Aus dem Leben D. Valentin Ernst Löschers. Von Franz Blanckmeister, Pastor in Dresden. Es war am 16. Januar 1709. Die Ratsherren von Dresden waren versammelt. Es handelte sich um die Wahl eines neuen Superintendenten. Gleich am Eingänge der Sitzung lenkt der Ratsherr' Strobel die Aufmerksamkeit auf den Wittenberger Professor D. Valentin Ernst Löscher, der schon 1708 als Kandidat zum Oberhofpredigeramt mit aufgestellt war. Nach kurzer Debatte beschliesst man, diesen wüidigen Mann allein im Auge zu behalten und sich nach seiner Person zu erkundigen. Bürgermeister Vogler und Ratsherr Schade reisen nach Wittenberg, besuchen Löschern, hören ihn predigen und disputieren und kommen mit den günstigsten Eindrücken zurück. Sie geben zu Protokoll, er sei ein kleiner freundlicher Mann, von erstaunlicher Arbeits kraft, Ende Dreissiger, seine Predigt sei „nervös“ gewesen, also kraftvoll. Er werde ein würdiger Nachfolger des alten Superintendenten Schräder sein. Einstimmig wird daraufhin Löscher in der Sitzung vom 7. März gewählt. Zwar be dingt er sich eine Woche Bedenkzeit aus, denn er lebte in Wittenberg in einer Lehrthätigkeit, wie sie Melanchthon nicht glänzender gehabt .haben mag; schliesslich aber nimmt er an, von den Dresdnern wiederholt gedrängt, — war doch mit der Stelle des Superintendenten und Pastor primarius an der Kreuzkireho das Amt eines Mitghedes im Kirchen rat und Oberkonsistorium verbunden, eine Stellung also, fast genau so einflussreich wie die des Oberhoipredigers.