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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.01.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-01-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920115024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892011502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892011502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-01
- Tag1892-01-15
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EHsVUUkWkNlsHkklb b, der Hauptexpedillon oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten VtuS- gavestellen abgehoIN vierteljährlich-S«4.üO. bet zweinialiger täglicher Julie Illing inj Hau» Tnrch die Post bezogen slr Teutjchlaiid und löeÜeü.Nä: ri.rielu; .«>.!> .s! Ü.—. Tlreeie !.-gli,be >!>.'ilir.uiS>ei.d:u:g inj AliSland: nronaüich,/t 9.-. Die Morgen-Auögabe erscheint täglich ' >7 llhr, die Abend-AuSgabe Wochentag» ö Uhr. Nrdarlion und Expedition: Iovamiesgassc 8. Dieiksvedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 llhr. Filiale»: ktt« -le«i»'a Tortii». «Alfred Huhn), Univcrsitätsstrabe l, LouiS Lüsche. Katharinenstr. 14, pari, und Königsplatz 7. ^«26. Abend-Ausgabe. Tageblatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Freitag den 15. Januar 1892. ^nsertionApreiA Die 6 gespaltene Petitzeile 20 Wg- Reklamen unter dem Redacrionsstrich (4gr- fpalten) 50^. vor den Famtlleuiiachrtchteu (ggefpalteu) 40^. GrSßere Schriften laut unserem Preis- Verzeichnis T abellarticher und ZGerusatz nach höherem Tarif. «cr»>«-Veil<»sen «gesalzt', nur mit der Morgen-Ausgabe. ohne Poslbeförderung 60—, mit Posrbesörderung ^ 70—> ^nnahmrlchluk für Änsenke: ?Ibend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Murge»-Ausgabe: Nachmittag- 4Uhr. Sonn- und Festtag- früh 9 Uhr. Vei den Filialen und Annahmestellen je »t»e halb» Stunde früher. Inserate find stets an die Er»eKttt»» zu richten. Druck uni: Verlag von E. Pol» in Leipzig 8«. Jahrgang Vas Ende des VliltidruckerailsKaiides. ! * So ist den» endlich Dasjenige geschehen, wa« schon von allem Anbeginn die ruhig »uv einsichtsvoll Denkenden mit voller Bestimmtheit komme» sahen. Wie wir schon in einem Theil der Auslage dev Morgciinninmer melden konnten» ist von der gestern Abend im legale der „Drei Mohren" ab- gcbaltenen, sehr stark besuchten allgemeinen Buchdrucker-Ver sammlung, über welche an anderer Stelle ausführlich be richtet wird, der Biichdruckcrausstand als ausgcholicn erklärt und die Eommissiv» für Tarisanaelegenheitcn beauf tragt worden,die »öllngcn Schrille wegen Wieder«nsnahme der Arbeit zu tlmn. Ta die Principalc ihrerseits keine Nachgiebigkeit gezeigt, sondern erklärt hatten, der Fricdcn könne nur wiedcrbergestellt werte», wen» die Wiederaufnahme der Arbeit zu den alte» Bedingungen erfolge und dies der Versammlung bekannt gegeben wurde, so kann cS keinem Zweifel unterliegen, daß die Gehilfenschaft sich diesem Ver langen gefügt hat und der Streik tbatsächlich zu Ungunsten der ausständigen Gehilfen beendet ist. Bis noch vor wenigen Tage» wurden in der Presse und in den Versammlungen der streikenden Buchdrucker große Worte geführt. Ta sollten nach den Behauptungen der Leiter dcö AuSstaiidcö die Aussichten für die Sache der Ge- bilfcn die