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Der Grenzbote : 07.05.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-05-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1836929153-190505071
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1836929153-19050507
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1836929153-19050507
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer Grenzbote
- Jahr1905
- Monat1905-05
- Tag1905-05-07
- Monat1905-05
- Jahr1905
- Titel
- Der Grenzbote : 07.05.1905
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Deo Unwillkürlich hoben sich ihre Hände wie flehend empor, aber der jnnge Mann wich nicht vom Fleck. Seine Blicke glühten, und um seine Lippen zuckte es wie Triumph. „Ich. gehe nicht," sprach er, „wenn Du mir nicht Dein Wort gibst, Anna, mich heute Abend an dieser selben Stelle zu treffen." „Willst Du mich denn unglücklich machen, Fritz? Und es gibt ein Unglück, wenn mein Mann oder mein Vater Dich hier trifft." Sie war bei den Worten aufgesprungen, und ihre Stellung, und der Blick, welchen sie den Weg entlang schweifen ließ, verrieten deut lich genug ihre Absicht, in der nächsten Sekunde zu entfliehen, aber der junge Rothmann, der sofort ihre Absicht durchschaute, trat ihr in den Weg. „Die sind drinnen bei den Gästen," sagte er, „und so entkommst Tu mir nicht, Anna. Tu sprichst von Deinein Unglück, wer aber fragt nach dem meinigen?" Es zitterte ein Ton durch seine letzten Worte, der die Hörende erbeben ließ, ,/Fritz", flehte sie, „verlaß den Garten; noch ist es Zeit, und vielleicht bringt der nächste Augenblick großes Unheil über uns." Wie zur Bestätigung ihrer Worte bog gerade in diesem Augenblick Georg Heink um die letzte sichtbare Biegung des Weges, aber er führte sein Töchterchen an der Hand, sprach mit dem selben und sah deshalb nicht empor. Rnr einen einzigen, aber einen Entsetzen verratenden Blick warf Anna auf den Eindring ling, und dieser Blick sagte mehr als Worte. „Du kommst," flüsterte er, und sie, halb betäubt, nickte ihm Gewährung. Ein dämonisches Lächeln flog über sein schö nes Gesicht, und zugleich schlüpfte er zwischen den Stämmen der Laube durch und verschwand in dem dichten Grün mehrerer hart daneben stehender Bohnenbeete. Anna atmete auf, aber sie mußte sich- an lehnen, da ihr die Füße beinahe den Dienst versagten. Ihre Gestalt bebte wie Espenlaub, und doch galt es mehr denn je, sich zu beherr schen, denn unbefangen mit 'der Kleinen plau dernd, trat jetzt der Gatte heran. „Sieh, Mama", begann er schon von Weitenh, „welch einen schönen Ball Tante Katharine ih rem Patchen geschenkt hat. Soeben erst ist er aus der Stadt — aber Anna", unterbrach er, dicht neben ihr angekommen, sich selbst, „was fehlt Dir? Du siehst zum Erschrecken blaß aus!" Er ließ das Kind los und nahm besorgt die kalte Hand der jungen Frau in die seinige. Ein Frösteln überlief deren zarte Gestalt, aber dennoch gewann sie es über sich zu lächeln und zwar freundlicher, als sie es ihm gegenüber seit langer Zeit getan. „Es ist nichts", sagte sie, sich zu einer Art fieberhafter Lebhaftigkeit zwingend. „Ich hatte schon den ganzen Tag Kopfschmerzen, aber ich glaube, hier in der frischen Luft wird es besser. Koniin, setze Dich hierher, und sieh, da kommen ja auch die Andern schon." In der Tat, Frau Bode schritt jetzt des Weges daher mit einer durch ihren Umfang viel versprechenden