Das Magazin

3142 Von Johnny Kaleidoskop Los Angeles Boulevard: Dutzende von Leuten im Reitdreß (zu Fuß) — soviel Pferde gibts in ganz Kalifornien nicht —, Bebe Daniels mit einer Riesenpuppe im Arm — Mary Ford, aussehend wie Mona Lisa — Phyllis Haver, aussehend wie Anita Loos’ Lorelei. Bevorzugen Gentlemen wirklich Blonde? —- Manchmal wundert man sich, wo all die Gentlemen herkommen sollen — nicht ein mal in Hollywood gibt’s genug — Herr Marquis Swanson und Herr Prinz Murray — Prinz Negri ist in Europa — Carl Laemmle, gefolgt von ,Seinen Verwandten“ — Terrainspekulanten, die wie Filmschauspieler aussehen, und Filmschauspieler, die wie Terrainspekulanten aussehen (oder noch schlimmer) — unzählige kleine Läden für den Eitelkeitsbedarf — Joan Crawford verschachert in einem Wäschegeschäft ihr autographiertes Porträt für ein grünes Neglige — Douglas Fairbanks jr.. ihr Zukünftiger, sieht durch das Schaufenster dem Handel zu und deutet mit beschwören der Geste auf ein schwarzes (Neglige) — Hunderte von Statisten und solche, die es werden wollen, bummeln mit scheinbar sorglosen Gesichtern herum (ihrer zwölf tausend registriert das Arbeitsamt der Filmindustrie), hoffen im optimistischen Herzen, daß ein Regisseur des Weges kommt und sie entdeckt (hat nicht Corinne Griffith einen Bäckergehilfen aus der Provinz über Nacht vom Anfängerstatisten zum leading man gemacht?) — Tom Mix flitzt in gelbem Roadster vorbei, im Sombrero — Leatrice Joy kauft ihrem Töchterchen einen Hut —- Jünglinge mit farbigen Polohemden und geschwärzten Augenlidern stehen an den Ecken — eine endlose, fast schmerzhafte Farbigkeit, aufdringliche Selbstreklame — Frauen, Mädchen, Flappers — Polinnen, Japanerinnen, Schwedinnen, wer zählt die Nationen, die Sprachen, die Rassen, die Beine — eine bleibt stehen und zieht in provozierender Unbekümmertheit ihr Strumpfband zwanzig Zentimeter übers Knie — niemand verliert eine Sekunde damit, ihr zuzusehen—Los Angeles ist so gleichgültig gegenüber Schönheit — sie ist im Überfluß da — Tausende von gutaussehenden Jünglingen (viele sind Liftboys, Chauffeure oder Zigarrenverkäufer) — noch mehr hübsche Mädchen (die glücklicheren sind Kellnerinnen in den billigen Restaurants oder Platz- anweiserinnen in den Kinos) — eine Armee, zwölftausend, jedoch hungern, warten von einem Tag auf den anderen, leben für den Schein, die Hoffnung, den Zufall. . . Das ist die Fassade, die ewig wechselnde. Dahinter die große Werkstätte hek tischer Arbeit. Überhitztes Tempo. Besonders jetzt, wo sich jedes Atelier auf Sprechfilme umstellt. Neue Stars „mit Stimme“ werden fieberhaft gesucht, die alten trainieren in Sprechkursen, in Gesangsstunden ...