günstigsten sein, große UnterftühuiigSsuiniiien a»S dem Auslände nach Deutschland sich unterwegs befinden nnd die Principalc in arger Kleinuie stecke». „AuSbarren, auS- dulden bis zuletzt", taS waren die Trostworte, weiche an die große Menge gerichtet wurden, „der Sieg lönnc und werke nicht auöbleiben." Nock in cincr Versammlung am letzten Sonntag versicherte cincr der Hauplsührcr der Streikenden, daß nach einer soeben cingclrosscncn Depesche eine bedeutende Geld summe für Leipzig signalisirt und die Unterstützung für die nächsten Wochen wieder gesichert sei. Nun. niemals ist hinter einer Unwahrheit der hinkende Bote früher eingctroffen, niemals hat sich eine mit so großer Keckheit abgegebene Ver sicherung rascher in daö rauhe Gegentheil verwandelt, als eS in diesem Falle tbatsächlich geschehen ist. Binnen wenigen Tagen ist das ganze Gebäude von Lug und Trug, mittelst dessen cS gelungen ist, Tausende von Arbeitern in das Ver derben hiiieiiizudrängen, zusammcngcbrochcn. Es konnte nickt mehr gelingen, die Wahrheit zu verheimliche», und in der gestrigen Versammlung mußte endlich mit dem bitteren Be- kenntniß bcranSgerückt werden, daß die zur Fortführung de- Streiks vorhandenen Mittel lokal erschöpft seien. Wenn wir auf die Entstehung und den Verlauf deS Buch- druckerstrciks einen Rückblick werfen, so können wir auch beute nur wieder daraus Hinweisen, daß dieser Streik von allem Anfang die Keime des Mißlingens in sich barg. Eine Arbeitseinstellung ist allenfalls nur dann gerechtfertigt, wenn die betreffenden Arbeiter für Das, was sic leiste», einen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes unzureichenden Arbeitslohn erhalten und die Arbeitgeber auf gütliche Vorstellungen sich weigern, einen höhere» Lohn zu bewilligen. ES wird weiter, che zu dem zweischneidigen Schwert der Arbeitseinstellung gegriffen wird, sehr zu bedenken sein, ob die allgemeine Geschäftslage für die Erzwingung günstigerer Arbeits bedingungen geeignet ist. Beite Voraussetzungen fehlten aber bei dem allgemeinen Blichdruckerausstand ganz und gar. jedermann ist sich darüber klar, daß im Buchdruckergewcrbc Löhne gezahlt werden, die einen auskömmlichen Lebens unterhalt gewähren, daß das Maß der quantitativen Arbeitsleistung entschieden nicht zu Hobe Ansprüche an die physische unk geistige Kraft deS Einzelnen stellt und daß überhaupt in dem genannte» Gewerbe die ArbcilSv rbältnisse solche sind, daß Jeder dabei bestehen und zufrieden sein kann. Wie viele andere Gewerbe würden sich wohl glücklich preise», wenn sie auf sich gleiche Verhältnisse übertragen könnten! Und dann war die allgemeine Geschäftslage in der Jetztzeit für die Jnscenirung eines über ganz Deutschland verbreiteten allgemeinen ArbciterauSslandeS die tcnlbar ungünstigste. Die Stockung, welche sich in fast allen Branchen bemerk- lich macht, hat auch das deutsche Buchgewerbe in der fühlbarste» Weise ergriffe» und die Spcculation darauf, daß die Buchdrucker gcnötbigt sein wurden, zur Erfüllung ihrer LiescrungSanfträge sich den Forderungen der streikenden Ge hilfen auf Gnade und Ungnade zu ergeben, war daher eine gänzlich verfehlte. Sckon aus den hier angegebenen Gründen mußte dem Buchdruckerstreik von vvrnbcrcin die Sympathie des Publi- cuinö