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Der Grenzbote : 29.09.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1836929153-190509296
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1836929153-19050929
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1836929153-19050929
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer Grenzbote
- Jahr1905
- Monat1905-09
- Tag1905-09-29
- Monat1905-09
- Jahr1905
- Titel
- Der Grenzbote : 29.09.1905
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Hauswirt und Mietnr ist folgendes in einem hiesigen Blatte befindliches Inserat: „Achtung! Suche hei einem Hausbesitzer, der mir 2- bis 3000 Mark leiht, ein Logis bis 250 Mark in ^Trachen berge oder Pieschen, bin selbst Hausbesitzer und in fester Stellung usw." Also, um ein Logis im Miet werte von 250 Mark an den Mann 'zu bringen, sollen erst gegen 3000 Mark gepumpt werden. Tie Lage der Hausbesitzer in Dresden ist unbestritten sehr nützlich, aber noch kecker schei nen manche Mieter zu sein, wenn sie auchjauder- wärts selbst Hausbesitzer sind. Dresden, 28. Äptbr. Auf der Nöthnitzer Straße in Vorstadt Plauen fiel gestern nachmit tag ein kleines Mädchen aus einer Brautkutsche. Das Hinterrad ging über das rechte Bein, das dadurch einen komplizierten Bruch erlitt. Mühlberg a. Elbe, 26. Teptbr. Beim Uebersetzen über die Elbe mittels der Greusnitzer Elbfähre scheuten zwei vor eine Sämaschine ge spannte wertvolle Pferde, schoben rückwärts und stürzten mit samt der Sämaschine in die Elbe. Beide Pferde ertranken. Zittau, 27. Scptbr. Beim Anziehen der Bremse fiel in Leutersdorf der 12jährige Schul knabe Richard Herzog vor die Räder des mit Dünger beladenen Wagens. Dem Bedauerns werten wurde der Brustkorb eingedrückt, so daß der Dod alsbald eintvat. — Durch unvorsichtiges Hantieren mit einem Teschin schoß sich in Groß schönau der Schmiedelehrling Michel in die Brust. Der Zustand des Schwerverletzten ist be denklich. Gotha, 27. Septbr. Bor einigen Wochen wurde die Tatsache viel kommentiert, daß von der hiesigen Strafkammer ein 17jähriger Lehr ling von hier wegen Beleidigung des jungen Herzogs Karl Eduard zu zwei Wochen Gefängnis verurteilt worden war, während unter der mehr jährigen Regentschaft des Prinzen Ernst zu Hohenlohe-Langenburg eins Verurteilung wegen Majestätsbeleidigung in Koburtz^-Gotha nicht zu verzeichnen gewesen sei. Jetzt wird bekannt, daß der Herzog ungeordnet hat, die Vollstreckung des Strafkammer-Urreils gegen den Lehrling zwei Jahre auszusetzen, und den völligen Erlaß der Strafe eintreten zu lassen, falls sich der Verletzte während dieses Zeitraumes gut führt. vermischtes. — Eine kleine Manöver-Episode, die sich nach der Kaiserparade bei Homburg abspielte, wird nachträglich bekannt. Ter Kaiser nahm, als er nach der Parade an der Spitze einer glänzenden Suite nach Homburg zurückritt, ein sehr scharfes Galopptempo an. Plötzlich scheute düs Pferd des Flügeladjutanren Grafen Sölden und warf «E« Aev <K L e rrZöo ts. den Reiter in den fußhoch aufgeweichten Lehm boden. So gefährlich! die Sache aussah, konnte Graf Soden doch unbeschadet wieder in den Sat tel steigen und den Ritt fortsetzen. Tas Pserd'des Prinzen Adalbert war aber nun auch unruhig ge worden und bemühte