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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.09.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-186009080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18600908
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18600908
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1860
- Monat1860-09
- Tag1860-09-08
- Monat1860-09
- Jahr1860
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.09.1860
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997 Der erste Dampfwagen wurde fertig und empfing von Stephen son zu Ehren Lord Ravcnsworth'S den Namen „Mylord." Er kostete verhältnißmäßig wenig, nur etwa so viel, als mit avdern Mitteln eine Pferdekraft würde gekostet haben; begreiflich war es, daß ße ans dieser ersten Stufe.nnr noch unvollkommen sein konnte; aber sie war da, sie war erfunden, das konnte Nie mand in Mede stellen. Dennoch begannen die Hochweisen, die Alles besser wissen, ohne damit einen Hund hinter dem Ofen heraus zu jage», die Köpfe zu schütteln, die Nasen zu rümpfen und neidisch zu sagen: Eine svrtbcwegeNde Maschine ist cs, aber was leistet sie denn? Sie zieht mit einer Geschwindigkeit von vier Meilen in einer Stunde etwa achtzig Tonnen Gewicht. Was ist das gegen die Kosten? Berechnet Ihr den Kohlcnvcrbrauch, das Abnntzen der Maschine, die Kosten der Unterhaltung, der Heizer, Leiter, Auf seher und die Gefahr, wenn sie einmal and den Schienen geräth, so ziehen wir den Hut vor den gute», derben Pferden, die wohl feiler gleiche Ziele erreichen. ES ist demnach eine Windbeutelei und eine von den Erfindungen, deren Werth, bansbacklg auSpo- saunt, in Nichts znrückfinkt und mit dem Grabtuche des Vergcssens bedeckt, dem Gcdächtniß der Mitwelt entschwindet! So redeten sie sich die Sache weg und ihr Urtheil über Ste phenson nnd seinen Lord blieb sich gleich, ja es wurde härter, liebloser, ätzender nnd ihr Haufe wuchs wie eine Schneelawine, die den jähen Abhang herunter rollt. Stephenson betrachtete mit dem Auge der Liebe seine Maschine und dankte Gott für das Gelingen. Er sah, wo cs fehlte; er erkannte cs, wie eine leichte Nachhilfe die Kraft seiner Maschine verdoppeln müsse, ja, daß dann dem Steigern der Kraft zn jeder beliebigen Höhe kaum ein Hindcrniß im Wege stehe, und freudc- lcnchtendcn Angcs rief er ans: Ich hab' cs gcfundc»! Ohne sich irre machen zu lassen, nahm cr seine Maschine aus einander nnd bantc sie verbessert wieder auf unter dem Hohngelächtcr seiner Gegner und Neider. Als sie fertig war, wurde» denn doch die Hochwcisc» betroffen. Sie hatte die doppelte Geschwindigkeit und Kraft gewonnen und die dnnklc Frage war gelöst. Da stand der Meister im seligen Bewußtsein des glänzend errungenen Sieges da und sein Lord druckte ihm bewundernd die Hand. Schwiegen jetzt die höhnischen Redner und Spötter? Wir wollen sehen! Es war im Jahre 1815, als Stephenson dies Frohgcfühl im Herzcn trug. Zu diesem Sicge kam dcm Seltenen, Begabten ein Zweiter für die Bolleudnng eines kleineren, aber für viele Tausende höchst segensreichen Werkes. Biele meiner lieben Leser wissen cs ohne Zweifel, daß sich in den tiefen, dem Zutritte der gesunden Lebenslust kaum zugängliche» Kohlengruben Luftarten entwickeln (die Gelehrte» »cune» sie Gase), die dem athmenden Menschen höchst ungesund nnd uachtheilig sind. Dies zeigt sich in dem bleichen Aussehen der Arbeiter, welche ihre