vollständig fehlen. Aber cS kamen noch andere Gründe hinzu, die dem Streik geradezu de» öffentlichen Unwillen zuzoaen. DaS war einmal der Umstand, daß die Streikende» oez. ihre Führer ihre an und für sich schv» sehr zweifelhafte Sache als völlig solidarisch mit derjenigen der Socialdemoktratie erklärten, daß sie keine» Zweifel aufkomnic» ließen, cS sei seitens der am Besten organisirtkn Arbeitergenossenschaft ans eine» Vorstoß gegen die Bourgeoisie, auf eine Unterjochung der Arbeitgeber unter den Wille» der Arbeiter abgesehen. Man bat zwar von einige» Seite» anfänglich geleugnet, daß dem so sei, indessen man brauchte nur in den letzten Wochen die Presse der Gehilfe» zu studiren und man war im Klaren, daß der ganze Buchdruckerstreik weiter nichts als eine socialdcmokratische Kraftprobe gegen da« Arbeit- gebertbum war. Damit Hand in Hand ging der unglaublich rohe und wüste Ton, der in den Versammlungen und den Zcitungsorganen der streikenden Gehilfen gegen die Plineipale angeschlagen wurde. Jeder anständige Mann mußte sich durch solches rohes Gebühren zurückgcstoßcn fühlen. Wie stcbt nun die Sacke jetzt nach Beendigung deS Streiks? Wir sind fest davon überzeugt, daß die Buch- drucker-Principale bez. deren Vertretung nickt einen Schritt von dem Wege der Solidarität, Besonnenheit, Rübe und Humanität abweichcn werde»,den siewährcndterganzenStrcik- bewcgung eingcschlagen haben. Von dem Augenblick an, wo die Gehilfen erklären, auf Grund der alten Arbeitsbedingungen wieder in ihre Stellung zurückzukchren, wird nian ihnen nicht rachsüchtig die Tbüre verschließen, sondern man wird das Verlangen nach Arbeit befriedigen, so weit eS eben möglich ist. Viele der ausständig gewesenen Gehilfen werden wissen, daß durch Zuzug von au-wärt- inzwischen gar manche Stelle besetzt wurde und es werden die betreffenden Principalc cs geradezu als ihre Ehrenpflicht anselien, die jenigen, die ihnen in tchwcrer Zeit zur Leite gestanden, jetzt nickt zu Gunsten der am Streik Betheiligte» brodloS z» machen. Linie Zweifel werde» daher Manche der letzteren keine Beschäftigung augenblicklich finden, dafür können sie aber nur allein verantwortlich gemacht werden. Wer eine Stellung, die ihm Lohn und Brod gewährt, freiwillig verläßt, der muß auch zllschcii.wie er sich forthilst. Wir wollen und können nur wünschen, daß die Zahl der Buchdrucker, die in der nächsten Zeit czisteiizloS umher irrt, keine allzu große sein möge; jedoch die Schuld an diesen zerrütteten Existenzen tragen ausschließ lich Diejenigen, die zum Streik gehetzt und daran sich bc- Iheiligt habe». Etwa« Tröstliche« wird der verunglückte Buch- dinckerailSstand wohl auch haben: Hoffentlich sind die Arbciter- kreise auf lange Zeit gründlich vom Streiksicber curirl und wird ihnen sobald nick» wieder die Lust zu einer „Kraftprobe" gegen die Arbeitgeber beikeinmcn. Leipzig, 15. Januar. * Dem Vernehmen nach hat der BundcSratb den Gesetzentwurf, betreffend die Bekämpfung der Trunk sucht, im Wesentlichen in der von de» Ausschüssen vorge schlagencn Fassung angenommen. Es solle» nur zwei mehr rckaellvnellc Abänderungen, die eine betreffend den Ausschank von Branntwein in Räumen, welche noch anderweitigen Zwecken dienen, die andere betreffs der Strafbestimmungen