sich, den Prinzen eben falls mit dem durchaus nicht einladenden Erd boden Bekanntschaft machen zu lassen. Prinz Adalbert, der bekanntlich bei der Marine dient, ist kein so firmer Reiter wie seine Brüder, er „verankerte sich mit den Sporen, so daß sein Pferd immer tollere Sprünge machte, und es hing nur an einem Haare, daß der junge Prinz aus dem Sattel geschleudert wurde. Ter Kaiser bemerkte die gefährliche Situation seines Sohnes und ries ihm laut zu: „llm Gottes-wMien, sitz fest, Junge!" Schließlich wurde das Einverneh men zwischen Roß und! Reiter denn auch wieder hergestellt und die Herrschaften kamen nach schar fem Ritt gesund und munter in Homburg an. — Der stramme Grenadier. Vor kurzem ging eine Mitteilung durch die Presse, daß bei der Homburger Kaiserparade ein badischer Leib- grenadier so stramm Parademarsch gemacht habe, daß ihm ein Stiefel davon geflogen sei. Zwei früheren Regimentsangshörigen im badischen Ha nauerland ließ die Geschichte keine Ruhe, und sie wandten sich deshalb in einem Briefe an das Regiment-kommando mit der höflichen An frage, ob denn so etwas möglich sei. Umgehend kam imAuftragedes Regimentskommandeurs Oberst v. Henning auf Schönhoff durch den Regiments- adjutanten die Antwort zurück, daß dem Grena dier der Stiefel nur im aufgeweichten Boden stecken geblieben und der Mann unentwegt wei ter marschiert sei. Den Stiefel hat dann erst der Hinterman zum Gaudium der Zuschauer in die Lüfte gestoßen. Auf einer Ansichtskarte ist der denkwürdige Vorgang bereits verewigt; der Fuß lappen fliegt auch mit in die Luft. — Ein billiger Mieter des Fürsten Bülow. Tas Patrizierhaus Wilhelmstraße 59, an der Ecke der Leipziger Straße in Berlin, das zur großen W. von Goddefroyschen Hinterlassenschaft gehört, aus der auch der Reichskanzler Fürst Bülow Millionen erbte, sollte der Erbteilung halber verkauft werden uno es handelte sich da rum, den außer dem verstorbenen Wirt einzigen Mieter, Generalmajor z. T. Graf C. von Lüt tichau, dessen sechsjähriger Vertrag noch! einJahr lief, abzufinden. Graf Lüttichau, der als ruhi ger Junggeselle für die ganze Parterre-Woh nung des enorm großen Hauses nur eine Jahres miete von 3600 Mark zahlte, erhielt für die sofortige Lösuung des Vertrages und den Ver zicht ans das ihm noch zustehende einjährige Mietsrecht eine Entschädigung von 20 000 Mark, an deren Besitz er sich freilich nicht lange er- Zigeunerliebe von O. Elster. -Fortsetzung.> lNachdruck verboten./ Gisela war überrascht gewesen von dem Be suche Usedoms. Im ersten Augenblick wollte sie ihn nicht empfangen, dann aber entschloß sie sich anders. Sie glaubte cs der Freundschaft und Achtung, welche sie 'für Kurt immer noch empfand, schuldig zu sein, ihm volle Aufklärung über ihre abweisende Antwort auf seine Werbung zu geben. Andererseits konnte sie sich die Ur sachen dieses Besuches nicht erklären, wußte sie doch nichts von dem Inhalt des Briefes, den ihr Vater an Leutnant Won Usedom geschrieben hatte, und der diesem die Hoffnung, Giselas Zustim mung zu erhalten, noch nicht ganz in Abrede stellte. Jetzt, als sie Kurt gegenüberstand, em pfand sie dennoch das Peinliche ihrer Lage und die Blässe der Verlegenheit überzog ihre zarten Wangen. Sie fand kaum einige Worte Ser Be