Schichtcnzcit, das heißt, die den in Abthcilungcn arbeitenden Berg leuten zur Arbeit angewiesenen Stunden, in der Tiefe ausharren müssen, ehe sie wieder au's liebe Tageslicht empor gewunden werden. Das aber ist noch das Schlimmste nicht. Es giebt anch in de» Kohlengrnben Luftarten, die Bergleute neunen sie: „schlagende Wetter," die, wenn sie mit dem Lichte in Berührung kommen, wie Pulvermincn sich knallend entladen. Geschieht dies, so ersticken alle Arbeiter, welche im Bereiche dieser Lnftarten sind, oder das durch die Macht des Schlages losgelöste Gcstcin begräbt sic. Eins wie das Andere ist Entsetzen erregend. Und diese Gefahren umgeben die armen Bergknappen stündlich nnd nahen ihnen so nnmcrklick oft, daß sie dem Verderben nicht mehr entweichen können. Solche Unglücksfällc waren damals ungemein häufig, und viele denkende, Wohlwollende Männer grübelten und sannen, wie dem ab- zubelfen wäre. Die Lampe der Grubenarbeiter wär damals Wb, das beißt, die Flamme des Dochtes brannte frei. Sie hatten keinen Schutz gegen die heimlich hcranschlcichendcn, schlagenden Wetter nnd ebenso wenig für das kostbare Leben gegen die rasch verderbende Macht derselben. Stephcnson'S edlem Hcrze», wie seinem denkenden Geiste konnte diese Sache nicht fremd bleiben. Auch cr grübelte und sann nach, wie eine Sicherheitslampe könnte und müßte eingerichtet werden, welche leuchtete, ohne durch ibre Flamme die Gase zu entzünden. Und er fand mit Gottes Hilfe die Lösung seiner Ausgabe. Jti demselben Jahre, da er seinen etstcn, verbesserten Dampf- wagcn auf die Eiseilschienen zu Killingsworth stellte, erfand er eine Sichcrheitslampe für die Grubenarbeiter, die mit allgemeinem Danke und Jubel begrüßt wurde. ' . > Zwar erfand kurz nachher auch der gelehrte Engländer Sir Humphry Davy eine ähnliche. Stephensons Lampe nannten die Arbeiter, weil er Georg hieß : „Geordy" nnd die Andere: „Davy". Natürlich — weil eS so im Gange der Welt liegt, wurde die Davy'sche Sicherheitslampe hoch gegen die des arme», bescheidene« Stephenson erhoben; allein eS zeigte sich bloS, daß die „Geordy« lampe," wie sie die Arbeiter nannten, die eine große Liebe Mr den ihnen nahestehenden Stephenson hegten, große Vorzüge vor der „Davylampe" hatte; denn diese schützte ein Geflechte von Metall« draht, das glühend wurde und dadurch die Gase leicht entzündete, wenn sie kamen; die Andere, die Stephenson'S nämlich, m dem Augenblick der Gefahr erlosch, die Arbeiter zwar in Dunkelheit hüllte, aber die Enizündung der Gase unmöglich und dagegen ihre Lebcnsrettnng möglich machte, indem daS Erlöschen Mer Geordylampen die Nähe der Gefahr anzeigte und zur Rettung mahnte und trieb. So ist es denn gekommen, daß heute noch die Grubenarbeiter in jenen Kohlengebieten ihren „Geordy" dem Davy vorziehen, ob« gleich diese weltberühmt geworden ist, was jener nie in dcm Maße gelingen wollte. — Das ist dcr mächtige Unterschied, den die Stellung in her Welt leider gegen das bescheidene Verdienst der Nicdriggebornen so häufig bemerken läßt! — Und wieder ein Beweis mehr, wie es um die Gerechtigkeit in der Welt steht. Nur wer sich geltend zu machen versteht, gilt Etwas! — Dennoch war Stephenson'S Name durch seine beiden hochwich tigen Erfindungen weit über die Grenzen seiner nächsten Umgebungen hinaus gedrungen, und seine häuslichen Verhältnisse wären äüS hfl« tiefen Geleise dcr Armuth herausgehoben; aber er blieb der