über das Hausircn mit Branntwein aiigenoinmcii sein * Der Kammerkerr Di. von Bchr-Schmoldow, Mit glied dcö Herrenhauses, Vorsitzender deS Dcutschc» Fisckicrci- VcrcinS, ist am 1.7. d. M auf seinem Gute Sck'inoldow in Pommern im Alter von siebenzig Jahren sanft entschlafen. Der Heimgegangene stand zahlreichen gemeinnützigen Unter nehmungen nabe. Sei» gsnzeS Herz aber und seine unermüd liche Thatigkcit galt dem Deutsche» Fischcrei-Verci», der fick, und zwar mit erfreulichen Erfolgen die Ausgabe gestellt bat, dem Fisch in dein winhschaftlichcn Leben Deutschlands eine größere Bedeutung zu verschaffen, als er in früheren Jabrc» besaß. In Vcrbiiikuiig mit Männern ähnlichen Streben« ge lang cS dem Verstorbenen, in fast alle» Ländern der Erde — weit über Europa hinaus — Verbindungen anzlilniipfcn, die, auf einem Austausch der jedem Lande besonder« cigcnthiimliche» Fischarten beruhend, doch Deutschland besonder« zum Vor- lhcilc gereichten. Er bevölkerte die Lculschcn Gewässer mit Fischen, deren Eier iniUieiieinveisc ausgrsctzt wurden: er gründete und nntcrstiitztc Fischbrutanstallen; er gewann großen Einfluß aus die Einrichllingen der Berliner Markthallen und ihre Versorgung mit Fischen: cs sei daran erinnert, daß die Central-Marklhallc durch eine unter seinem Vorsitz stalt- gchabte Festsitzung de« deutschen FischcrcivereinS eröffnet wurde. Im Jabrc >880 rief er die erste internationale Ausstellung von Bedeutung i»S Leben, die Berlin gehabt, die Fischerei-Ausstellung, deren erster Director er war. Durch Wort und Sckrift belehrte er da« Volk über den Rälir- werth der Fische. Er gab den Anstoß zur Gründung der Fischcrei-Gesellswaften an den Seelüfte», welche jetzt Berlin mit billigen Fischen versorgen. Er war »nermüdlich in dem Betreibe» der Konvention zwischen den Rbein- Userstaaten, welche verhindert, daß der in den Rhein gescylc Lachs uns von den Holländern weggcsangen wird. Kurzum ans diesem wenn auch begrenzten Gebiete war er die treibende Kraft und hatte die Gcnugthuung, auch viel von seinen Hoff nungen »och verwirklicht zu sehe». Die Universität Greifs wald ernannte ihn wegen dieser Verdienste rum Ebrendvclvr. Persönlich war er vom liebenswürdigsten Wese», stets hilfs bereit, entgegenkommend, fördernd. Mit der Bcgcistcrniig und dem Feuer der Jugend trat der Sicbcnzigjäbrige für seine Ideen ein und suchte ihnen neue Anhänger zu gewinnen. — Der Heimgegangene war am 7. Oetodcr 1821 zu Pinnow bei Anklain geboren. Er gehörte politisch der sreiconscrvativen Partei an, war aber niemals ein sogenannter Parteigänger. JnS Herrenhaus wurde er am 4. Mai 1877 auf Lebenszeit hcrufc» Sein Trd wird weit über die Grenz«» Deutsch land« hinaus Tbcilnahmc erwecken. * Die wegen der Auszeichnung der Polen sich immer mehr und mehr hcilnrnhigcndcn Gcmüther sucht die »Post" zu beruhigen, indem sie besonder« auf die Erwiderung des Kaisers auf daö eidliche Gelvbniß de« neuen Erzbischofs Hin weis!. In dieser Erwiderung wird im Aistchluß an daS Ge löbnis; der Unterlhancntreuc seitens des Erzbischofs mit Nach druck die Uiitcithancnpflicht gegenüber dem Lande-herrn und die Bürgerpflicht gegenüber dem preußischen Staate betont. Wen» dann die Versöhnung der Gegensätze und dir Förderung der Eintracht