Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz, Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, des Voigtlandes und des Granulitgebietes an den unteren Mulden
Titel
Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz, Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, des Voigtlandes und des Granulitgebietes an den unteren Mulden
Untertitel
ein Reisehandbuch mit Reiskarte von Rudolf Henke und einer Routenkarte
Alternativtitel
Gampe's Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz
7 nnwirthlichen Miriquidiwald dicht zu bevölkern, brauchte es noch eines gewaltigen Anstosses und das war das Fündigwerden des Erzreichthums im grossen liassstabe. Zwar hatten die Sorben schon Bergbau getrieben, wie aus vielen technisch-bergmännischen Ausdrücken, die dem Slavischen entstammen, hervorgeht, aber die Deutschen bemächtigten sich der für die damalige Zeit ungeheuren Bodenschätze mit ganz anderer Energie. Die Sage erzählt, ein Halle’scher Salzfuhrmann habe eine Erzstufe in den Gleisen in der Gegend, wo jetzt Freiberg steht, gefunden, habe sie in Goslar unter suchen lassen und darauf hin habe sich denn eine ganze Völker wanderung nach dem Erzgebirge vollzogen. Wie noch heut bei ähnlichen Auffindungen im Westen mag die Sage von Erzschätzen mit allen den I ebertreibungen, wie sie noch immer im Schwange sind, in die Veit hinausgegangen sein. Intelligente Abenteurer (wohl auch Proletariat) strömten aus weiten Ländern herbei; den grössten Antheil an der Einwanderung scheinen die Niedersachsen, die Iranken und die Böhmen zu haben. Actiengesellsehaften traten ins Leben, grossartige Wasserbauten wurden ausgeführt, so bei Freiberg und bei Schneeberg, Städte schossen auf wie die Pilze, imposante Bergkirchen wuchsen über die Dachfirsten empor, zahllose Kauen und Berghütten belebten die sonst so stillen Gehänge, in den Mäklern fiel Stamm um Stamm dem Bergbau zum Opfer, die Erzhütten qualmten und die Bergglöcklein schallten allerorts, kurz, es mag ein Leben gewesen sein, wie es heut zu Tage nur noch die Minenregionen Amerikas überbieten. Diese überaus rührigen Miners sind die Urväter der heutigen Bevölkerung und sie haben ihren Fleiss, ihre Verträglichkeit, ihren vergnügten Sinn ungeschmälert hinterlassen, während der Drang nach reichem Erwerb in eine oft rührende Genügsamkeit umgesehlagen scheint. Die Tiefländer, die auf reicheren Aekergründen sitzen, sind stets abgeschlossener, unzugänglicher und stolzer während eine kargere und rauhere Gebirgsnatur die Menschen enger zusammendrängt und daraui ist die ausgeprägte Geselligkeit der Gebirgler wohl zurüekzuführen. Freilich, so gemüthlich und gesellig, wie das Erzgebirgisehe ist selten ein Beigvolk und dabei ist es von einer tiefen Liebe zu seiner Scholle durchwärmt. Man muss die Herzenstöne selbst hören, die ein Erzgebirger in die Worte legt „Mei Arzgebirg, mei Haemeth.“