anspruch- lose, dcmüthige Mann, der nicht glänzen, nur nützen wollte; Ler sich selbst da zurückzog, wo es galt, mit Posaunen den Ruhm in die Welt hinaus zn verkünden. Er saß an seinem Arbeitstische, in seiner bescheidene» Wohnung, zirkelte, zeichnete, rechnete, maß, grübelte und fand. Sein Dampfwagen oder wie man sie heute nennt, seine Löep« motive, war sein Schooßkind, seine Liebe; ihn so nützlich als mög lich zu machen, der Gedanke, mit welchem er einschlief und aufwachte. Aber das Unglück blieb ihm in dem Kreise, der das Herz so innig berührt, nicht fern. Seine gute, treue, geliebte Fanny starb. Das beugte den starken Mann tief; das traf ihn im LebenSmarke, und drohte seine geistigen Kräfte für lange Zeit zu lähmen. Arbeit ist immer ein Segen, aber sie ist in schweren Prüfung^- stunden auch eine Arznei, ein Trost, der wirksamer ist, als die Trost gründe, die uns wohlwollender Freunde treue Worte znführen. I» dieser Zeit beschäftigte sich Stephenson mit leichteren Arbeiten. Er reiste auch viel im Lande umher und — machte vor zügliche Sonnenuhren, die sehr gesucht waren; fertigte Kompasse und andere Instrumente, die er gut verkaufte und — gewann mit dem reichsten Trostquell, den ihm sein christlicher Glaube gab, seine Ruhe, die stille Ergebung in den heiligen Willen des Heryn wieder. Und mit diesem großen Gewinne wandte er sich auch wieder seiner großartigen Thätigkeit zu. Einen Sohn hatte ihm seine gute Fanny geschenkt, dcr vom Herrn auch mit reichen Gaben gesegnet war. Stephenson dankte Gott, daß er in de» Verhältnisse» nun »pap, daß er dem Sohne eine gelehrte Bildung auf den Schulen seines Vaterlandes konnte geben lassen. Und wieviel mußte der Sohn gewinnen im belehrenden Umgänge eines solchen Vaters? Wie viel am Anschauen seiner Modelle, seiner Arbeiten. Stephenson zog ihn in alle diese Sachen hinein und machte ihn vertraut mit seinen Plänen und de» Ergebnisse» seiner Gedan ken und Forschungen. Er besprach mit dem Jünglinge den Ge danken, ans einem Eiscnschienenwcge oder einer Eisenbahn, ver mittelst seines Dampfwagens, Güler nnd Personen in großer Kürzt auf weiten Strecken zu befördern, und beiden wurde eS klar, wle die Ausführung, besonders in den ebenen Gegenden Englands, keine Schwierigkeiten darbicten könüe, die nicht leicht zu überwinden wären, wenn nup das Capital dazu flüssig wäre. Als er den Gedanken laut werden ließ, schrien wieder die Hoch- weisen: Hört den Schwindler, den Querkopf, den Narren nicht an ! Er bringt Euch um Eucr Vermögen! Die Dumköpfe sagten: W beißt: Gott versuchen! Die Abergläubischen meinten: ES müsse Unglück und Verderben daraus erwachsen, den es sei ein teuf lisch c ö W e s e n! Kurz — es stand ein Heer mannigfaltiger Gegner gegen ihn. auf. Er lächelte und sagte: Es geht doch und muß gehen ; nnd erst, wenn sie die Erfolge mit Händen greisen, wenn der Vortbeil ihre Taschen füllt, werden sie es verstehen lernen, wa- für die Welt gewonnen ist! — Um diese Zeit erheischte cs die fortgeschrittene Bildung seine- Sohlies, daß er auf eine Universität gehe. Mit der längeren Trennung von ihm, dem Einzigen, der ihry gemüthlich .und in treuer Kindesliebe nahe stand, war Stephenson'S häusliches Leben gänzlich verwaist, und dies, häusliche Leven war bisher der Tempel des Friedens und der Ruhe gewesen nach Äicheik, Kämpfen und Stürmen. Er sah, daß ihm nun her seßte, Mure
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