Kaffeekanne und gefolgt von ihrem Sohne Wilhelm, einem Jüngling, der 16 bis 17 Jahre zählen mochte, aber bereits seines Vaters herkulischen Wuchs und seine Kräfte geerbt hatte. Er trug die kranke Katha rine ohne jegliche Anstrengung auf seinenArmen, als habe er es mit einem kleinen Kinde zu tun. Ein vergnüglich hinterher tvottenderSpitz bildete den Schluß des Zuges, dessen Mitglie der wenige Sekunden später die für sie bereit gehaltenen Plätze eingenommen hatten. Nur Kätchen spielte am Eingang der Laube, und da sie mit ihrem neuen bunten Ball noch nichts 'anderes zu beginnen wußte, ließ sie ihn zu Boden Hinrollen, wie eine Kugel und der gpoße Onkel Wilhelm sah ihr zu und versuchte ihr zu erklären, wie man mih dem Ball umgeht... Er schien durchaus nicht abgeneigt, das beliebte Spielzeug noch selber einmal zur Hand zu neh men. „Ruhig Spitz! Was hat das Tier nur, es macht ja einen Lärm, daß, man sich selbst nicht versteht." Katharine war es, die durch diese Worte ih rem Unmut Ausdruck gab über die allerdings störende Weise, in welcher der Hund mit ge sträubten Rückenhaaren zu knurren und laut zu bellen begann, sowie er die Laube betreten hatte. ! „Was soll er haben?" erwiderte die Mutter gutmütig und suchte oen Störenfried durch be schwichtigendes Zureoen und einige Leckerbissen an sich zu locken. „Es wird jemand auf der Chaussee vorüber gehen."" „Nein, dann bellt er nicht oder doch ganz anders", entgegnete die ältere Tochter mit Ent schiedenheit. „So tut er nur, wenn irgend ein Fremder unmittelbar in der Nähe ist". (Fortsetzung solgt.) Vermischtes. — Gestohlene Bären., Eine eigenartige Mel dung enthält der Dresdner Polizeibericht. Tort steht zu lesen: Nach einer beim Kriminaldetache- ment in Löbtau erstatteten Anzeige sind Ende Mürz d. gl in der Umgegend von Eisleben bos nischen Bärenführern drei dressierte Büren ge stohlen worden. Die Diebe, drei im Dienste der Bestohlenen gewesene Burschen, gleichfalls Bos niaken, sind mit den Bären bis hierher gekom men und haben diese an einen in Dresden wohnhaften Schausteller verkauft, der sie auch noch im Besitz hat. Die Diebe sind 17 und 18 Jahre alt. — Die Unschuld vom Laude. Auf einem Wien. Bahnhof erwarteten in derAnkunftshalle2 mit einfacher Eleganz gekleidete Damen die an kommenden Reisenden. Die Damen stehen laut „Wiener Arb.-Ztg." ini Dienste jener in Wien noch nicht allzulange in Wirksamkeit getretenen Bahnhofsmission, die sich Lie Aufgabe stellt, jungen und unerfahrenen Mädchen vom Lande, die mutterseelenallein die Riesenstadt betreten, um Unterkommen und Arbeit zu suchen, schützend zur Seite zu stehen, sie vor den Gefahren der Großstadt zu warnen und zu schützen. Der Strom der Reisenden ergießt sich nach, der Halle, dem Ausgang zu. Mittendrin schreitet ein Mäd chen mit hübschen, jugendlichen Zügen, halb ländlich, halb städtisch gekleidet. In der Hand einen großen Karton tragend- schreitet sic müde, fast schläfrig dahin, sodaß man in ihr leicht „Eine vom Lande" vermuten kann. Eine der Damen fragt das Mädchen: „Sie erlauben, Fräulein, Sie sind wohl fremd hier? Nehmen Sie die Frage nicht übel. Sie suchen hier wohl einen Posten?" „Nein, Posten hab' ich ja, aber Unterkunft, nun die muß ick;, mir erst suchen. Uebrigens.... warum interessieren Sie sich! für mich?" „Ila, wissen Sie, liebes Kind! Wien hat dock/ seine Gefahren für ein Mädchen, das aus her Fremde kommt und