grüßung. „Es ist sehr freundlich von Ihnen, Herr Leut nant", sagte sie, „uns so bald nach Ihrer An kunft aufzusuchen." „Sie wissen ja, gnädiges Fräulein, was mich hierher treibt." Gisela erschrak. Dachte er noch immer daran, ihre Liebe zu erringen? Hatte ihr Vater ihm nicht geschrieben, daß ihr Herz ihm nicht ge höre ? „Mein Vater ist nicht zu Hause." „Ich hörte es bereits zu meinem Be dauern." „Er wird indessen in ein paar Tagen zurück- kehren." „Ich werde mir dann erlauben, nochmals Vvrznsprechen." Gisela faßte Mut. In diesem Don konnte das Gespräch unmöglich zwischen ihnen fort- geführt werden. Rasch entschlossen sprach sie: „Herr von Usedom, ich bin Ihnen noch eine Erklärung schuldig." ,„O mein Fräulein, ich bin geduldig, ich werde nicht in Sie dringen, mir jetzt schon leine Antwort zu geben, Sie müssen mir aber gestat ten, daß ich Sie ailchl ferner sehen und sprechen darf. Wenn Sie müßten, wie ich mich nachJlhvem Anblick gesehnt habe!" Treuherzig blickten die blaugrauen Augen sie an, daß Gisela die ihren fast mit einem Gefühl der Beschämung niederschlug. „Mein Vater hat Ihnen geschrieben." „Allerdings. Ich danke Ihrem HerrnVater und Ihnen, Fräulein Gisela, für die freund lichen Worte des Briefes, welche mir die Hoff nung erhielten, Ihre Liebe doch noch erringen zu können." „Das hat Ihnen mein Vater geschrieben?" „Ja, Fräulein Gisela. Deshalb wagte ich es, wiederum hierher zu kommen." Gisela rang nach Worten. Endlich stieß sie hervor: „Mein Vater hat nicht recht gehandelt, als er Sie in Ihrer Hoffnr ng bestärkte." Leutnant von Usedom trat überrascht einen Schritt zurück. „Sie kannten den Bries Ihres Herrn Vaters nicht?" „Ich! bat meinen Vater, Ihnen zu schreiben, daß ick) Sie nicht lieben könne." Kaum hatte Gisela diese harten Worte gesagt, als sie bereute, dieselben so schroff und hartHar- worgestoßen zu haben. Sic sah, wie Leutnant von Usedom zusammenschrak, als habe ein Schlag ihn getroffen, und wie seine bräunlichen Wangen eine fahle Blässe überzog. Einen Augenblick rang der Offizier fassungs los nach einem Wort der Erwiderung, dann er griff er seinen Czako, verbeugte sich ehrerbietig und sagte: „Ich beklage es, daß Ihr Herr Vater mir nicht die volle Wahrheit geschrieben, und bitte freuen konnte, denn die Zahlung erfolgte nach mittags 3 Uhr und am andern Morgen 5 Uhr starb er bereits an den Folgen einer Operation, der er sich in einer Klinik unterzog. Ter Reichs kanzler, der bei einem Besuch seines Vetters Goddefroy schon verwundert war über die un gewöhnlich niedrige Miete des Grafen Lüttichau, die ihm sein Vetter auf Befragen verlegen und nur zögernd mitteilte, hat, wie die „Allgemeine Fleischer-Zeitung" mitteilt, erst recht große Au gen gemacht, als er erfuhr, daß die Entschädig ung von 20 000 Mark mehr betrug, als der Graf während der ganzen Mietsda/uer bezahlt hat. Berlin. Ein Pücklerprvzeß, der bereits mehrfach der Vertagung anheimgefallen war, gelangte vor der ersten Strafkammer des Land gerichts 2 zur Verhandlung. Wegen Aufreizung zum Klassenhaß war der Rittergutsbesitzer Graf Walter Pückler zu Klein-Tschirne angeklagt. Da er wiederholt ohne jede Entschuldigung zum Ter min nicht erschienen war, wurde er von dem uni formierten Gendarmerie-Oberwachtmeister Kö nig