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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 26.03.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-03-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189803263
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18980326
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18980326
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1898
- Monat1898-03
- Tag1898-03-26
- Monat1898-03
- Jahr1898
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 26.03.1898
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>s M. Freiberger Anzeiger «nd Tageblatt. Seite S. — 26. März. L8»8. Fraglich bleibt es nur, wann der Gegensatz zwischen England und Transvaal zu einem akuten werden wird. Vorläufig wohl nicht — England hat seine Truppen zur Zeit an anderen Orten seiner Interessensphäre zu nothwendig, um sich gerade jetzt oder iu absehbarer Zukunft noch die Last eines Boerenkrieges aufzu- ladcn, zumal es bei einem solchen zur Zeit auch noch mit ander weitigen Faktoren rechnen müßte, als mit den Boeren allein. Ostasicn. Nachrichten aus Peking znsolge werden dort von dem? Ministerium der öffentlichen Arbeiten seit einiger Zeit tansende von Schilden für die sogenannte Pekinger Feld- trupve fabrizirt. Dieselben haben die Größe der gewöhnlichen Schilde, sind aber viel schwerer. Man behauptet, daß sie kugelfest seien. Im Schilde ist ein Schwert-Bajonett verborgen, das mittels eines Druckes an einer Feder an der Vorderseite des Schildes hervorspringt. Der Schild ist die Erfindung eines Offiziers der kaiserlichen Garden, der erklärt haben soll, daß diese neue Waffe im Felde wirksamer sei, als der gewöhnliche Bajonett- Angriff. Wie der „Ostas. Ll." meldet, haben sich die eingeborenen Stämme der Insel Hainan (Li) theilweise empört. Sie haben bisher gegen 30 Dörfer und ein Dutzend Militärstationen geplündert und dann nicdergebrannt; über 100 Bauern wurden umgebracht. Die Wilden Hausen gegenwärtig in dem Bezirke Pentschau, der etwa 20 deutsche Meilen südwestlich von Kiungtschau, der Hauptstadt der Insel, liegt. Den Eingeborenen haben sich 3000 entlassene chinesische Soldaten angeschlosfen. Die gegen die Rebellen entsandten Truppen in Stärke von 1500 Mann sind bisher geschlagen worden. Von Canton aus hat man Ver stärkungen nach Hainan abgesandt. Angesichts der gegenwärtigen Situation in Ostasien sind die Mittheilungen von Interesse, die über das neue japanische M inisterium gegeben werden, das seit Mitte Januar im Amte ist und unter dem sich vor wenigen Tagen die Neuwahlen vollzogen haben. An der Spitze des Kabinetts steht Marquis Hirobumi Ito, der übereinstimmend als der hervorragendste Staatsmann des Landes und als Freund des Friedens bezeichnet wird. Allerdings hat Ito auch dem Kabinett angehört, während dessen Amtsführung der Krieg mit China ausbrach, und seine Friedensliebe hat nicht verhindert, daß damals die Kriegspartei die Oberhand behielt, als deren Oberhaupt der Marineminister MarquiS Saigo galt, der auch jetzt noch diese Stellung bekleidet. Im klebrigen besteht das Ministerium aus Verwandten, Freunden oder Landsleuten des Premierministers. Seine Stütze findet es n der liberalen Partei, obwohl sich die Verhandlungen wegen 1440 Millionen Franken verschlungen. Die fortlaufenden Monatskosten belaufen sich aus mehr als 38 Millionen Franken. Das Heer ist auf beinahe die Hälfte ihres Sollbestandes zu- ammengeschrumpft. Gefallen, ihren Wunden und Krankheiten erlegen sind 52000 Mann; 47000 wurden felddienstuntauglich nach Spanien heimgesendet, in den Lazarethen oder sonst dienst untauglich befinden sich auf der Insel noch 42000 Mann, so daß die Stärke der regelmäßigen Armee sich