ganz allein dasteht. Es gibt böse Menschen — schlechte Männer.... Sie werden verstehen. Wenn Sie für die ersten Tage Schutz brauchen oder wünschen " „Ach ! sehr, ich brauche ! etwas verblüfft, ! wohl noch! keine Schutzbedürftige gefunden. Zu einer Frage noch drängt es sie: „Sehr selbstbewußt, liebes Kind, aber sagen Sie anal, was sind Sie denn eigent lich. „Tierbändigerin", war die Antwort, und damit war der Dialog auch beendet. — Ein Scheusal in Menschengestalt ist der Bergarbeiter Matheja in Kälskolonie-Ruda. Er zechte in diesen Tagen mit mehreren feinest' Kollegen in einer Schankwirtschast und schimpfte weidlich über seine Frau. Einer der Zechgenos sen muß nun der Frau auch etwas Nachteiliges nachgesagt haben, denn Mit dem Ruf: „Der werde ich's anstreichen!" eilte M. nach Hause. Dort angelangt, griff' er, wie oberfchkefische Blät ter berichten, nach der Keilhaue, und unter gräß lichen Flüchen fing er an, auf seine ahnungslos am Tische sitzende Ehefrau einzuschlagen, bis ihr buchstäblich die Fleischfetzen vom Leibe her abhingen und ihr der eine Arm fast vollständig abgehackt war. Erst den Nachbarn, welche auf die Hilferufe der Frau herbeigeeilt waren, gelang es, die Bedauernswerte den Händen des Un holdes zu entreißen und sie ins Krankenhaus zu schaffen. Dort liegt nun Lie Frau, welche'Mut- ter dreier unerzogener Müder ist, hoffnungslos darnieder. — Augenporträts. Zart gemalte Bilder see- lenvoller Augen sind in London die neueste Liebhaberei. Wenn man ein solches Augenpor trät zum ersten Mal sieht, erhält man einen fast unheimlichen Einoruck. Von der Wand blickt ein kleines lebhaftes menschliches Auge ohne Gesicht herab, und es cht so vorzüglich ansge führt, daß das Lachen darin seltsam in seiner Ausdrucksfähigleit ist. Die Augenporträts, die jetzt im „Royal Instituts" von Aquarellisten ausgestellt sind, erregen denn auch große Auf merksamkeit. Eine bekannte Miniaturmalerin in London erklärte, daß viele Männer jetzt die Augenporträts ihrer Geliebten bei sich tragen; auch Damen tragen schon die Augen ihrer Freunde in Medaillons. „Das Auge", meinte die Dame, „ist der ausdrucksvollste Teil des Gesichtes, und bildet allein ein Porträt für sich. Tie Schatten um das Auge und dieAugen- brauen helfen natürlich! mit, aber das Licht im Auge ist die Hauptsache. Leute mit Fisch- augen kommen natürlich mehr, sich Augenpor- träts malen zu lassen, nur Leute mit schönen Augen und oft solche, bei denen das Auge wirk lich der schönste Teil des Gesichtes ist. Die Preise sind verschieden, von 100 Mark an auf wärts. Die Arbeit rst nickt leicht, aber sehr be friedigend, wenn man schöne Augen zu malen hat." — Ein gräßliches Wahnsinnsdrama spielte sich! in dem Pariser Vorort AubervUliers ab. Dort wurde, wie inan der „Frkf. Ztg." schreibt, ein Tischler tobsüchtig; er stürzte mit einer Säge auf seine krank im Bett liegende Frau und begann ihr das Bein abzusägen. Der Un glücklichen gelang es indessen, trotzdem sie Blut in Strömen aus einer furchtbaren Wunde verlor, sich! zu Nachbarn zu flüchten. Kurz darauf hörte man e inen furchtbaren Lärm und gräßliches Ge winsel aus der Wohnung erschallen. Als die Nachbarn die Tür erbrachen, bot sich ihnen ein entsetzliches Schauspiel. Der Wahnsinnige, dem Gesicht, Arme und Hände zerrissen waren, so daß ihm Fetzen von den Wangen herabhingen, hielt noch eine blutige Säge in der Hand, mit der er den Hund in