PreiS: »iereeljähr rigePräniimeraeion s Ngr. i»S Hans. « Ngr. bei Abho, lung in ber Lxped. Wochenblatt für Ischvpau und Umgegend. Jeden Sonnabend eine Nummer. Einzelne Num mer» i Ngr. 17. Sonnabends, den 27. März 1850. Der Gefangene von Jf. Wahrheit, keine Dichtung. (Fortsetzung von Nr. 15). Der arme Edmond hatte sich eine Zeitlang an schönen Traumbildern der Hoffnung gelabt; er hatte seither di» Tage seiner Haft zu zählen vergessen, aber der Besuch des Inspektors lieferte ihm nun ein Datum; er grub auf einen Backstein die Worte: „30. Juli 1816," und machte nun jeden Tag ei nen Strich hinzu, um die entschwindende Zeit zu bemerken. Aber Tage, Wochen, Monate schwan den, ohne daß Herr v. Boville Etwas von sich hö- ren ließ, und doch hoffte Edmond noch immer. Erst hatte er längstens binnen vierzehn Tagen seine Freiheit zu erlangen geglaubt, aber die vierzehn Tage vergingen; erwähnte, der Inspektor seie erst nach Paris zurückgekehrt, bevor er die Prozeßakten wieder durchgesehen, und schob den ersehnten Au genblick seiner Freilassung auf drei Monate hinaus. Als auch diese verflossen waren, gab er sechs zu, bis er endlich, Tag um Tag zählend, herausbrachte, daß er zehn und einen halben Monat gewartet hatte, und nun das Ganze als einen Traum und den Besuch des Inspektors als ein Hirngespinst wilder Fieberphanlasieen anzusehen versucht war. Am Ende des Jahres ward der Gonverneur versitzt, und nahm mehrere seiner Untergebenen mit sich fort, worunter auch Edmond's Kerkermeister. Ein neuer Gouverneur kam, der nicht Zeit genug hatte, die Namen all der Gefangenen sich zu mer ken und sie deßhalb nur nummerirte. Der un glückliche junge Mann hieß also nun nicht mehr Edmond oder Dantes, sondern vegetirte nur noch als Nummer» 34. Edmond mußte alle Stufen der Trübsal durch machen» welche über die in ihren Kerkern verges senen Gefangenen gewöhnlich ergehen. Er durch lief all die verschiedenen Stadien eines gerechten, von gutem Gewissen eingegebenen Selbstgefühl-, bis er am Ende gar selbst an seiner Unschuld zu zweifeln begann. Anfänglich düster, schweigsam und verdrossen, begann er nun mit sich selbst zu sprechen, um wenigstens den Schall seiner Stimme zu hören, aber es machte ihm Entsetzen. Er bat um Bücher, um Genuß der frischen Luft und kör- perlicher Bewegung, aber man schlug'S ihm rund weg ab. Auch seine Bitte um einen Kerkergefähr- ten fand denselben abschläglichen Bescheid. Aber immer bat er von Neuem; sein neuer Kerkermei ster war wo möglich noch unzugänglicher, als der vorige; allein es war für Edmond ein Vergnügen, wenigstens zuweilen mit einem menschlichen Wesen zu reden. Endlich betete er laut und inbrünstig, und seine Stimme beim Gebet erschreckte ihn nicht länger; er besann sich auf alle Gebete, welche seine Mutter ihm gelehrt hatte; er fand in ihnen einen neuen Sinn, denn in glücklichen Tagen wird der Werth des GebetS kaum recht begriffen; ein ganz Anderes ist es, wenn Kummer, Unglück und Heim suchungen dem Dulder sozusagen den Sinn der Sprache erschließen, in welcher er seinen Schöpfer anredet. Vom Gebet verfiel er in Gleichgültigkeit, an der Gleichgültigkeit in die stete Betrachtung und Erwägung einer einzigen Idee, nämlich des Gedan kens an seine verlorene Freiheit, sein entschwunde nes Glück, die er für immer und durch irgend ein verzweiflungsvolles Verhängniß verloren hatte. An diesem Gedanken klammerte er sich mit der Hart näckigkeit eines Wahnwitzigen, und erwog und ver arbeitete ihn immer wieder in seinem Kopfe, und nagte daran mit derselben wilden Grausamkeit, wo mit der mitleidslose Ugolino in Dante's Hölle den Schädel des Erzbischofs Ruggiere benagt. Auf diesen Gemüthszustand erfolgten bald Aus brüche wüthender tobsüchtiger Leidenschaft. Edmond stieß Gotteslästerungen aus, vor wilchen selbst der