nur mehr auf 70000 Mann beläuft, wozu noch etwa 16000 irreguläre Reiter kommen. Nach einer anderen Schätzung stehen gegenwärtig auf Cuba etwa 10000 Mann regelmäßige Truppen und etwa 50000 Mann Freiwillige: die Letzteren sind auf Cuba wohnende Spanier. Kürzlich seien 2500 Mann Verstärkungen von Spanien eingetrosfen und in Bälde werden 10 bis 12000 weitere er wartet. Trotz dieser gewaltigen Aufwendungen an Gut und Blut sei, so fügt man hinzu, der Vorwurf, daß Spanien den Krieg sehr lau führe, nicht unbegründet. Die spanischen Soldaten sehen gar nicht sehr scldzugsmäßig aus, und wenn man die Offiziere in den Gast- und Kaffeehäusern beobachtet, bekommt man den Eindruck, daß ihre Gedanken sich nicht gerade viel mit Krieg beschäftigen. . Die „Dresdner N. N." empfingen direkt aus Havanna auf dem Wege über Key-West ein vom 7. d.M. datirteSSchreiben eines Dresdners, welcher als Taucher in amerikanischen Diensten das Wrack des Panzers „M aine" untersucht hat. Der Taucher stellte fest, daß der Panzer unzweifelhaft einem Attentat, und zwar durch eine Unterseemine, zum Opser gefallen sei. Selbst das größte Torpedo geschoß hätte eine derartige Verwüstung nicht anrichten können. Die Taucher, sechs Mann, drangen in das Pulvermagazin ein und fanden dasselbe vollständig intakt. Das Pulver wie die ge füllten Geschosse waren unversehrt. Die Verwüstung, welche die Explosion angerichtet hat, ist eine ganz beispiellose. Die vordere Steuerbordseite war nach oben und hintenüber an Backbord ge flogen. Ein Kanonenthurm mit einer Kanone, die allein 23 Tonnen wog, wurde vollständig umgedreht und nach der Backbord seite gcworsen. Der Präsident Transvaals, Paul Krüger, hat bekanntlich vor Kurzem im Vollsraad erklärt, daß England keine Suzeräne- tät über die südafrikanische Republik habe, und er hat dieselbe Ansicht in der Antwort zum Ausdruck gebracht, welche er Herrn Chamberlain aus dessen letzte Depesche mit der Aufrechterhaltung des englischen Suzeränetätsanspruchs zugehen ließ. Der Konflikt zwischen England und Transvaal hat sich dadurch insofern ver einfacht, als nicht mehr eine Reihe mehr oder minder strittiger praktischer Fragen, sondern eine ganz bestimmte staatsrechtliche These den klar ausgesprochenen Mittelpunkt des Streites bildet. England beansprucht, Transvaal verweigert die Anerkennung der Suzeränetät. Es ist ziemlich klar, daß dadurch der ganze Gegensatz aus dem Rahmen einer theoretischen Verständigung herausgehvben ist und sich aus eine Machtfrage zujpitzt. England oder wenigstens Herr Chamberlain wird seine Auffassung niemals preisgeben, ebensowenig die südafrikanische Republik oder wenigstens Herr Krüger die seinige. Eine kritische Wendung ist also sicherlich eingetreten, und man wird den Ausspruch der „Standard and Diggers News" nur berechtigt finden können: „Wenn die Reichs regierung auf der Suzeränetät über Transvaal besteht, so muß es zum Kriege kommen." Uebrigens soll die Regierung des Oranje-Freistaates den Standpunkt Krügers durchaus theilen. Die Deutschen müßten den verzehrenden Kampf und die einge bildete Hegemonie ausgeben und sich der Ausgabe eines wahren Kulturvolkes widmen, der Heranziehung der Anderen auf die eigentliche Höhe. Das Haus lehnte dann den Antrag Steinwender auf Vertagung der Wahlen der Delegationen ab. Die italienische Kammer lehnte dw Tagesordnung Rova- senda, welche Crispi vor den Staatsgerichtshof verweisen will, durch Aufstehen resp. Sitzenbleiben ab und nahm hieraus in namentlicher Abstimmung die Tagesordnung Carcano, welche besagt, daß das Haus von den Erklärungen des Berichterstatters der Kommission und des Justizministers Akt nimmt und die Anträge der Kommission billigt, mit 207 gegen 7 Stimmen an bei 65 