zwei. Teile geschnitten hatte. Das Tier hatte sich in seinem Schmerze ver teidigt, und man glaubt, es sei dabei tollwütig geworden. — Im Mehl erstickt. Einen merkwürdigen Todesfall, der in der medizinischen Literatur bisher ein Unikum darstellt, beschrieb Tr. Schrö der in einem Vorträge vor der biologischen Abteilung des Aerztlichen Vereins im Ham burg. Es handelt sich um einen 39 Jahre al ten Müller, der aus folgende Weise ums Leben kam. Er war in einer Dampfmühle beschäftigt, in der das Mehl vom Mahlstein aus durch! einen in der Decke mündenden schacht hinabg'litt, um dann in die Säcke gefüllt zu werden. Früher mußte ein Arbeiter das Mehl in diesen Abzugsschacht hineinschaffen, was gewiß in der mit Mehlstaub erfüllten Luft eine äußerst unangenehmeBeschäftigung war.Tie Arbeiter beschwerten sich denn auch bald beim Gewerbeinspektor und erreichten ihren Zwack, indem fortan die Beförderung des Mehls durch eine maschinelle Vorrichtung bewirkt wurde. Diese Anlage kam jedoch vorübergehend in Un ordnung, sodaß wiederum ein Arbeiter das Um schaufeln des Mehles vornehmen mußte. Dabet war er nun wohl ungeschickt verfahren, indem er eine sehr hohe Mehlmasse von unten an schaufelte, sodaß sie dann über ihn stürzte und ihn fast völlig begrub. Als das Ausbleiben des Arbeiters bemerkt wurde, sah man nach und fand den Wann an einer Wand stehend tot vor. Die Schaufel hielt er noch krampfhaft mit beide'n Händen fest. Der herbeigcholte Arzt stellte fest, daß die Leiche im Gesicht ungewöhn lich blaß, war- Um die Todesursache zu ermit teln, wurde Dr. Schröder mit der Obduktion betraut und führte nun den Nachweis, daß der Mann buchstäblich durch das Mehl erstickt war. Sämtliche Atemwege bis in die Lunge und in die feinsten Verzweigungen der Luftröhre hin ein waren vollständig mit einem festen Mehl brei verstopft. — Auch eine Perle in der Auster. Ein reicher Pariser Finanzmann saß in einen: Restaurant und frühstückte; da trat, wie der „Gaulvis"' erzählt, ein einfacher Mann in das Lokal, setzte sich an dem benachbarten Tisch und verlangte beim Kellner ein Dutzend Austern. Die Austern kamen, und das Mahl begann. Kaum aber hatte der Gast die dritte Auster gegessen, als er, die Hand nach dem Munde führend, leise ausschrie: „Ich glaube, ich habe mir einen Zahn ausge- ! bissen!" Indem er dies sagte, entfernte er den Gegenstand seines Leidens- es war eine schwarze prachtvolle Perle, noch ganz umgeben von dem zuckenden Fleisch des Mollusken, aber von einer Größe, die sie ganz besonders wertvoll machte. Der Nachbar betrachtete natürlich die Perle, bewunderte sie und wünschte dem Manne Glück, der sie auf so unerwartete Weise entdeckt hatte. .Meiner Treu," versetzte dieser, „es ist wohk möglich, daß das Ding schön ist, ich' aber wünsch? te es zum Teufel; mein Zahn wächst dadurch nicht wieder." — „Nun, Sie werden es ver kaufen." — „Was kann dieser Kiesel wert sein?" —„Wenigstens zweihundert Franks." —„Wenn Sie ihn für die Hälfte haben wollen, gehört er Ihnen." Der Handel wurde abgeschlossen,, der Finanzmann bezahlt hundert Franks und erhält die Perle. Beim Fortgehen tritt er bei einem Juwelier ein und erkundigt sich nach ihrem Werte. Aber welcher Schreck: Die Perl« war falsch und der Betrüger um 100 Franks reicher. . so — ich verstehe. Ich danke keinen Schutz. Tie Dame ist so kurz angebunden hatte sie
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