untcr drn Bewohnern deS Landes als eine der wichtigsten Ausgaben deS neuen Lbcrkirtcn bcrrichnrt ist, so wird zugleich mit nicht »linderem Nachdrucke darauf hingewicjcn, daß die Grundlage einträchtigen ZiisamineiistchtnS die Ehrfurcht und Treue gegen drn LandcSderr», der Gehorsam gegen die Lbrigkeit und die Achtung vor den Gesetzen des Reiche- und Preußen- sei. Dann schreibt sic weiter: »Wie manche Zwciftt darüber be stehen und bestehen können, ob die neuesten Maßnahmen be züglich der Bcbandlung der zweisprachigen LandrStheile den von der Regierung gewünschten Erkolg haben werden, so wird man a»S der erwäbiilen Kundgebung dock die Uebcrzeuzung schöpfen müssen, daß alle» polonisirenden Bestrebungen na mentlich soweit sic aus politische Selbstständigkeit in groß polnischem Sinne abziclcn, mit dem gleichen Nachdruck wie bisbcr entgegengetreten wirk, unk daß in dieser Hinsicht über triebene Bewlgniste nicht am Platze sind. Die birr in Frage stehenden Einzetiiiaßiiahnicil werden ohne Frage in der bevor stehenden Landlag-session Gegenstand eingehender Erörterung bilden." * Die Art und Weise, wie sveben wieder der preußische Volksschulgesetzciirwiirs >» die Oessentlichkeit ge brackt würbe, gicbt der »N'ationalliberalcii Eorrespondcuz" zu gerechte» Bedenke» und Beschwerde» Anlaß In »involl- stäiirigc» Auszügen, die im Einzelnen aus ihre Richtigkeit nicht zu coiiirolircn waren, ei» klares Bilk von dem Wesen de« neuen Gesetzentwurfs in vieler Hinsicht nicht gcslalleten, haben einzelne von der Regierung bevorzugte Blätter abge risscne Stücke veröffentlichen dürfen Mit welchem Recht und aus Grund welcher Verdienste sie diese Bevorzugung genieße», ist zweifelhaft. Es gebt ><tzt bei allen wichtige» Vorlagen so, bei den Handelsverträge», bei den großen Gesetzentwürfen a»S der vorigen LandtagSscsswn Die Form der Bericht erstattung. in welcher die Regierung ihre Vorlagen vor die Oeffcutlichkcil dringt, wird »nmcr luangelhastcr und un würdiger Man sehnt sich ordentlich nach den Zeiten zurück, da der »RcickSanzciger" und die „Provinzial-Eorrespondrnz" noch die ersten zuverlässige» Mittbeilnngen über otsicicUe Aelenstückc und über die Absichten der Regierung brachten, während man solche Aufklärungen jetzi ans allerlei zweifel haften Eanälcn zusanimcnlescn muß. * Tie zur Durchführung deS neuen p r c n ß i s ch c n B o l k s s ck, n l g c f e tz c S nvlbwciidige» Mittel solle», wie im Entwürfe zum letzteren bestimmt wird, aus den Er trägen der neuen Ei>itonime»stc»er genommen werde», und zwar sind dieselbe» aus !« Millionen berechnet. Um diese o Millionen würde also der Betrag der ausgekomnicncn Ein- ioinmensteucr, welcher im Jahre >802 !»7 die Summe von 8<> Millionen übersteigt nnd zur Ucbcrwcisung von Grund- und Gcbäudcstcuer an die Eominuiie verwendet dezw. zu- Feuilleton. Vas geflügelte Rad. 11s Roman von Hermann Heinrich. N-»tr>iL verdclni. «Fortsetzung» „Kühner Segler in den Lüsten, ich grüße Sie!" rief Herr Zankel, indem er Gustav einen Handkuß zuwarf. Dann style er sich an'S Harmonium und griff in die Tasten. Während die feierlichen Orgcltöne erschollen, hätte man glauben können, in einer Kapelle zu sein. Schnell aber wechselte der Wirth die Instrumente, und ans den Saiten de« ElavierS