Stimmenenthaltungen. Der Papst hielt gestern ein öffentliches und später ein ge heimes Konsistorium ab. In letzterem wurden außer 100 Bischöfen die Bischöfe Komp und v. Stein zu Erzbischöfen von Freiburg i. Br., bezw. München-Freising präkoniürt. England. Gerüchtweise wird wieder behauptet, daß Salis bury seinen Kollegen anzeigte, er wünsche in den Ruhestand zu treten. Als Nachfolger im Premierposten wird der Herzog von Devonshire bezeichnet. Diese Gerüchte sind wohl zum Mindesten verfrüht. Jedenfalls dürste die Entscheidung bis nach der Rück kehr der Königin von der Riviera aufgeschoben werden. — Glad stone verbrachte den gestrigen Tag im Bett, doch waren seine Schmerzen geringer. Doktor Dobie aus Chester und Doktor Bliß, der mit Gladstone nach Hawarden reiste, hatten eine Kon sultation daselbst; es heißt, daß eine Operation unmöglich sei, und man erklärt, die Hauptgefahr bestehe iu Anfällen von Herz schwäche, deren Gladstone bereits mehrere gehabt habe. In Ha warden trafen Erkundigungen aus allen Ländern ein; die Königin ertheilte Befehl, ihr regelmäßig über Gladstones Be finden zu berichten. Spanien. Bemerkcnswcrthe Einzelheiten meldet man aus nichtspanischer Quelle über die Kriegführung auf Cuba. Seit der Ankunft des Generals Blanco ist der Feldzug gegen die worden; zu Weyler'schen Zeiten kamen häufig drei oder vier Hin richtungen an einem Tage vor, seit dem Amtsantritt Blanco'S dagegen ist eine Hinrichtung eine Seltenheit geworden. Dennoch will es Spanien nicht gelingen, den Aufstand zu unterdrücken. Im Allgemeinen hat Spanien die Städte besetzt, während die Insurgenten sich im Besitz des flachen Landes befinden. Haufen von Aufständischen stehen 6—8 englische Meilen von Havanna. Die Insurgenten setzen ihre Hoffnung darauf, daß es zu einem Kriege zwischen den Bereinigten Staaten und Spanien kommt; )ann werde ihnen die Unabhängigkeit (?) CubaS von selbst zu- allen. Kommt es nicht zum Kriege, so wird sich die Insel wahrscheinlich mit Autonomie begnügen. Dem Vernehmen nach ist die spanische Regierung bereit, weit über daS bisher gewährte Maß der Selbstverwaltung zu gehen; das Einzige, was Spanien auch ferner verweigern wird, ist, daß die spanische Flagge nicht mehr auf Cuba wehen soll. Bisher hat der Krieg bereits 1152 Millionen und die Zahlungsrückstände mit inbegriffen Aufständischen mit außerordentlicher Menschlichkeit gefüh? Eintrittes deS Führers derselben, des ehemaligen Minister» wurden - ,» Menler'scken »leiten kamen bäulla drei oder vier Lin- Grafen Okuma, in die Regierung zerschlagen haben. Die Partei ist aus den Wahlen verstärkt hervorgegangen, wird aber trotzdem nicht die Majorität besitze»; die Opposition wird aus der National partei bestehen; dazwischen stehen die kleineren Gruppen. Bei )en vorigen Wahlen soll eS ziemlich gewaltthätig zugegangen ein, diesmal erhoffte man von der Einwirkung des Ministers >es Innern Vicomte Joschikowa einen ruhigeren Verlauf. Daß die Parteikämpse in Japan sehr heftig sind, ist bekannt; damit hängt auch der häufige Wechsel der Ministerien zusammen, der einen ebenso häufige» Wechsel in den höheren Beamtenstellen nach sich zieht und daher die Verwaltung ungünstig beeinflußt Dem neuen Kabinett und Parlament wird die große Handelskrise, die in Japan nach dem Gründungseifer der letzten Jahre einge- tret-n, vorläufig so viel zu sorgen geben, daß man schon darum an friedliche Gesinnung glauben möchte. Wie es kam, daß vor vier Jahren trotz der Friedensliebe Jto's und des damaligen Ministers des Aeußern, Muthu, der Krieg erklärt wurde, erzählt >ie Zeitschrift „Ostasien", die ein in Berlin lebender japanischer Zublizist veröffentlicht. MarquiS Saigo, der Marineminister, ewann — wie als „wenig