8 Dibelius, übernommenen Unterricht der Kapellknaben so sehr von sei nem pädagogischen Geschick überzeugt, dass es die fach männische Leitung der Erziehung des Kurprinzen am liebsten seiner Fürsorge an vertraute. Dass ihm auch die mit der Ubei tragung des einen und des ändern Amtes verbundene Aufbesserung seiner äusseren Lage, zumal nachdem er 1559 einen eigenen Hausstand gegründet, nicht unwillkommen ge wesen sein wird, sei nur nebenbei erwähnt. Immerhin hatte seine Berufung nach Dresden nur dem Amt als Hofprediger gegolten; und dass er gerade in diesem Amte besondere Ge fahren von vornherein erkannte und fürchtete, beweist schon das Thema seiner in Wittenberg gehaltenen Abschiedsrede : „„de vita academica aulicae praeferenda“. Hat er auch all mählich Dresden so liebgewonnen, dass er später einmal nach schweren Wanderjahren von Wolfenbüttel aus an den sächsischen Kurfürsten schreibt, er wolle, wenn es anginge, von Herzen gern auf allen Vieren nach Dresden kriechen: im Januar 1558 kam er nicht ohne Bangen in die sächsische Residenz. Soll ich sein Dresdener Leben schildern, so verdienen vor allem seine hier betriebenen Studien und der von ihnen Zeugnis gebende litterarische Fleiss in hohem Grade Beach tung. Die Liebe zur Wissenschaft gehört bei Seinecker wohl schon zur Mitgift seines Vaterhauses. Es waren ja die Stadt schreiber meist die Gelehrten des Ortes, und mannigfache Beziehungen Georg Schelleneckers, des Protonotarius von Nürnberg, zu Männern der Wissenschaft deuten noch beson ders auf seine Liebe zu gelehrten Studien hin. Bei Niko laus, seinem Sohne, hatte sich unter Melanchthons Pflege diese Neigung nur festigen können; und als er nach Dresden gekommen war, um hier ein arbeitsreiches praktisches Amt nach dem ändern zu übernehmen, hörte er doch nicht auf — darin jedem Geistlichen bis heute ein Vorbild — ein fortstrebendeu.Theologe zu sein, der für wissenschaftliche Arbeit Zeit und Kraft zu sparen wusste. Ich stelle diese Seite seiner Thätigkeit in den Vordergrund, da sie unmittel bar an das Wittenberger Leben anknüpft. Schon hier offen bart sich der fortwirkende melanchthonianische Einfluss.