ertönte eine heilere Haydn'sche Sonate. Obne inzwischen zu vergessen, zuni Trinken einzuladcn und selbst berzhast Bcfchciv zu Iliu», spielte er am der Violine eine Tpernmelodic, um sodann der Flöte mit gespitztem Munde und geübten Fingern ein Alpcnlied zu entlocken. Dann ergriff er sein Glas und sang: „Wer nickt liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang!" und die anderen stimmten fröhlich mit ein. »Und nun werde ick einen EantuS steigen lassen", sagte Herr Luchs. Er stellte sich ans Elavicr und ließ sich von dem Wirth begleiten. „Tie Geschichte vom kleinen Mann". „Es war einmal rin kleiner Mann, Ballderic juchhe!" u. s. w. Das »Ballderic juchhe!" wurde von Allen mitgelungen, und lauter Bestall belohnte zum Schluß den Sänger, der sich mit komischer Grazie verneigte und nach allen Seilen Kußhände anslllcille. Ein wonnige« Gefühl durckstromle Gustav. Ter Genuß des Weines und der starken Eigarren berauschte ihn. Die angeiicbm berührte ihn die vornehme Einrichtung de« behag lichen Raumes! Er lcbiile sich an die hohe Lebne seines Stuhles, streckte die Beine unlcr den Tisch und blicö kunst gerecht blaue Ringe in die Luft. Und dann diese Gesellschaft! Hier dämmerte eine Abnnng in ihm aus, welche Genüsse, Reichthum und Lebenslust den Menschen bereite» konnten. Er hatte eS in der Hand, er tonnte ein reicher Mann werden und sich eine feste Stellung in dieser Gesellschaft erringen. Ja. eS gab noch etwa» andere- in der Welt, als in einem finsteren Kellerloch zu brüten und sich von der keifenden Stimme eines verständnißkosen und heftigen Weibe- au«- zaiikkii zu kaffen. Herr Zankel begann eine Rede, welche er reichlich mit lateinischen und griechischen Eitaten schmückte. Noch ver wunderlicher aber als diese Gelehrsamkeit düakte Gustav die Gewandtheit, mit welcher der Redner die vcrschlungenstcn Perioden bildete. Die Worte sprühten förmlich au« seinem Munde. WaS er sagte, war rin bunte« Vielerlei, da- mit einem Hoch auf die Geselligkeit schloß. Herr Zimmermann, dessen kleine, listige Augen und lange, ehrwürdig graue Haare einen auffallenden Gegensatz bil dete». war bi« jetzt am wenigste» hervorgetreten Er hatte sich in einer stillen Beschaulichkeit gefallen, nur dann und Wan» ein Wort in die Unterhaltung geworfen, aber dem Weine fleißig zugesprochcn. Jetzt wandte sich der Bildhauer mit folgenden Worten an ibn: „Ehrwürdiger Herr und Freund! ES möge Ihnen gefallen, zu diesem edlen Naß einen Trunk aus dem tiefen Born Ihrer poetischen Empfindung zu credcuzen! Ei» Naturdichter wie Sie kan» linmöglich einen Theil der lieblichen GotteScrDc durchwandern, ohne sich zu einigen schönen Versen begeistern r» lasten Die Sprecwaldpartie wird doch etwa« abgeworsen haben für Geist und Gemütb!" „Gewiß. Sie müssen unö Ihr NeurstcS vortragen", rief Herr Seidel, und: „Er gehorcht der gebietenden Stunde", fügte Herr Zankel hinzu Herr Zimmerman» ließ sich nicht lange bitten, ja er schien ans eine solche Anregung nur gewartet zu haben. Den Kops zurückgcworsen, die kleinen Auge» znsaminengedrückt, begann er cm Gedickt, den „Sprccwaldgruß". ÄlS er geendet, neigte er den Kopf und sah die Gesell schaft mit zufriedenem Lackeln an. „TaS war schön!" flüsterte Gustav mit glänzenden Augen. Der Bildhauer