bekannte, aber wohl verbürgte That- ache" mitgetheilt wird — den besten Vertrauten des Kaisers, >en bald danach verstorbenen Prinzen Arissugawano-Mcha, heim lich für den Krieg, und der Prinz fand beim Kaiser ein geneigtes Ohr. Als bald darauf bei einem Ministerrathe Ito und Muts, wiederum für den Frieden eintraten und erklärten, daß Japou unmöglich das riesige China bezwingen könne, unterbrach sie der Kaiser ganz heftig und fragte kurz: „8bina ni muüsru?" (Wird China uns besiegen?) Sogleich verstummten Ito und Muts« — und der Krieg gegen China war entschieden. — Der Einfluß Jto'S scheint also doch nicht gar so groß gewesen zu sein. Vereinigte Staaten. Nach Depeschen aus New-Jork und Washington hat sich die Lage weder gebessert noch verschlechtert Im Senat hielt Gallinger, einer der Agenten der Chauvinisten von der Presse, die nach Cuba geschickt wurden, eine heftige Rede über die Nothlage der Insel. Der allerdings einflußlose demo kratische Senator Bacon brachte einen Antrag auf eine gemein same Resolution ein, welche die Wahrung des Friedens besir- vortet. Einer der Hauptsührer der republikanischen Partei, Senator Allison, sowie der Demokratenführer Senator Gorman hatten eine Konferenz mit dem Präsidenten über die politische Lage. Allison erklärte dem Präsidenten, er würde weitere ünfzig Millionen Dollars und bedeutend mehr brauchen, ehe das Jude abzusehen sei. Die Majorität des Senats befürworte zweifellos die Unabhängigkeit Cubas und hege eine starke Neigung zu direkter Intervention. — Das amerikanische Marinedepartement beschloß die noch in Havanna befindlichen Marineoffiziere zurückzurufea und das Wrack der „Maine" im Stich zu lassen. Das Haupt ziel der amerikanischen Diplomatie ist, so zu manöveriren, daß trotz der Intervention Spanien im Unrecht und als Angreiser erscheint. Nach einer Meldung der „Daily News" erklärte Präsident Mac Kinley am Dienstag verschiedenen Besuchern: Ich bin gegen den Krieg und bin entschlossen, ihn mit allen in meiner Macht tehenden Mittel zu verhindern. Ich glaube, wir werden keiueo krieg haben. Oertttches und Sächsisches. Freiberg, den 25. März. — vom Landtage. Inder gestrigen Sitzung beschließt die Erste Kammer ohne Debatte die als letzte Rathe für den Umbau der Dresdener Bahnhöfe geforderten 10824000 M. Be richterstatter Kammerherr Sahrer v. Sahr erkannte an, daß trotz dieser Nenbauten in Dresden die übrigen Landestheile nicht ver nachlässigt worden seien. Er erinnere nur an die große Anzahl von Eisenbahnen, welche in den letzten Jahren gebaut worden sind, und an die Berücksichtigung, welche die Wünsche der Stadt Chemnitz gefunden haben. Die Deputation gedenke rühmend der Geschicklichkeck, mit welcher trotz der totalen Umwälzung aller Verhältnisse der Betrieb bisher aufrecht erhalten worden sei und noch werde, und wiederholte, daß der Umban der Dresdener Bahnhöfe ein geniales, großartiges Werk ist, welches allen Denen, die daran gearbeitet haben, zur höchsten Ehre gereiche. — Weiter lag eine Petition des Fabrikbesitzers Jähnig in Grüna und Genossen vor um Aufhebung des die ärztlichen Bezirksvereine betreffendenGesetzes vom23.März 1896. Da dieses Gesetz erst seit Jahr und Tag besteht, so daß es sich noch nicht eingelebt hat und leicht noch Mißverständnisse unterlaufen, beantragt die Deputation, die Petition auf sich be ruhen zu lassen. Geh. Medizinalrath Prof. Dr. Birch-Hirsch feld macht auf die Aehnlichkeit der Petition mit den Aus führungen des Abg. Fräßdorf in der Zweiten Kammer aufmerksam Aus dessen Rede habe man den Eindruck erhalten können, als ob in der That zu weitgehende Forderungen von den Aerzten an die Krankenkassen gestellt worden feien. Es sei aber von keinem einzigen Bezirksverein eine