aus Klein-Tschirne vorgeführt. Der Ange klagte wurde beschuldigt, am 13. Dezember v. I. in Bernau verschiedene Klassen der Bevölkerung zu Gewalttätigkeiten öffentlich angereizt zu ha ben. Am 13. Dezember hielt Graf Pückler indem Restaurant „Elysium" in Bernau eine Rede über das Thema: „Die Juden in Polen." Einzelne Stellen der Rede, die wohl nicht recht „bildlich/" gemeint sein konnten, veranlaßten den Bernauer Polizeiwachtmeister, der die Versammlung über wachte, diese für aufgelöst zu erklären. Außer den üblichen Kosenamen, wie: elende Gauner, Parasiten, Asiatenpack, schwarze L—kerls, mit denen Graf Pückler seine Todfeinde belegte, for derte erbte zahlreich erschienenen Bernauer Ein wohner zu einem frisch-froh-fröhlichen Kampfe auf. „Faßt die schwarzen Hallunken am Kragen und macht ihnen mit euren kräftigen Armen und Fäusten das' Fell locker. Feste druff, auf die Jüdenbande! Wie schön wäre es, wenn sich auch! hier ein paar junge Leute finden würden, die ein bißchen demolieren täten ünd den Juden ein bißchen die Fenster cinwerfen würden. Nur Keile hilft! Im Anschluß hieran ging Graf Pück ler in ausführlichster Weise auf das Judentum in dem alten Königreich- Polen ein und stellt die große Judenverfolgung in Krakau im Jähre 1407 als leuchtendes Vorbild dar. Diese großen Judenhetzen seien zum Teil durch/ Kinderschlachz- tungen der Juden entstanden- „Wieviel Kimder- schlachtungen mögen nach- der KonitzerMordfache, in welcher russische Juden eine scheußliche Tat verübt haben, wohl bei uns verübt worden sein?" — In dieser Tonart ging es weiter, wobei die Bernauer Anhänger des Grafen sich in riesigem Sie, mein Fräulein, um Entschuldigung, daß ich Sie noch einmal belästigt habe." Er wollte sich entfernen. Ein tiefes Mitge fühl mit dem ehrenhaften Mann, den sie hatte sso kränken müssen, ergriff Giselas Herz, Sie trat auf Kurt Zu und ihm die Hand reichend, sagte sie: „Verzeihest Sie mir meine harten Worte, Herr von Usedom. Ich Litte Sie herzlich! darum! Lassen Sie uns Freund« bleiben wie bisher." Er ergriff ihre Hand uno führte sie ehrer bietig an seine Lippen. „Es war nicht recht von /meinem Bater^ Ihnen die volle Wahrheit zn verschweigen. Wollen Sie mir gestatten, Ihnen die Gründe meines Han delns zu sagen?" „Es gibt nur einen Grund, gnädiges Fräu lein, und den haben Sie mir soeben genannt. Sie lidben mich nicht. Ich muß die Stichhaltig keit dieses Grundes anerkennen." „Glauben Sie mir, daß mir diese verneinende Antwort auf Ihren Antrag sehr schwer gewor den ist?" „Sie lieben mich nicht, was bedarf es noch der Worte?" ,Herr von Usedom, ich achte, ich ehre, ja — ich liebe Sie als einen treuen, ehreichen Freund. Ich bitte Sie um Jh-e Freundschaft: können wir nicht Freunde bleiben, wie bisher?" „Sagen Sie mir das eure, Gisela! Ist dieses „Nein" unwiderruflich? Darf ich nicht auf die Zukunft hoffen, daß Sie mich noch einmal lieben lernen, wie ich es ersehne?" „Gisela senkte' die Augen und schwieg. „Wie soll ich dieses Schweigen deuten?" fuhr Kurt leidenschaftlich fort, „ist es günstig für mich?" Leicht schüttelte Gisela mit dem Haupt, ohne die Augen zu dem vor ihr stehenden Manne zu erheben. „Es ist ungünstig für mich — dann, Fräu-
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