Vorgeschichte voranzuschicken. Nämlich schon tun 1306 (höchstens noch eia Paar Jahre früher) bestand eine an die hiesige Hofburg der damals regierenden Kurfürsten aus Askanischem Hause angebaute Capelle, dreißig bis vierzig Jahre später von Herzog Rudolf I auf Veran lassung seiner Gemahlin Kunigunde, einer Königstochter, zu wür digerer Gestalt ausgebaut, mit den Einkünften verschiedener Dörfer ausgestattet und vom Papste, Erzbischof und Bischöfen mit Privile gien und Geschenken wie sie üblich waren reichlich bedacht. Geweiht war sie Gott dem Allmächtigen, der Jungfrau Maria und allen Heiligen; Hauptwerth in den Augen der Damalslebenden gab ihrem Hochaltäre eine darein eingeschlossene Reliquie, ein blutgetränkter Dorn aus des Erlösers Schmcrzenskroue, welchen der Kurprinz als hohen Lohn für seine Kricgsthatcn gegen die Engländer bei Crecv vom französischen Könige Philipp VI erhalten hatte '). Vielleicht in Nachahmung der Verhältnisse der (hundert Jahre älteren) Schloss capelle Ludwigs des Heiligen in Paris, welcher jene Reliquie ent nommen war 2 ), stiftete nun der Kurfürst bei der seinigen ein eximiert.es d. h. dem Papste unmittelbar untergeordnetes Colle- giatstift, bestehend aus einem Protocapellan oder Propste und sechs Untcrcaplänen oder Domherrn, deren Ernennung, Besoldung und Pflichten eine Erkunde von 1353 genau im einzelnen feststellte 2 j. Schon an diesen Bestimmungen seines Vaters hatte Rudolf II nach Sitte jener Zeit thätigen Antheil genommen; um so mehr ließ er sichs, sobald er den Kurhut selbst trug ( 1350—1370), angelegen sein, jene Anordnungen außer der erforderlichen Bestätigung durch neue Schenkungen zu erweitern. Beides geschah 1301, obgleich das Bedürfnis der Domherrn nicht so groß gewesen sein mag, da sie dem neuen Kurfürsten zu den Kosten der Belehnungsfeieriichkeiten mit einem ansehnlichen Darlehen unter die Arme greifen konnten *). Auch seine Nachfolger Wenzel und Rudolf III (I38S—1419) trugen das Ihre dazu bei, theils den Reichlhum der Stiftscapelle durch neue Schenkungen, theils deren Ansehn durch Ausdehnung ihrer Rechte zu vermehren. Schon 1376 nämlich musste sichs die Stadt gefallen lassen, dass ihre Pfarrkirche zu U. L. Frauen der Capelle Aller Heiligen ein verleibt wurde, also zu ihr, der früheren Tochterkirche, selbst in ein töchterliches Verhältnis trat; daher von da ab der jetzt aus den Stiftsherreu gewählte Stadtpfarrer öfters „Yicar zu St. Marien“ genannt wird. Dasselbe Schicksal hatte die Capelle auf dem Boldensberge (seit Jlelanchthons Zeit Apollens- berg genannt), nachdem auch das benachbarte Boidensdorf nebst Zeuden von dem Fürsten dem Capitel vereignet worden 5 ).