Forderung von Gebühren erhoben worden, die über die Gebührentaxe vom 28. Mai 1889 hinaus gehe, welche die Behandlung von Armen betreffe, und die Krankenkassen seien doch schließlich keine Armenkassen. Die miß liche Lage derselben, besonders in den großen Städten, sei viel mehr dadurch entstanden, daß sie auch den Familien der Mit glieder freie Behandlung gewährten. Die Leipziger Kassenärzte erhielten für die Konsultation nur 36, in Zukunft 48 Pfg., für den Besuch 75 Pfg. Einzelne Streitfälle seien durch die Ver mittelung der Kreishauptmannschaft in allseitig befriedigender Weise erledigt worden. Das 1896er Gesetz habe den Vortheil gehabt, daß unwürdige Reklame beseitigt und verschiedene Wohl- fahrtseinrichtungen im Standesinteresse durchgesührt worden seien. Er bitte die Regierung, auch in Zukunft dafür zu sorgen, daß die segensreiche Wirkung der Krankenkassen nicht auf dem Ruin des ärztlichen Standes aufgebaut werde. Der eigentliche Zweck der Kassen sei doch nicht, in der Hand der Sozialdemokraten Gegenstand der Machtentfaltung zu werden, sondern den Kranken die bestmöglichste Hilfe zu sichern. Es liege daher im Interesse der Krankenkassen selbst, darauf Hinzuwicken, daß die Kassenärzte für ihren schweren, verantwortlichen Beruf entsprechend entlohnt werden. Hierauf wurde der Deputationsantrag einstimmig zum Beschluß erhoben. — Die Petition der Gemeinden Wachwitz wld Niederpoyritz um Konzession z»m Weiterbau der elektrischen Bahn von Losch witz bis Niederpoyritz wurde durch Herrn Bischof Dr. Wahl unterstützt, der auf den lebhaften Verkehr hinmies, dem man bei Wanderungen in jener Gegend begegne. Staatsminister v. Watzdorf erwiderte hierauf, cs habe sich die Ansicht herausgebildet, als ob die Staatsregierung eine gewisse Abneigung dagegen hätte, diese Bahn der Gegend zu kommen zu lassen. Dies sei gar nicht der Fall. Die Regierung habe nur mitunter solchen Bahnen gegenüber Opposition ge macht, wenn sie mit den Interessen der Eisenbahnen kollidirten. Dieser Grundsatz sei inzwischen verlassen worden. In dem vor liegenden Falle habe die Regierung ausdrücklich anerkannt, daß Trennung der Produzenten Erfolg haben; wenn Industrie ' und Landwirthschaft mit vereinten Kräften zusammenhielten und i dabei beiderseits das Wort „leben und lebenlassen" nicht ver- ' gäßen, so würden sie viele Wahlkreise gewinnen können." 1 Gleichzeitig mit dem Beginn der zweiten Berathung des i Flottengesetzes hält die klerikale „Germania" für angemessen, an i die politische Kostenrechnung zu erinnern, wie die „Köln. ! Volksztg." es bereits vor einigen Tagen gethan hatte; das Berliner ! CentrumS-Organ schreibt: „Das freilich darf man sich auch nicht ' verhehlen: Im katholischen Volk ist man sehr mißgestimmt, wenn l man die Kultusdebatten im preußischen Abgeordnetenhause mit den Diensten vergleicht, die das Centrum der Regierung im Reichstage leistet. Eine Partei, die es überhaupt allein er möglicht, daß im Reiche die Maschine in Gang bleibt, darf man i nicht länger behandeln, wie es in Preußen geschieht, oder das ! katholische Volk wird „wild". — Die „Nat. Zeit." bemerkt > hierzu: Na, na! Daß andere Parteien genau so, wie daS Centrum, - nothwendig dazu sind, „daß im Reiche die Maschine in Gang bleibt", haben wir derartigen Aeußerungen gegenüber schon wiederholt hervorgehoben. Oder ist die klerikale Presse der Meinung, der vom ' Eentrum vertretene Theil des deutschen Volkes sei weniger daran interessirt, daß die Reichsmaschine in Gang bleibt, daS Centrum könne sie daher mit größerer Gelassenheit zum Stehenbleibeu bringen, als Liberale und Konservative? i Die im vorigen Jahre nach Ostasien entsendete > Handelskommission ist in diesen Tagen nach Deutschland i