und Herr Seidel nickten sich bedeutungs voll zu. als wollten sie sagen: „Wir wußten eS ja". Herr Zandcl aber rief »nt Begeisterung: »Sänger, mein Sendling, empsange den Kranzschniuck, womit ich Dir lohnend kröne das Haupt!" Damit überreichte er ihm eine Postkarte, bittend, ibm das Gedicht morgen zuzuscnden; er wolle c« in sein Allerbeiligsles auftiehmen. Sehen Sie, dies ist mci» AUcrhcitigstcs". sagte er zu Gustav, ihm ein großes, starke- Buch vorlcgend. »Hierin vereinige ich alle Gedickte der Ver gangenheit und Gegenwart, welche die Saiten meines Herzen« am mächligsten erklingen kaffen." Gustav aber ergriff sein Glas und trank Herrn Zimmcrmann zu. »Ein SchmolliS dcni Sänger!" ries Herr Seidel, und alle stießen an. Eine Menge leerer Flaschen stand bereits aus dem Tisch, und immer noch schien die Gesellschaft an den Abschied nicht zu tenlcii. Endlich erbob fick Herr LuckS, bezahlte wankend l^nd reichte dem Wirth k,c Hand. »Wir trinken noch eine Schwarze >m Easv Boulevard", sagtp er rn de» andern. Sie stiegen hinaus und gingen, von Herrn Zandel be leihet, über die Brücke TaS Easst Boulevard war aber ereil- geschloffen, und da Herr Luchs iu srmem unsicheren Zustande unmöglich noch nach der Stadt gehen konnte, so war man gcnöthigt, drn Weg nach Hause zu suchen Die Herren drückten sich zuin Abschiede die Hand. »Sie bringen mich nach Hause", sagte Herr Luchs zu Gustav. Dieser war gern dazu bereit und ließ sich die Dobnung de« Bildhauers bezeichne». Es war ei» Haus in der Tbiergarten- straße. Er nahm ihn unter den Arm und zog ibn mit sich fort. Herr Lncks war äußerst anfgcräuml, versicherte Gustav wiederholt seiner Freundschaft und hetbeuerte, er müsse seinen Kopf haben Vormittags von 9—l llhr sei er immer in seinem Atelier. Der Pförtner wisse Bescheid. Er brauche nur nach dem Professor Ferdinand Luch« zu fragen. »Professor?" fragte Gustav überrascht. „Ja, für die Welt der Langeweile bin ich Prosessor, für die kurzweilige Welt aber Ferdinand Luchs. Und jetzt bin ich zu Hause " Sie standen vor einem jener prächtigen Gebäude, welche mit ihrer gediegenen Architektur an die ersten Meister der Baukunst erinnern. Gustav öffnete die Thür; der Professor drückte ibm herzlich die Hand und sagte: »Ans Wiedersehen, lieber Herr Rollmann!" Er ging wankenden Schrittes hinein, schlug die HauSthür zu, verschloß sic, und erst als seine unsicheren Tritte verhallt waren, betrat Gustav den Heimweg. E« war Helle Morgendämmerung, als er die Treppe zu seiner Wohnung Hinabstieg. Er trat ein und blieb betroffen vor dem Bilde stehen, das sich ihm bot Trudchen saß noch angcNcidet am Tisch. Ihr Kopf war rückwärts über die Stuhllehne gebeugt und das Gefickt von den Spuren reichlicher Tbräncn bedeckt Aus dem Schooßc ruhte eine Näharbeit. Lhnc Zweifel batte sie durch fleißige Nachtarbeit de» Schade» eiiibringen wolle», den Gustav ihrem Besitze durch den Besuch der Stettiner zusügtc, war aber dabei cingeschlascn. Die »vch brennende Lampe ver breitete einen malten Sckcin, der mit der herciiidringcnvcn Morgendämmerung um die Herrschaft rang. Bei der Lage deS Kopses batte trudchen de» Mund geöffnet und ein herz hafte« Schnarche» stieg aus der Kehle empor Nur einen Augenblick dauerte Gustavs Betroffenheit, dann