgangenen Jahr soviel geweint, nun mar iljr Augenlicht schwach geworden. In dem dämmernden Hausflur erkannte sie das junge Mädchen, das so zögernd cintrat, nicht. „Tore, wie geht es Dir?" Bei dem Klange der so lange entbehrten Stimme brach sie in Schluchzen aus. „Ach, gnäd' Fräulen, er hat wohl geschrieben?" fragte sie stammelnd, dabei siel sie ihr fast um den Hals. »Nein, Dore, geschrieben hat er nicht, doch es geht ihm sehr gut, er hat sich verheiratet mit einer sehr schönen Frau." »Was, geheiratet soll er haben?" rief die Alte. „Ach, gnäd' Fräulen, nun halten Sie mir alte Frau auch noch zum Narren," und wieder schluchzte sie herzbrechend. »Wenn er schon nicht schreiben tut —" „Aber, Dore, es ist wirklich wahr," engegnete Lili traurig, und auch in ihre Augen schossen Tränen. »Nein, nem!" beharrte die Alte, „der Georg heirat' keine andere nich, als das Fräulen, er hat's ja oft genug gesagt. Ja» akkrat auf diesem Platz war's, noch ganz zuletzt hat er's ge sagt. „Dorchen," hat er gesagt, so sagte er immer, wenn er's so recht gut hat gemeint, und sie trocknete sich ihre Augen, „Dorchen, nu geh' ich bald fort in die Welt, und wenn ich ein großer Mann bin geworden, dann komm' ich wieder und hol' mich die Lili" — entschuldigen Sie man — aber akkra, so hat er gesagt." Lili preßte beide Hände auf ihr Herz, dessen wilde Schläge sie zu ersticken drohten. Und sie hatte geglaubt, es sei über wunden! Nun setzte sie sich auf daS hohe Fußfchemelchen, auf dem sie so ost als Kind gesessen, und sah traurig die alte Frau an. »Ja, Dor«, damals, daS war auch eine andere Zeit. DamabS dachte er wohl noch, ich wäre für ihn gut genug, aber jetzt! Diese ist auch viel, viel schöner als uh, und auch ünr Künstlerin, eine Sänaerin." »Haven Sie ihr denn gesehen?" fragte die Alte mit einem fast blöden Ausdruck. Lili nickte. Die Erinnerung an jene Stunde zog qual voll an ihrem Geist vorüber. »Und schöner, wie unser gnäd' Fräulen soll sie sein? DaS is nich möglich, Fräulen is ein Engel." »Nun eben, Engel heiratet man nicht!" brach eS, wie in herbem Spott, von ihren Lippen. Sie erhob sich. „Ich wollte auch zum Herrn Pastor, aber nun will ich doch lieber wieder nach Hause." Dore hielt ihr Kleid fest. „Sagen Sie, Fräulein Lili, bringt er seine junge Frau woll mal her?" fragtest« flüsternd. Lili lachte bitter auf, dann aber, als sie in die er- schrockenen Augen der alten Frau sah, empfand sie Mitleid. »Es ist schon möglich, Dore: wenn nur der Herr Pastor erst mit ihm versöhnt wäre," sagte sie begütigend. »Ist er noch immer so böse?" »Ach, böse gar nicht — immer sehr gut, aber so still,.§ still! Ach Gott, wenn nich noch mal einer so remS-iu/ ich verlernt noch das Sprechen ganz und gar," murrte .le jetzt. Lili stand einige Minuten mit sich selbst kämmend. Dann hob sie den Kopf mit einem entschlossenen Ausdruck: »Ist er da drin?" Als die Alte nickte, ging sie hastig, W wolle sie eln Umkehren vermeiden, auf die Tür zu, welche jn sein Studier zimmer führte, mit zitternden Fingern anh'opfend. »Gehen Sie man inimer rein, gnn>' Fränlen," sagte Dore hinter ihr, »er hört nichts, wenn er bei seine Bücher sitzt." Lili öffnete leise die Tür. Da saß e' sein Vater, über ein Buch gebeugt. Ein Sonnenstrahl tuschte über seinen Scheitel — er war schneeweiß. O, auch er hatte gelitten durch ihn! Und ohne sich über ihr Tun Rechenschaft zu geben, strebte sie lautlos vorwärts und glitt nebn seinem Stuhl in die Knie. Der Pastor schaute auf. »Lili, Sie, liebes Kind?" Wie das g-tig klang und gar nicht überrascht, als habe er ihr Kommen eryartet. Er beugte sich zu ihr nieder. „Stehen Sie auf, mein Kind! Hat hie ein neues Leid betroffen?" Sie schüttelte den Kopf und dann fah sie zu ihm auf, schüchtern, fast ängstlich. Sein Gesicht wh so schmal ge worden, tiefe Furchen durchzogen seine Hoy Stirn, doch in den Augen lag ein weltfernes Leuchten, als ehe er über alle die nichtigen Dinge dieser Erde hinweg. »Ich wollte —," stammelte sie endlich. Ja, was wollte sie eigentlich? „Sie sind krank, Herr Pasttr, und so viel allein —," wieder brach sie ab. »O nein, ich bin nicht allein," entgegnet, er, sie aus hebend und zu einem Stuhl geleitend. „Ick habe meine Bücher, die sind ost bessere Gesellschafter als pip Menscher». Zwar nicht alle Menschen, es gibt auch sehr lie»e, gute, doch ich selbst bin kein guter Gesellschafter, ich passe nicht mehr hinein in ihr Treiben." Sie fah erstaunt zu ihm auf. Diese ruhige, fast heitere Sprache; hatte er denn alles vergessen? Finster, verbittert, unzugänglich glaubte sie ihn zu finden, statt dessen? Als habe er ihre Gedanken hinter der weißen Stirn gelesen, sqgte er auf einmal mit tiefem Ernst: »Ich gehe ab-
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