zurückgekehrt. Mehr als dreizehn Monate ist sie unterwegs ge- ' wesen. Ihr Hauptarbeitsfeld war China und Japan, denen etwa ! zehn Monate, und zwar jedem Lande etwa fünf, gewidmet > wurden. Außerdem wurde auch Korea aufgesucht und am Schlüsse der Expedition noch von einzelnen Herren im besonderen Auf trage den Philippinen, Siam, Java und einem Theile Indiens ein kurzer Besuch abgestattet. Bald nach Ostern wird das von den Austraggebern gebildete ComitS', in dem unter dem Vorsitze des Reichsamts des Innern neben dem preußischen Handels ministerium und dem sächsischen Ministerium des Innern der Centralverband deutscher Industrieller, der die Einleitung des ganzen Unternehmens und die Geschäftsführung während der Ausführung desselben in Händen hatte, die Creselder Handels kammer, die Bremer Baumwollbörse, der Norddeutsche Lloyd und der Verein deutscher Wollkämmer und Kammgarnspinner ver treten sind, mit den zurückgekchrten Mitgliedern der Kommission, die meist aus Jndustrielreiscn stammen, zu einer Schlußsitzung zusammentresfen. Bei dieser Gelegenheit werden im Reichstags- gebäude die von der Kommission gesammelten Muster, die nach yunderten zählen, zum ersten Male in ihrer Gesammtheit vor geführt werden; zur besseren Nutzbarmachung sollen sie alsdann den einheimischen Interessenten zugesandt werden. Auch die Specialberichle, die mit wenigen Ausnahmen bereits vollzählig vorliegen, sind zum größeren Theil den Interessenten zugänglich gemacht worden, und der Rest wird alsbald folgen. Special berichte wie Muster sollen auf die Kreise der einheimischen Interessenten strenge beschränkt bleiben. Außer ihnen wird noch ein Generalbericht versaßt werden, der das gesammte Material zusammensassen und insbesondere auch die allgemeinen Fragen, wie die Währungsverhältnisse und die Arbeiterverhältnisje in Ostasien, ausführlich behandeln soll. Man nimmt an, daß dieser Bericht auch weiterem Kreise zugänglich gemacht wird. Im österreichischen Abgeordnetenhaus sührte gestern Abg. Steinwender aus, die Arbeiten auf den Gebieten der volkswirth- schastlichen und sozialen Resormen wären das beste Mittel zur Minderung der nationalen Gegensätze. Zunächst könne jedoch noch keine Rede davon sein, so lange man den Deutschen nicht gerecht werde. (Lebhafter Beifall links.) Abg. Baron Knyp- hausen (kath. Volksp.) erklärt, er fühle sich durch die Erklärung des Ministerpräsidenten nicht befriedigt. Seine Partei werde gern der Regierung, sowie jeder Erklärung des Kaisers voll ständige Objektivität entgegenbringen unter der Bedingung der Wahrung und Berücksichtigung der Interessen der Wähler. Das Zustandekommen des Ausgleichs, jedoch nur eines direkten Ausgleichs, liege >m Interesse der Monarchie. Die katholische Vollspartei stehe immer auf dem Standpunkt, daß es möglich sei, die Sprachenverordnungcn auszuheben und zugleich ein Sprachengeseh zu erlassen, daß es aber schwierig sei, Verordnungen aufzuheben, ohne für eine gesetzliche Regelung zu sorgen. Eine endgiltige Regelung könne nur durch eine freie Verständigung zwischen den Völkern ersolgen. Die Ansprüche der Deutschen in Böhmen seien eine Mischung berechtigter nationaler und nicht nationaler politischer Ansprüche. Die Deutschen stellten sich einseitig aus den liberalen politischen Standpunkt, wodurch sie sich das deutsche Alpenvolk entfremdet und zur Schwächung der Deutschen in Oesterreich beigetragen hätten. Trotzdem biete die katholische Volkspartei den Deutschen in Böhmen die Hand. Oesterreich könne weder ein slavischer, noch ein deutscher Staat sein, es sei ein Staat der Nationalitäten. Wer Oesterreich er halten wolle, müsse den Frieden unter den Völkern anstreben.
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