Adorker Wochenblatt. Mittheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfzehnter Jahrgang. Prci« für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Bestellung de« Blattet durch Botengelegenheilr sr Ngr. s Pf. 22. Mittwoch, L9. Mai 1850. Aus Ungarn. (Aus Mar Schlcsinger's gleichnamigem Werke entnommen.) Die Ucbergabe von Vilagos. Die Morgcnsonne deS 11. August vergoldete die Thürme zweier Festungen, welche nur wenige Meilen von einander entfernt waren, mit gleich herrlichem Etrablenlichte. Sie beleuchtete zwei merkwürdig con» nastirende Scenen. In Temcswar drängten sich die onnen ausgehungerten Oesterreicbcr freudig um ihre bültcrliwen Gaste, in Arab standen die verzweifelten Ungarn in traurigen ahnungsvollen Gruppen beisam men; dort zogen bcfreunde'e Colonncn unter munte rem Sang und Kriegospicl in die geretteten Räume, hier flücbtete was flüchten konnte aus den dunkeln Thorwegcn; dort lagern sich die österreichischen Füh rer voll Siegcsfreudc in den Armen, hier standen Kos- falh und Görgey in einem Erkerzimmer des Castells, um sich nach langer Zeit wieder zu sehen, um sich für ewig zu trennen. Was in jenen Stunden zwischen beiden verhandelt wurde — wir wissen es nicht; ibic gegenseitigen Vor- wurfe und Erklärungen — wir kennen sie nicht; ob Gorgev'S schuldbeladenes Gewissen sich vor den Augen ces Gouverneurs beugen mußte — ist ein Gcheimniß. Aue das wissen wir, daß Görgcy über die Schwelle jenes Gemaches der Erste in's Freie hinauslrat alS — Dictator; Kossuth folgte ihm als hoffnungslos Verbannter. Er hatte immerdar im Einklänge mit der Majori, rät ter Nazionalversammlung regiert, er dankte ab, «rls diese in Görgcy den einzig möglichen Retter des Vaterlandes erblicken zu können glaubte. Kossuth wandle sich nach Süden, Görgcy nach Norden. Die Wege dieser beiden Männer wären nicht erst von die sem Augenblicke einander entgegengesetzt. Der.neue Dictator halte schon am Abende des 11., wo er von dem schwächeren Schlik bei Neu-Arad geschlagen wor« den war, seine Truppen über die Maros zurück nach Alt« Arad gefübrt. Von hier aus m.ldcte er dem russi schen General seinen Entschluß der Uebergabe, nebst den armseligen Bedingungen, die er daran knüpfte, und dem Orte, wo er diese in's Werk zu setzen gedenke. Am 12. marschirte er gegen Szöllüs, wo auch Rüdi ger, der Weisung folgend, am 13 anlangte. Aut den Feldern zwischen Kiss Jenö und Lzollüs geschah der Akt der Waffenstreckung, welcher als Uebergabe von Vilagos in den Geschichtsbüchern verzeichnet sein wi d. Bei Arad, an den Ufern der Maros, wölbt «eh die Fläche zu kleinen Hügeln,! welche mit einer d>r herrlichsten Rebengattungen Ungarns bepflanzt sind. Das ist das Weingebirge von MeneS, welches allma» lig seinen sanften Charakter und seine Vegetation ver lierend, die Uranfänge oder Ausläufer der Siebenbur- gcr Karpathen vorstcllt. Etwa zwei Meilen von Arad gegen Norden wird diese Hügelkette von einem Berg, kegel abgeschlossen, der weit hinein in'S Land sichtbar, auf seinem Rücken eine verfallene Ruine trägt und ein an seinem Fuße angcschmiegtes Dörfchen beschattet. Das ist die alte Burg VilagoS und der Flecken glei, chcn Namens. In dem Flecken liegt ein reizende- Landhaus, das Eigenthum deS Grundherrn Bohus. Das ist daS Haus, wo der Endabscbluß der Uebergabe bewerkstelligt wurde. Von diesem Lanthause führt ei ne schöne Straße durch Thal und Walt nach Szöllös und Jenö. Da- ist die Straße, auf welcher Rüdiger und Görgcy rittcn, die traurige Cercmonie mit anzu schauen. Die Sonne des 13. schien beiß, Görgey's Heer stand in Schlachtordnung, 24,000 Mann mit 144 Geschützen. Im Vordertreffen die Infanterie, rückwärts die Kanonen, zu beiden Seiten die Reiler- rcgimenter. Es herrschte Todenstille unter all den Tausenden. Ihr Blick war zur Erde gesenkt. Der