hatte der Unwille in ihm die Oberhand „DaS thut sie nun wieder au« Wutb gegen dick. Wachend nnd schlafend ist sie mir ein Vorwurf. Wie sie schnarcht! Sie schimpft selbst im Traume. E>» Weib von Haut nnd Knocken, aber der Böse steckt in diesem Leibe Nun, >nS Butterfaß krieche ick nicht, so wahr ick Rollmann heiße! Wie hieß es doch bei den Stettiner Sängern? Und schreit sic dir die Ohren voll, so mach dir nichts daran«! Da will ick mir merken!" Er schüttelte Trndcken heftig. Er schrocken fuhr sie auf und ries: ..Ach Gott!" „Geh zu Bett!", besaht Gustav barsch. Trudchen schauderte zusammen, löschte die Lampe au« und legte sich ins Bett. Gustav nahm Kärtchen aus dem Bett der Mutter und legte ibn in daS scinige, als wollte er den Knaben vor dem böse» Einfluß schützen. Dann verfiel er in einen liefen Schlaf. Secks Wochen waren vergangen, da herrschte eines Tages im Patcntburea» des Herrn Libancr in der Leipziger Straße große Aufregung. Der Elles llatte die Ingenieure seines Geschäft« nni sich versammelt und llielt ihnen in aufgeregter Geinülheversaffung einen Vortrag. »Ich komme eben vom Patentamt, meine Herren. Da ist das Modell einer Seitenluppelung ausgestellt, da« mich in Erstaunen gesetzt hat. Bildschön, meine Herren! Ich gestehe offen, das; ick a» eine solche Vollkommenheit der Er findung nick» geglaubt bade. Denken Sie sich, die Erfindung besteht einfach aus einer Kapsel, einen« Kolbe» und cincr Feder. Diese -Kapsel ist ans der bisherigen Patentiuppcl angebracht, und zwar so, daß sich die Lese steif cinporhebeii und ciiihängeii lägt. Das Eiiiporkebcn und Einbängen wird durch eine Welle besorgt, die durch eine Kurbel von der Seite bewegt wird. Die Biegungen dieser Welle, die ibr die Hebelkraft gebe», sind wnndervoll und verratbrn einen staunciicrregcndcn Scharfsinn Die Erfindung ist gemacht, meine Herren, das »nierlicgt keinem Zweifel mehr!" Die Aufregung des Ebcss Geilte sich bei dieser Mit- theiliing den Jngenicnrcn mit. »Wer ist der Erfinder?" fragte cincr der Herren. „Ick weis; cS nickt. Ich war von der Erfindung wie geblendet und eilte nach Hause, uni Sic zu benachrichtigen. Die Erfindung verrät!, eine» technisch geschulten «Keift Wir wcrkcn den Erfinder i» de» höheren Vcrwaltiingskrcise» zu suchen bade» Da« wird ein Geschäft! Ein grandioses Geschäft! Wir baden keine Zeit zu verliere», meine Herren! Eilen Sie bin »nd studiren Sic das Ding genau' Lassen Sic sich die Patentschrift vorlegcn! Vielleicht fällt Ihnen eine Aciivrrulig, eine Verbesserung cm, die cS u»S ermöglicht, ein Zusatzpatcnl zu beantragen!" Die Ingenieure eilten hinweg. Herr Libaucr blieb in gioßer Aufregung zurück, er konnte die Wiederkehr feiner Abgesandte» kaum erwarten Endlich traten sie ein, aber stbon die ernsten, niederge schlagenen Gesichter verrielbc», da» idre Bemühungen im Interesse de« Geschäft« erfolglos geblieben waren. „Nun, »ikinc Herren, was sagen Sic?" „In der Tbat eine vorzügliche Arbeit", so lautete da- einstimmigc Urtbril der Herren „Nur schade, daß für Andere dabei nichts zu tb»» übrig bleibt" „Wie meinen Sic das?" „Die Einfackbcii der Ersinkung schließt jede Veränderung aus» Die Patentschrift ist äußerst schlau abgrsaßl. «Selbst
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